Nach zwei Jahren des kreativen Schaffens veröffentlicht der Grazer Musiker Thomas Petritsch alias „Effi“ sein neues Album „Closer“. Im Gespräch mit Anne-Marie Darok spricht der Multiinstrumentalist vom einem Annähern an die Perfektion, dem kreativeren Arbeiten im Heimstudio und dem holprigen Pflaster der österreichischen Musikförderung.
Seit deinem Debüt „Astronaut“ sind ja zwei Jahre vergangen. Nach dessen Erscheinen wurdest du von den Kritikern durchwegs gelobt. Hast du den Druck von außen verspürt etwas Besseres zu schaffen, als du angefangen hast an neuem Material zu arbeiten?
Die Arbeiten für das zweite Album haben ja schon während dem Ersten begonnen, so dass es ein fließender Übergang war. Songs entstehen ja nicht nur wenn man ein Album machen möchte, sondern generell, wenn man sich zur Gitarre setzt. Du hast dann ja auch eine Auswahl an Texten und Liedern, wenn du auf ein spezielles Projekt hinarbeitest, wie eben bei „Closer“. Dadurch war der Druck nicht so stark zu spüren. Natürlich macht man sich Gedanken, wenn die Arbeit von der Medienlandschaft gut aufgenommen wird, man möchte ja immer nachlegen. Trotzdem finde ich, dass der Druck bei jedem Künstler selber liegt. Es ist ein Streben nach Perfektion, die man nie wirklich erreichen kann, aber an die man sich so gut wie möglich annähern möchte.
Du hast auf „Astronaut“ fast alle Instrumente selber eingespielt. War das auf „Closer“ wieder der Fall?
Da die finanziellen Mittel beim zweiten Album anders waren, konnten wir uns erlauben mehr Gastmusiker zu beauftragen. Meine Arbeitsweise hat sich nicht grundlegend verändert, so dass ich trotzdem viel selber eingespielt habe. Ich habe zuhause einen kleinen Aufnahmeraum, in dem ich Instrumente einspiele und dann ruhen lasse. Die ästhetische Komponente passiert im Studio, wo auch Sachen ausgetauscht werden. Natürlich mussten wir beim ersten Album am Feinschliff sparen, aber es ist echt toll wenn man die Möglichkeit hat, Musiker zu dirigieren.
Findest du es gemütlicher zuhause zu arbeiten, oder hast du es im Studio lieber?
Daheim gefällt es mir besser. Man hat da ja nicht diesen „Studiodruck“, denn wenn man für einen Tag von 600 bis 1500 Euro für den Raum zahlt, muss man an diesem Tag fertig werden. Zuhause ist dieser Druck nicht da. Man kann genauso gute Instrumente ausleihen, und wenn man einen akustisch guten Raum hat, dann kann man viel mehr experimentieren und sich Zeit lassen.
Hattest du in den letzten Jahren auch andere Projekte an denen du gearbeitet hast, oder warst du ganz mit deinem Album beschäftigt?
Ich habe kleinere Werbejingles vertont, aber die meiste Zeit habe ich mich auf das zweite Album konzentriert und da 100 Prozent Energie reingesteckt.
Dein neues Album heißt ja „Closer“. Sind die Songs persönlicher als auf „Astronaut“, oder ist der Titel anders zustande gekommen?
Nein, es geht nicht um den persönlichen Aspekt, sondern um die künstlerische Annäherung an die Perfektion. Obwohl noch in weiter Ferne, fühle ich mich ihr schon näher. -lacht-
Ich habe schon rein hören können, und der erste Eindruck war sehr positiv. Ein Song, in dem du eine Strandszenerie kreierst, erinnert sehr an die Crystal Fighters. Was waren die Einflüsse, die dich inspiriert haben?
Ich habe mich quer durch die Bank beeinflussen lassen, wie beim ersten Album. Ich mag außerdem Stilbrüche, und versuche das Gesamtkonzept so vielfältig wie möglich zu halten. Deswegen habe ich versucht verschiedene Einflüsse einzubauen, wie die Big Band Musik der 1950er Jahre. Außerdem kommen ein bisschen Punk, eine experimentelle Songwriter-Nummer, orchestrale Untermalung und Elektronik vor. Ich wollte auf jeden Fall einen Schritt weggehen vom ersten Album, und im Endeffekt haben die fehlenden Elemente von „Astronaut“ das zweite definiert.
Ich hatte das Glück dich auf dem Haldern Pop Festival 2012 spielen zu sehen, das in Deutschland stattfindet. Macht es für dich einen Unterschied im internationalen Raum zu spielen oder vor heimischem Publikum zu spielen?
Wenn man auf der Bühne steht macht es keinen Unterschied wo man ist, da man alles um sich herum vergisst. In diesem Sinne macht es ja auch keinen Unterschied, ob man in Deutschland oder Österreich spielt, denn es kommt eher auf die Location selbst an.
Ist es für dich noch immer ein besonderes Event auf Tour zu sein, oder ist es zur Routine geworden?
Es ist schon Routine, weil ich ja auch viel aufgetreten bin in letzter Zeit, aber es wird nie monoton. Jede Show hat was für sich, im Guten wie im Schlechten, aber fad wird es wirklich nie. Ich bin mit tollen Live-Musikern unterwegs, und da ist die gute Laune im Tourbus immer vorprogrammiert.
Was war dein schlimmstes und bestes Erlebnis bei einem Live-Auftritt?
Besonders gut funktioniert hat es am Haldern Pop Festival, wo wir zuerst drinnen gespielt haben und dann durch die Fenster raus geklettert sind um auf der Straße zu spielen. Das war eines der schönsten Erlebnisse. Im Vergleich dazu, bin ich einmal alleine in einem kleinen Café aufgetreten, doch ich hatte zu jenem Zeitpunkt 38 Grad Fieber, so dass ich das Konzert abbrechen musste. Ich war zwar kurz auf der Bühne mit Gitarre und habe dann gleich gemerkt, dass es nicht gehen wird.
Du bist ja ein erfolgreicher österreichischer Musiker, und es würde mich interessieren, wie du die österreichische Indie-Szene einschätzt. Kann man sie mit der internationalen vergleichen? Wo liegen die Unterschiede und Probleme?
Erstens fehlen die Fördermittel, wenn es um den Export österreichischer Musik geht. Was den Export betrifft, kann man wirklich sagen, dass Österreich ein „dritte Welt“ Land ist. Die inländischen Förderungen sind ganz gut, aber das bringt nicht so viel, da der Markt international ist. Dass heißt, du musst selbst irrsinnig viel Geld aufbringen um international Fuß zu fassen, und dann kommt es natürlich auch aufs Glück.
Die Szene in Österreich hätte sehr viel Potenzial, wenn die Förderungen für bessere Produktionen reichen würden. Es kann dann auch passieren, dass ein Album nicht gut genug produziert ist für das Ausland. Da sind wir leider ein bisschen hinten nach, und zwar nicht was die Kreativität und die Ideen betrifft, sondern rein produktionstechnisch.
Gibt es Stilunterschiede zwischen österreichischem und internationalem Indie? Ich meine, so wie man bei Filmen etwas als typisch österreichisch oder typisch französisch betiteln kann.
Nein, eher nicht. Man kann vielleicht welche rauspicken, die moderne „Traditionsmusik“ machen. Zum Beispiel die Band König Leopold verbindet das moderne mit Tradition, ebenso Binder & Krieglstein. Beide versuchen die österreichischen Wurzeln einzubinden in die Indie-Musik. Es ist natürlich schwierig, weil es am internationalen Markt nicht so gut funktioniert. Der Markt ist identitätslos, und obwohl es wichtig ist die eigenen Wurzeln nicht zu verleugnen, sollte ein gutes Produkt im Mittelpunkt stehen.
Hast du jetzt große Tourpläne um „Closer“ so gut wie möglich zu promoten
Das Album ist ja fertig, und da ist der Plan, Shows zu spielen und die Leistung zu erproben. Die erste Präsentation ist am ersten März im PPC in Graz. Dann geht es weiter nach Wien und von dort aus nach Salzburg, Kärnten, Tirol, und Vorarlberg. Deutschland ist noch offen, aber da wird es sicher auch ein Tour geben.
Du bist ja gebürtiger Grazer. War es dein Wunsch, dein neues Album in Graz das erste Mal zu präsentieren?
Ja, irgendwie schon. Ich kenne irrsinnig viele Leute in Graz, und das fühlt sich dann an wie ein richtiges Heimspiel.
Hast du schon Ideen für nächste Projekte, oder konzentrierst du dich jetzt mal auf die Tour?
Jetzt arbeite ich konstant an der Live-Umsetzung. Da das alles so frisch ist, habe ich noch keinen klaren Kopf, was weitere Projekte anbelangt. Deine Frage ist ja wirklich ein Zeichen für die Schnelllebigkeit unserer Zeit. Da wünsche ich mir manchmal ich könnte arbeiten wie eine Maschine, die keinen Schlaf braucht, dann könnte ich konstant mit dem Markt mithalten.
Danke für das Interview!
Albumreleasetour:
01.03.2013 PPC Graz
09.03.2013 Posthof Linz
05.04.2013 Chaya Fuera Wien
06.04.2013 Rockhouse Salzburg
11.04.2013 Weekender Innsbruck
12.04. 2013 Carinisaal Lustenau
13.04.2013 Rohrbach
18.04.2013 Kamot Kärnten
Fotos: Gernot Eder