mica-Interview mit Emil Kristof

Vor kurzem ist Jani Oswalds Gedichtband “Frakturen” zusammen mit der, ihm beiliegenden, CD “Buhstabenszupe” im Verlag Drava Zalozba erschienen. Im mica-Interview spricht Emil Kristof, als maßgeblich Beteiligter, sowohl am Buch-Konzept, als auch an der Musik, über das nun vorliegende Werk.  

Kannst du ein wenig über das Buch und das zugrunde liegende Konzept erzählen?

Das Buch “Frakturen” von Jani Oswald und die zugehörige CD “Buhstabenzupe” kann eine lange Hintergrundgeschichte vorweisen. Das Universitätskulturzentrum Klagenfurt hat heuer unter dem Titel “Stoffwechsel” bzw. seinem slowenischen Äquivalent “Presnova Ricambio” einen Veranstaltungszyklus ins Leben gerufen, der über das ganze Jahr gelaufen ist. Als quasi Start-Up dazu wurde die Idee, zweisprachige Buchstaben-Suppen-Nudeln zu entwickeln, in die Tat umgesetzt. Diese Idee basiert auf der Tatsache, dass in Kärnten das Thema “Zweisprachigkeit und Ortstafeln” nach wie vor aktuell ist.

Die Idee war also, traditionelle Alphabet-Suppen-Nudeln um die drei slowenischen diakritischen Zeichen – S, C und Z mit Hatschek (umgedrehtes Dach) – zu erweitern. Die Finkensteiner Nudelfabrik in der Nähe von Villach hat dann schließlich zugestimmt, bei der Umsetzung dieser Idee zu helfen und so hat es dann tatsächlich diese Nudeln zu kaufen gegeben. Mittlerweile sind aber schon alle ausverkauft.

Im Zuge der Promotion dieser Nudeln hat dann Jani Oswald, ein zweisprachiger Klagenfurter Autor, der aber nicht ausschließlich vom Schreiben lebt, auf unsere Bitte hinauf, spezielle literarische “Rezepte” für die Zubereitung dieser Buchstabensuppe geschrieben. Anfangs waren das ungefähr 15 solcher Rezepte in Gedichtform, die vor allem auf Assoziation und wortspielerischen Elementen basieren und mit diesen arbeiten – und das alles auch sprachenübergreifend in einer Mischung aus Deutsch, Slowenisch und Englisch. Dadurch entstehen sowohl eine gewisse Melodie als auch ein bestimmter Witz, die vor allem diejenigen Leute verstehen, die alle diese Sprachen beherrschen.

In weiterer Folge haben wir diese Gedichte mit dem Saxofonisten Klaus Dickbauer vertont, bzw. einen Abend gestaltet, an dem ausschließlich um diese Buchstabensuppe geht und die “Rezepte”, angereichert mit Musik, vorgestellt werden.

Diese literarisch-musikalischen Verkostungen, wie wir das genannt haben, wurden dann bei einer Live-Veranstaltung aufgenommen und eine CD mit dem Titel “Buhstabenzupe” produziert. Jani Oswald hat parallel dazu die ursprünglichen “Rezepte” um mehrere Texte, auch zu anderen Themen, erweitert und zu einem Lyrik-Band zusammengefügt. Daher auch der Name des Buches “Frakturen”, weil es darin eben nicht bloß um diese Rezepte geht, sondern die Themen breiter gestreut sind.

Das ist im Großen und Ganzen die Entstehungsgeschichte von Buch und CD, die jetzt gemeinsam veröffentlicht und natürlich vor allem in Kärnten beworben werden. Am 15. November gibt es dazu aber auch in Wien, im Kulturgasthaus Vorstadt, eine Buchpräsentation, natürlich im Rahmen eines Konzertes und der Verkostung der restlichen, noch verbliebenen Buchstaben-Suppen-Nudeln.

 

 

Welche Zielgruppe soll mit “Frakturen” angesprochen werden? Kann bzw. soll das Werk auch als eine Art politisches Statement gesehen werden?

In Kärnten war natürlich vor allem die politische, die landesspezifische, Situation von Interesse und das Konzept ist dort auch auf reges Publikumsinteresse gestoßen, vor allem, weil es sehr wenige Leute gibt, die sich diesem Thema mit einem gewissen ironischen Zugang nähern.

Alleine die Schreibweise, wie “Buchstabensuppe” geschrieben ist, spricht einfach bestimmte Leute an, die sich freuen, dass in Kärnten neben dem ganzen Tohuwabohu um die zweisprachigen Ortstafeln auch etwas Heiteres, Ironisches zu diesem Thema gemacht wird. In Kärnten bildet diese Personengruppe sicher das überwiegende Zielpublikum. Das Thema hat jedoch auch über die Kärntner Landesgrenzen hinaus Österreichweit bei vielen Menschen Aufmerksamkeit und Interesse erregt.

Die Nudeln, die wir bundesweit promotet haben, auch übers Internet, sind wirklich ziemlich gut weggegangen. Die Leute haben das als Geschenk gekauft oder als originelles Objekt, also eher als Kunstwerk denn als essbares Produkt.

Mit der Kombination von Buch und CD wollen wir Menschen erreichen, die sich einerseits für originelle Lyrik interessieren, die ein bestimmtes thematisches Umfeld beackert, andererseits aber auch Musik von Leuten wie Klaus Dickbauer, Karl Sayer, Woody Schabata oder eben mir selbst, interessieren. Die Musik selbst würde ich als zeitgenössischen Jazz bezeichnen und die CD auf der die Stücke enthalten sind, ist deswegen recht kurzweilig, weil immer Texte und Musik abwechselnd zu hören sind. Die Texte werden sozusagen durch die Musik unterstützt und verstärkt bzw. dadurch konterkariert.

Ich glaube und hoffe also, dass Leute, die mit Lyrik und Musik etwas anfangen können, ihre Freude mit “Frakturen” haben werden.

 

 

Haben sich die Musiker, die auf der CD zu hören sind, lediglich für dieses spezielle Projekt zusammen getan, oder spielt ihr auch abseits der Buchstabensuppe zusammen?

Mit dem Klaus Dickbauer verbindet mich jetzt schon eine jahrzehntelange musikalische Zusammenarbeit und Freundschaft. Wir haben bereits in sehr vielen Bandprojekten zusammen gearbeitet, unter anderem, vor drei Jahren für das Projekt “Nature Way” mit Herbert Joos, Georg Breinschmid und noch, neben mir selbst, einem zweiten Schlagzeuger, dem Mario Gonzi. Mit Klaus arbeite ich also schon relativ lange zusammen und versuche natürlich, ihn bei den entsprechenden Gelegenheiten immer wieder einzuladen und einzubinden.

Den Woody Schabata kenne ich jetzt auch schon ziemlich lange, in dieser Konstellation haben wir jedoch noch nicht miteinander gespielt. Karl Sayer ist, von Klagenfurt aus betrachtet, unser Bassist in Wien, mit dem wir jetzt auch schon wieder seit ungefähr 20 Jahren zusammen arbeiten.

Am 15. November werden jetzt also Buch und CD, mit Lesungen und dazwischen Musik, präsentiert. Ist das jetzt ein einmaliges Ereignis, oder wird es in Folge dieser Präsentation auch eine Art “Tour” geben?

Es war so, dass, wie eingangs schon erwähnt, wir diese literarische Verkostung in Kärnten bereits fünf Mal gemacht haben, das allerdings, wo lediglich die Nudeln angeboten wurden, Buch und CD aber noch nicht erhältlich waren. Letztere ist dann aus diesen Auftritten entstanden. Die Präsentation – ein ungefähr einstündiges Programm, aus Literatur, Musik und Suppenverkostung – kann sozusagen auch als Schlusspunkt des gesamten Projekts gesehen werden.

Das Programm würde sich ja eigentlich auch sehr gut anbieten, länderübergreifend präsentiert zu werden. Gibt es Pläne, damit auch nach Slowenien zu gehen?

Tatsächlich ist es so, dass wir bereits Anfragen aus Slowenien hatten, uns aber davor etwas gescheut haben, weil die Texte doch zu ungefähr 80 Prozent deutschsprachig sind und man diese Sprache doch relativ gut beherrschen muss, um den Witz hinter den ganzen lautmalerischen und Wort-assoziativen Gedichten zu verstehen.

Deshalb haben wir bisher davon abgesehen, das außerhalb Österreichs zu machen und ich glaube, dabei werden wir auch in Zukunft bleiben. Wir denken höchstens noch daran, dass wir im kommenden Jahr in Kärnten, eben im zweisprachigen Gebiet, noch ein oder zwei Präsentationen machen werden.

 

 

Sind zu diesem Konzept, Literatur gepaart mit Musik, irgendwelche Nachfolgeprojekte geplant?

Seitens des Universitätskulturzentrums ist dieses Projekt jedenfalls jetzt, mit der Veröffentlichung von Buch und CD, abgeschlossen. Wir planen jedes Jahr einen Themenschwerpunkt mit fünf bis sechs Projekten, worunter sich meistens auch ein Musikprojekt und oft auch etwas Literarisches befindet. Für das Jahr 2008/2009 haben wir bei der Europäischen Kommission bereits wieder ein länderübergreifendes Projekt mit dem Titel “Offene Orte” eingereicht.

Dabei wird es um kulturelle und künstlerische Zusammenarbeit zwischen Institutionen in Slowenien, Italien und Kärnten gehen. Dazu ist auch ein literarisches Projekt geplant, wo der eine oder andere Künstler und Musiker, der hier auch dabei war, bereits angefragt hat und auch mit machen wird.

Kann man generell sagen, dass es dir wichtig ist, bei deiner Musik, bei diesen Projekten, auch eine gewisse politische Komponente zu integrieren?

Musik an sich, also die Töne an sich, ist ja nicht politisch. Das wird lediglich immer von den Rezipienten oder den Kritikern in einen bestimmten Kontext gestellt. Wenn sich das dann im Laufe der Zeit ein einem bestimmten Kontext etabliert und festsetzt, verbindet man mit einer bestimmten Art von Musik verschiedene Aussagen. Mit Marschmusik, mit Pauken und Trompeten, beispielsweise eben eher Militärisches denn etwas Friedvolles.

Was mich aber schon interessiert, sind die Schnittstellen zwischen Musik und der verbalen Sprache. Hier irgendwie eine Verbindung zu schaffen, die über das normale Lied hinausgeht, finde ich irgendwie reizvoll und versuche, das auch mit diversen Konstellationen immer wieder auszuloten.

Das Interview führte Michael Masen.

Foto Jani Oswald: Matjaz Vipotnik/Wieser Verlag

 

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