Mit gerade mal 20 Jahren zählt Diknu Schneeberger bereits zu den herausragendsten Gitarristen, die der Gipsy Jazz zu bieten hat. Auf seinem zweiten und aktuellen Album „The Spirit Of Django“ huldigt er mit seinem Trio dem großen Idol Django Reinhardt. Im Interview mit Michael Masen spricht Schneeberger über dieses Album und gewährt einen Einblick in sein erst kurzes aber sehr erfolgreiches Schaffen.
Mit deinem Trio hast du vor kurzem deine zweite CD, „The Spirit Of Django“, veröffentlicht. Kannst du ein wenig zur Entstehungsgeschichte erzählen?
Zum Einen war die Veröffentlichung meines Debüts, „Rubina“, schon sehr lange her und zum Anderen hat es sich so ergeben, dass Django Reinhardt heuer 100 Jahre alt geworden wäre. Deshalb wollten wir unbedingt zu seiner Person ein Tribut-Album machen. So hat sich alles sehr gut zusammen gefügt.
Konzeptionell haben wir aus den Liedern, die wir live im Programm haben, einfach die besten ausgesucht und geschaut, wie das alles am stimmigsten zusammen passt. Natürlich sind da auch sehr viele Django Reinhardt-Kompositionen dabei. Und praktischerweise mussten wir auch für die Aufnahmen nicht proben, weil die Stücke ja ohnehin in unserem ständigen Repertoire sind.
Sind neben Django Reinhardt auch noch Werke anderer Komponisten vertreten?
Ja, aber zumeist sind das nicht so bekannte Leute. Wir haben beispielsweise ein Stück von Lulo Reinhardt, einem Gitarristen, eingespielt oder auch eines von Häns’che Weiss.
Sind auf deinem vor drei Jahren erschienenen ersten Album ausschließlich Stücke von dir oben gewesen oder auch Cover-Versionen?
Von mir selbst war da kein einziges Stück drauf. Das Lied „Rubina“, nach dem die CD benannt ist, stammt von meinem Vater. Dann ist auch mit „Sandys Bolero“ noch ein Stück von Martin Spitzer mit drauf. Wir haben teilweise gecovert, aber natürlich unser eigenes Ding draus gemacht. Auf der neuen CD hingegen ist gar nichts mehr gecovert, sondern es handelt sich dabei ausschließlich um unsere eigenen Arrangements.
War es anfangs schwierig, deine eigenen Sachen zu entwickeln, oder hat sich das ganz einfach automatisch ergeben?
Das war eine ganz natürliche Entwicklung. Aber so wirklich, im engeren Sinn, bin ich ja auch gar kein Komponist. Ich habe bisher drei Stücke geschrieben, die aber eigentlich auch nur durch Zufall entstanden sind. Die Arrangements ergeben sich meistens beim Proben. Ich bin also nicht so der Arrangeur oder Komponist, der sich hinsetzt und alles penibel notiert. Bei mir fügt sich vielmehr alles durchs Spielen zusammen.
Probt ihr eigentlich noch für eure Konzerte? Wenn ihr ca. 20 davon im Monat spielt, kann ich mir vorstellen, dass das nicht mehr unbedingt notwendig ist.
Meistens spielen wir einfach nur. Aber trotzdem finde ich Proben ganz wichtig. Es unterscheidet sich halt schon sehr von einem Auftritt. Wir versuchen eh ständig, vermehrt Proben einzubauen, aber jeder einzelne von uns hat einfach so viel zu tun, dass wir uns in dieser Hinsicht manchmal schwer tun.
In wie vielen Bands bist du außer deinem eigenen Trio noch aktiv?
Ich bin derzeit eigentlich auf drei Bands fixiert. Zum Einen ist da mein eigenes Diknu Schneeberger-Trio, dann gibt es eine Band meines Vaters, das Joschi Schneeberger-Sextett und zudem spiele ich noch in einem Trio-Ensemble mit Benjamin Schmidt, einem Solo-Geiger, der aus der Klassik kommt.
Gehen alle diese Projekte in die Gypsy Jazz-Richtung oder gibt es zwischen den Formationen gröbere stilistische Unterschiede?
Am meisten Gypsy Jazz spiele ich von diesen drei Formationen eigentlich in meiner Band, obwohl ich auch da versuche, vermehrt Popstücke mit rein zu nehmen. Zuletzt beispielsweise „And I Love Her“ von den Beatles. Dann mag ich noch sehr diesen Flamenco Touch, aber eben natürlich hauptsächlich Django Reinhardt-Musik. In seinem Sextett hat mein Vater jetzt eine Vision umgesetzt, nach der Karl Holina wienerisch singt und wir eben dazu Gypsy Jazz spielen. Das ist eine super Kombination, wie ich finde. Und mit Benjamin Schmidt bekommt die Gypsy Musik einen Klassik-Einschlag.
Hast du dich von Anfang an ausschließlich mit der Gitarre beschäftigt oder auch mal mit anderen Instrumenten?
Ich habe eigentlich erst sehr spät damit begonnen, Gitarre zu spielen. Lange Zeit hatte ich gar kein Interesse daran. Ich habe vorher ungefähr zweieinhalb Jahre Schlagzeug gespielt, aber nur so hobbymäßig als Ausgleich zur Schule oder zum Fußballspielen. Mit 14 Jahren habe ich dann die Gitarre in die Hand genommen, habe Unterricht bekommen und in kürzester Zeit habe ich gewusst, dass mir das viel mehr liegt und mir richtig Spaß macht. Von da an habe ich dann eigentlich ununterbrochen geübt; den ganzen Tag lang und ich habe gar nicht mehr aufhören können und wollen.
Und das Bedürfnis, irgendwann später mal zu einem anderen Instrument zu greifen oder vielleicht auch E-Gitarre zu spielen, war bei dir nie vorhanden?
Doch, eigentlich schon. Ich habe kurz einmal probiert, E-Gitarre zu spielen, aber irgendwie liegt mir das nicht so. Ich kriege da den typischen Sound nicht so raus, wie ich es mir vorstelle. Aber akustische, klassische Gitarre würde mich sehr interessieren. Das möchte ich schon gerne auch mal ausprobieren.
Hast du eigentlich Probleme damit, jüngere Leute zu finden, mit denen du deine Musik spielen kannst? Hierzulande ist Gypsy Jazz ja in deiner Altersgruppe nicht besonders populär.
Das ist eben das Problem. Diese Art von Musik kennt hier fast niemand und gerade in Österreich ist sie sehr unbekannt. Ich habe vielleicht jetzt auch hier ein wenig die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, aber ansonsten ist Gypsy Jazz eher in Deutschland oder Frankreich gefragt und bekannt. In Österreich kenne ich eigentlich keinen Musiker, der das mit mir machen könnte.
Dementsprechend ist dann wohl in anderen Ländern auch das Publikum jünger?
Ja. Vor allem kommen dort auch immer wieder junge Musiker, die ebenfalls genau diesen Stil spielen, zu mir, um zu plaudern. Das kommt hierzulande fast gar nicht vor.
Siehst du eine Möglichkeit, diese Musik auch in Österreich populärer zu machen?
Ein Bekannter von mir hatte gerade erst die Idee, hier eine Sinti- und Romamusikschule zu eröffnen. Ich glaube, wenn ihm das gelingt, wäre es schon ein großer Schritt für diese Musik. Da würden mit Sicherheit viele junge Leute, auch Nicht-Zigeuner, hinkommen und die Musik in Folge stärker verbreiten.
Hättest du selbst auch Interesse daran, Musik zu unterrichten?
Ich würde schon wollen, aber das liegt mir einfach überhaupt nicht. Wie ich es mir selbst beigebracht habe, hatte ich auch einen ganz anderen Zugang dazu. Ich könnte das wohl nur ganz schlecht weitergeben. Ein paar mal habe ich es zwar schon versucht, aber ich tue mir dabei wirklich sehr schwer.
Selber studierst du derzeit ja gerade Jazzgitarre. Ist das Studium für deinen eigenen Stil förderlich?
Für den Gypsy Jazz hat es mir bis jetzt eigentlich gar nichts gebracht. Aber ich bin jetzt auch schon ein dreiviertel Jahr lang beurlaubt, weil wir eben sehr viel unterwegs sind, viel spielen und ich wirklich ziemlich wenig Zeit habe, für mein Studium zu lernen. Da ist ja auch sehr viel Theorie dabei, Noten schreiben, Noten lesen und das liegt mir nicht so wirklich.
Natürlich kann man bei diesem Studium viele andere Sachen lernen, aber für diesen Gypsy Jazz-Stil bringt es einem nicht wirklich etwas.
Du verdienst mit deiner Musik ja deinen Lebensunterhalt. Wenn du jetzt mal 20, 30 Jahre in die Zukunft schaust, siehst du dich da immer noch in der Rolle des permanent tourenden Musikers?
Ja, auf jeden Fall, weil das einfach wirklich meine Leidenschaft ist. Ich mache das nicht, um viel Geld zu verdienen oder um berühmt zu werden, sondern bloß, weil es in meinem Herzen drin ist. Es ist einfach ein Traum, der für mich in Erfüllung gegangen ist.
Hast du auch Pläne, irgendwann mal für längere Zeit ins Ausland zu gehen? Gerade, weil dort ja auch viele jüngere Leute leben, die diese Musik mögen und selbst spielen…
Im Moment eigentlich überhaupt nicht. Aber in ein paar Jahren kann ich mir das schon vorstellen, wenn ich Lust darauf hätte. So wirklich einen Plan habe ich diesbezüglich aber noch nicht.
Stichwort „Plan“. Die neue CD ist ja noch nicht so lange heraußen, aber gibt es bereits wieder Ambitionen, neues Material aufzunehmen?
Vor kurzem war ich mit dem Benjamin Schmidt im Studio, der demnächst auch eine CD raus bringen wird. Ich weiß aber noch nicht, wann genau das sein wird. Und für meine eigene Band gibt es auch schon wieder Ideen. Und zwar werden auf das nächste Album wahrscheinlich nur Eigenkompositionen von uns rauf kommen und dann wollen wir unbedingt auch Gastmusiker mit dabei haben.
Habt ihr einige dieser Kompositionen bereits fertig oder ist das alles erst im Planungsstadium?
Das ist momentan alles nur in unseren Köpfen. Aber man kann etwa auch Stücke, die es schon gibt, in einem ganz anderen Arrangement, einem ganz anderen Flair, aufnehmen.
Stehen schon irgendwelche Gäste fest, die unbedingt am Album mitarbeiten sollen?
Ja, da gibt es schon einige Ideen, aber wir sind uns noch nicht ganz sicher. Bis auf Benjamin Schmidt habe ich noch niemanden gefragt. Ihn möchte ich aber auf jeden Fall bei den Aufnahmen mit dabei haben. Außerdem habe ich noch Thomas Gansch, ein Trompeter, und den Klarinettisten Herbert Svoboda ins Auge gefasst. Die gefallen mir sehr gut und würden auch wunderbar zum Stil meines Trios passen.
Vielen Dank fürs Interview.