Es ist vermutlich nicht ganz falsch, wenn man die Donauwelleneiter zu den Senkrechtstartern der heimischen Weltmusikszene in den vergangenen Jahren zählt. Nach dem vielbeachteten 2012er Debüt „Annäherung“ machen sich Thomas Castañeda, Maria Craffonara und Nikola Zaric nun daran, mit ihrem zweiten Album „Messëi“ einen weiteren erfolgreichen Schritt zu setzen. Was, lauscht man den neuen Liedern, durchaus auch gelingen dürfte. Maria Craffonara und Thomas Castañeda im Interview mit Michael Ternai.
Hört man sich durch eure neuen Stücke, merkt man sofort, dass ihr in Sachen Sound dann doch eine Erweiterung vorgenommen hat. So etwa ist jetzt im Vergleich zu eurem Debüt jetzt auch ein Schlagzeug zu hören. Wie ist es dazu gekommen?
Thomas Castañeda: Ich habe den Jörg über ein anderes Projekt kennengelernt und war von seinem Spiel vom ersten Moment an angetan. Ich dachte mir, er könnte zu uns passen. Daher habe ich ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte, einmal mit uns aufzutreten, was er dann im Rahmen des Akkordeon Festivals im vergangenen Jahr getan hat. Es folgten ein paar Auftritte, bei denen er wieder mit dabei war. 2013 haben wir uns spontan dazu entschlossen, unsere zweite CD aufzunehmen. Geplant wäre das für dieses Jahr gewesen, deswegen ist alles auch recht schnell gegangen. Da haben wir die neuen Stücke mit Schlagzeug konzipiert und entwickelt.
Stand irgendein großer Plan hinter dieser Entscheidung?
Maria Craffonara: Nein, ein großer Plan stand nicht dahinter. Vielmehr war es so, dass die neuen Stück von ihrer Anlage her per se ein wenig rhythmusbetonter waren, was uns eben dazu veranlasst hat, es dieses Mal mit einem Schlagzeug zu probieren. Natürlich hat es viel mit Jörg zu tun gehabt. Wir halten von ihm sehr viel. In unseren Augen ist er ein Ausnahmeschlagzeuger, mit dem zusammen zu arbeiten, eine echte Freude darstellt. Wir wollen die sich nun bietende gemeinsame Zeit vor allem auch dazu nutzen, in Sachen Sound noch mehr ins Detail zu gehen und sein Instrument, wenn möglich, mehr auch als Sounderzeuger und Klangkörper zu nutzen. Und ich glaube auch, dass in diesem Bereich für uns noch sehr viel Spielraum ist.
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Auf eurer ersten CD waren eure Stücke noch sehr lyrischer Natur und über weite Bögen gespannt, wohingegen die Neuen deutlich strukturierter erklingen. Inwiefern kann man hier von einer natürlichen Entwicklung eures Stils, eurer musikalischen Sprache sprechen?
Maria Craffonara: Wir setzen uns selber wenig Vorgaben. Das war schon beim ersten Album so, und so ist es auch beim zweiten. Ich sehe unsere Entwicklung als eine Art steten Prozess und in diesem befinden wir uns nun an dem Punkt, an dem wir die Erweiterung unseres Sounds um ein Schlagzeug sehr spannend finden. Ob das jetzt auch die nächsten fünf Jahre so sein wird, das wissen wir nicht.
Thomas Castañeda: Ich glaube, dass wir uns dieses Mal mehr mit den Stücken beschäftigt haben. Es stecken mehr Detailarbeit und kompositorische Leistung dahinter, was jetzt auch den großen Unterschied zum Debüt darstellt. „Messëi“ ist, würde ich sagen, eine bewusstere CD geworden.
Maria Craffonara: So sehe ich das auch.
Thomas Castañeda: Das erste Album war ja auch nicht ganz unbeabsichtigt mit „Annäherung“ betitelt. Wir wollten zunächst austesten, wo wir drei uns treffen und wo unser gemeinsamer menschlicher Mittelpunkt liegt. Bei den Arbeiten zu unserer neuen CD war uns dies bereits klar. Aus diesem Grund wollten wir einen bewussten Gegenpol setzen und haben uns daher für eine Zusammenarbeit mit Alexander Nefzger entschieden. Es war uns ein großes Anliegen, jemanden mit ins Boot zu holen, der nicht unbedingt aus unserer Ecke kommt. Diese Neuerung war für mich auch das absolut Interessante an dieser CD
Ihr seid ja vor zwei Jahren quasi wie aus dem nichts auf der Bildfläche erschienen und habt euren Bekanntheitsgrad binnen kürzester Zeit über die Grenzen erweitern können. Wie glaubt ihr, ist euch das gelungen, und inwieweit habt ihr bewusst darauf hingearbeitet?
Thomas Castañeda: Ich glaube, dass wir grundsätzlich ein gutes Klima erschaffen haben, um künstlerische Inhalte zu erstellen. Das ist uns gelungen, man kann mit diesem Anspruch genauso scheitern. Wenn man dieses Klima einmal geschaffen hat, heißt das zwar noch lange nicht, dass man erfolgreich durchstarten muss, aber man hat zumindest einmal den Wind in den Segeln. Es kann auch sein, dass sich mit der Zeit die Inhalte und Formen immer wieder ändern, deswegen klingt unser neues Album auch anders als unser das erste. Und wenn wir noch ein Album machen werden, wovon ich ausgehe, wird dieses wiederum anders sein. Ich glaube, dieser stete Wille zur Veränderung den wir verspüren, ist eine Qualität.
Maria Craffonara: Bei mir war es so, dass ich, vor allem in Bezug auf unsere erste CD, schon einen ziemlichen Bammel gehabt habe, weil ich davor bandtechnisch eher noch nicht so viel Erfahrung sammeln konnte. Die Erfahrungen, die ich gemacht habe, waren eher solche im Unterhaltungsbereich, in dem man stark auf das Publikum eingeht. Und wir sind mit unserer Donauwellenreiter-Vorgängerband Brasentina anfangs auch in diese Richtung gegangen, bis wir uns mit der Zeit immer mehr zu einer rein konzertanten Band entwickelt haben.
Das Erfreuliche ist für mich rückblickend, dass wir mit unserer Konsequenz gut gefahren sind und dass genau dieser Weg letztlich den Ausschlag dafür gegeben hat, dass der Name Donauwellenreiter sich so schnell herumgesprochen und unsere erste CD so einen Anklang gefunden hat.
Es kommt ja nicht selten vor, dass eine Band nach ihrem ersten Erfolg, mit der Hoffnung einen noch größeren zu landen, beginnt unterhaltungstauglichere und konventionellere Sachen zu schreiben. Inwieweit stellt es eine Herausforderung dar, sich solchen Erwartungshaltungen zu verschließen?
Thomas Castañeda: Ich würde nicht sagen, dass wir jetzt nicht unterhaltend sind, vielleicht sind wir es auf eine andere Art und Weise. Ich finde, ein Film von Michael Haneke ist eine Form der Unterhaltung bzw. muss unterhaltend sein, sonst würde es sich ja kein Mensch anschauen. Nur handelt es sich in diesem Fall nicht um eine Form von Unterhaltung, bei der du gleich niedergeblasen wirst. Vielleicht verhält es sich bei uns nicht ganz unähnlich. Aber den Anspruch, es allen recht zu machen, hatten wir sowieso noch nie.
Euer Sound ist ja ein sehr universeller und auch überall verstandener. Erklärt das vielleicht auch, warum ihr auch außerhalb Österreichs eure Fans gefunden habt?
Maria Craffonara: Das ist das einzige womit wir uns programmatisch ein wenig beschäftig haben, weil uns dieser Aspekt immer sehr wichtig war. Natürlich könnten wir viel mehr auf Folklore setzen. Früher habe ich das Alpine besonders ausgespielt, Niko seine Balkanvirtuosität, Thomas hat sehr viel Latin reingebracht und, und, und… es war letztlich eine bewusste Entscheidung einen anderen, wenn man so will allgemeineren Sound zu finden. Ich glaube auch, dass genau dieser Umstand unser deutsches Label Intuition dazu bewogen hat, mit uns zusammenzuarbeiten. Sie haben das Gefühl, unsere Musik kann überall verstanden werden.
Wenn ihr jetzt einen Blick auf eure Anfangstage werft, was hat sich bei euch vielleicht am meisten geändert. Was ist anders geworden?
Maria Craffonara: Was wir merken ist, dass dieses ständige Pushen und dieser unbedingte Druck, ständig auf sich aufmerksam machen zu müssen, weniger geworden sind. Jetzt kommt erfreulicherweise viel mehr an Interesse von außen auf uns zu. Und das empfinde ich als sehr angenehm. Natürlich müssen wir auch jetzt noch dran, nur eben läuft jetzt alles etwas entspannter ab.
Thomas Castañeda: Hat auch damit zu tun, dass wir mittlerweile mit absoluten Profis zusammenarbeiten dürfen. Unsere Agentin, die Sabina (Schebrak) ist superklasse, wir haben jetzt eine gute und renommierte deutsche Plattenfirma im Rücken und auch bei der CD Produktion sind uns wirklich fantastische Leute zur Seite gestanden. Das alles erleichtert natürlich viel. In so einer Position ist man am Anfang natürlich nicht. Da hängst du allein zu Hause stunden- und tagelang vor dem Computer und versuchst dir eine Homepage zusammenzubasteln und unbezahlte Konzerte zu checken. Aber da muss, glaube ich, eh jeder durch.
Vielen Dank fürs Interview.
Donauwellenreiter live:
22.02. Eröffnungsgala 15. int. Akkordeonfestival, TU Wien (A)
01.03. Raab, Jazzklub (A)
27.03. Ziegelstadl, Hallein (A)
03.04. Zehntstadel, Leipheim (D)
04.04. Bürgerhäuser, Dreieich (D)
05.04. Alte Synagoge, Freudenthal (D)
06.04. Thalhaus, Wiesbaden (D)
07.04. Carambolage, Bozen (I)
08.04. UFO, Brundeck (I)
09.04. Gemeindesaal, Grins (A)
15.05. Forum Musik, Kaltern (I)
17.05. Schloß Traun, Traun (A)
20.06. Stiftskeller, Salzburg (A)
Fotos Donauwellenreiter: Josef Neuper
http://www.donauwellenreiter.com/START.html