Der Saxophonist Clemens Salesny zählt zu den gefragtesten Musikern der österreichischen Jazz-Szene. Seine Tätigkeiten als Sideman sind fallen ebenso abwechslungsreich wie umfassend aus, aber auch mit den eigenen Bands und Projekten hat der gebürtige Niederösterreicher alle Hände voll zu tun.
Nach der Veröffentlichung der Debüt-CD seines charmant-schrägen Duos mit Clemens “Bumpfi” Wenger im letzten Jahr wartet mit einer Einspielung seiner gemeinsam mit Woody Schabata und Raphael Preuschl betriebenen Trio-Formation bereits das nächste Tondokument, auf dem die von expressiver Rauheit geprägten Linien des Saxophonisten eingefangen wurde…
MG: “Eure Debüt-CD die wilden Jahre waren ein eindrucksvoller Einstieg für dein Duo mit Clemens Wenger, auch was die Reaktionen der Kritiker im In- und Ausland betrifft…”
CS: “Man kann durchaus sagen, dass die Kritiker das fast richtig erkannt haben, was wir da gemacht haben (lacht). Was uns natürlich besonders freut, ist, dass wir die CD auf unserem eigenen Label, eben auf JazzWerkstatt Records heraus bringen konnten, weil damit für uns alles sehr übersichtlich ist. Wir haben letztes Jahr im Herbst einfach gedacht, dass es schön langsam Zeit für eine Aufnahme wird, wo es das Duo ja mittlerweile seit sechs Jahren gibt und die Anfragen unserer Fans schon immer lauter und ungeduldiger wurde (lacht).”
MG: “Ihr habt die Stücke auch innerhalb kürzester Zeit eingespielt, da dürfte sich die langjährige Zusammenarbeit bezahlt gemacht haben…”
CS: “Im Duo ist das ja ohnehin nicht so kompliziert mit den Aufnahmen. Wir habe uns zwar mit ein paar Nummern gespielt, haben Overdubs verwendet, weil wir im Studio ja nicht auf die reine Live-Duo-Situation beschränkt waren. Das kommt aber auch live hin und wieder zum Einsatz, indem wir auf vorher aufgenommenes Material zurückgreifen und uns mit Loops spielen. Das ist sicher nicht das Wichtigste in unserem Programm, aber wir waren beide der Meinung, dass es für eine Studio-CD nicht verwerflich ist, auf solche Techniken zurück zu greifen.”
MG: “Im Live-Kontext kommen aber auch immer wieder Video-Einspielungen zum Einsatz…”
CS: “Ja, schon, ab und zu. Der Bezug zum Text von Ernst Jandl, den wir hin und wieder verwenden, ergibt sich ja schon durch unsere spielCHEN, die frei improvisierten Stücke, die wir auf der CD haben. De Originalstimme wollten wir dabei nicht unbedingt verwenden, das machen wir aber live manchmal. So was haben wir schon ganz gern, ab und zu.”
MG: “Du verwendest ja auf eurer CD auch eine ganze Reihe unterschiedlicher Instrumente. Neben verschiedenen Holzblasinstrumenten bist du auch an der Trompete zu hören…”
CS: “Die Trompete würde ich jetzt aber nicht unbedingt als normales, vollwertiges Instrument einsetzen, also ich bilde mir nicht ein, dass ich ein richtiger Trompeter wäre. Aber wenn ich dabei das Gefühl habe, dass das passt – und im Duo lässt sich ja ohnedies vieles ausprobieren – dann setze ich sie schon ganz gern ein. Aber die anderen Instrumente – von denen ich auch glaube, dass ich sie professionell spiele (lacht) – sind natürlich wichtiger.”
MG: “Ist es dir für das Duo wichtig, verschiedene Klangfarben zur Verfügung zu haben?”
CS: “Es ist zwar nicht so, dass es gleich fad wird, wenn man nur ein Instrument verwendet- der Bumpfi spielt ja auch nur Klavier – aber mir gefällt es schon ganz gut, wenn sich nicht immer nur dasselbe Klangbild ergibt.”
MG: “Für deine nächste CD-Veröffentlichung, die Debüt-CD deines Trios mit Woody Schabata und Raphael Preuschl hast du dir mit Herbert Joos jedenfalls einen professionellen Trompeter eingeladen. Wie hat sich das ergeben?”
CS: “Wir hatten schon für das Quintett mit Bumi Fian irgendwann eine Zusammenarbeit geplant, Herbert Joos hätte vor ein paar Jahren bereits fast einmal ausgeholfen. Da ist aber dann doch nichts daraus geworden, vor allem aufgrund der großen Entfernung. Er hat zwar eine starke Verbindung zu Österreich, aber so oft ist er nun auch wieder nicht da. So etwas ergibt sich natürlich nicht unbedingt von selbst, aber für diese Besetzung passt das schon ganz gut, denke ich. Das sehen auch die anderen so, Woody kennt ihn ja ohnehin schon sehr lange und sehr gut. Wir haben uns dann einfach mal getroffen, als er in Wien gespielt hat. Zu dem Zeitpunkt hat er auch bereits einige Aufnahmen von uns gehört – auch von meinen anderen CDs, teilweise. Dadurch hatte er auch schon eine ganz gute Vorstellung davon, um was es geht. Natürlich wäre es schon, wenn man die Zusammenarbeit auch hin und wieder live fortsetzen könnte, zumindest im Rahmen der CD-Präsentation wäre es sehr schön, wenn sich das ausgeht.”
MG: “Wo wir gerade dabei sind, wie kam eigentlich der Kontakt zu Woody Schabata zustande, der ja doch ein paar Jährchen älter ist as du?”
CS: “Das ist über den Paul Zauner gegangen, der ja auch kein Unbekannter ist in der österreichischen Jazz-Szene. Er hat ja schon lange mit ihm gespielt, und als ich das zweite Mal bei ihm gespielt habe, war dann der Woody dabei. Dadurch haben wir einige Jahre lang regelmäßig zusammen gespielt – sehr gerne sogar, es hat uns beiden gefallen, wie der jeweils andere spielt, und irgendwann haben wir uns gedacht, wir probieren einfach mal etwas gemeinsam aus. Zum Anlass eines sehr gut bezahlten Auftritts haben wir uns dann irgendwann überlegt, ob wir im Duo spielen sollen, haben uns dann aber doch dafür entschieden, einen Bassisten dazu zu nehmen. So hat sich dann irgendwie auch das Trio ergeben.”
MG: “Du spielst aber gleichzeitig auch in vielen Formationen, die sich im Rahmen der JazzWerkstatt entwickelt haben…”
CS: “Ja, das sind Projekte, die sich mittlerweile schon verselbständigt haben, das JazzWerkstatt Workshop Ensemble zum Beispiel, oder Hansi, das legendäre Bläserquartett. Im Rahmen der heurigen JazzWerkstatt haben wir auch mein gemeinsames Projekt mit Wolfgang Schiftner und Thomas Froschauer wieder aufleben lassen, in dieser Besetzung haben wir vor Jahren bereits einige Nummer aufgenommen. Was wir momentan auch sehr stark verfolgen, ist Cafe Mut, dieses Musik/Tanz-Projekt, das letztes Jahr bei der JazzWerkstatt Premiere hatte. Außerdem versuche ich auch das Hans Koller Projekt, das bei der ersten JazzWerkstatt Premiere hatte, nicht aus den Augen zu verlieren. Dabei nehmen wir uns Kompositionen aus den letzten Lebensjahren von Hans Koller an, die er selbst nie gespielt hat, oder zumindest nicht aufgenommen hat. Diese Sachen zu veröffentlichen würde ich auch sehr interessant finden, aber das wird sicher noch eine ganze Weile dauern, bis es soweit ist. Eigentlich ist es mir aber ohnehin wichtiger, dass man ein Stück zuwartet mit den ersten Aufnehmen, bis sich ein Projekt oder eine Band auch richtig entwickelt hat. Auch wenn es die meisten Veranstalter gerne hätten, dass man gleich von Anfang an eine CD hat, die man ihnen schicken kann. Ich glaube, da ergeben sich aber einfach nicht gerade die besten Sachen, wenn man so als Schnellschuss etwas produziert, und dann erst die Entwicklung startet.”
MG: “Du warst letztes Jahr auch mit dem Trompeter Steve Bernstein auf Tour, wie kam das zustande?”
CS: “Das ist über Max Nagl gelaufen, der ihn ja schon lange kennt und auch verschiedene Projekte mit ihm betreibt. Unmittelbar nach der ersten JazzWerkstatt, also im April 2005, kam es dann zu einer Zusammenarbeit für ein großes Orchesterprojekt im Rahmen es Kremser Donaufestivals, bei dem Bernstein in der ersten Hälfte als Dirigent und in der zweiten Hälfte als Trompeter fungierte. Meine CD mit Bumi Fian, die ich ihm danach auch gegeben habe, hat ihm sehr gut gefallen, und als für diese Tour im letzten Jahr sein regulärer Saxophonist ausgefallen ist, hat er sich an mich gewendet.”
MG: “Das Qunitett gibt es seit dem Tod von Bumi Fian aber nicht mehr, oder?”
CS: “Nein, es hat sich einfach nicht angeboten, das in einer anderen Form, mit einem anderen Bläser, weiter zu betreiben. Außerdem wurde das Quintett auch ein wenig von dem neuen Trio abgelöst, ich weiß zwar nicht mehr genau, wann das war, aber irgendwann hab’ ich mir einfach gedacht, das Quintett mach’ ich nicht mehr. Daniel Riegler und Horst-Michael Schaffer haben zwar in den letzten ein, zwei Jahren des Quintetts, als Bumi schon kaum mehr einsatzfähig war, einige Male mitgespielt, aber letztendlich war es dann doch besser, es dabei zu belassen.”
MG: “Du bist ja berüchtigt für deine riesige Plattensammlung. Was hört sich Clemens Salesny an einem durchschnittlichen Tag so alles an Musik an?”
CS: “Ich höre auf jeden Fall mehr Puschnig, Pepl, altes Art Orchestra und Koller als Chris Potter und Mark Turner. So etwas ist bei mir zuhause eher weniger angesagt. Wobei das natürlich alles super gespielt ist, aber ich finde es eben einfach nicht besonders interessant. Das hören sich natürlich auch viele der Leute an, die jetzt in Ausbildung sind, die stürzen sich da alle darauf und versuchen in diese Richtung zu gehen. Ich finde es aber immer interessanter, sich irgendetwas Interessantes aus der Vergangenheit zu holen, das jetzt nicht besonders angesagt ist, oder überhaupt nie so der Mainstream war. Und natürlich auch die eigene Jazz-Geschichte, von der man gerade in Wien ohnehin sehr viel findet – ohne dass das jetzt international sehr bekannt oder überhaupt abgedroschen ist. Wir spielen im Duo ja auch gerne ein Pepl-Medley. Das sind Nummern, die immer wieder auf große Begeisterung stoßen, die Leute fragen dann nach, was das denn war, ob das auch auf der CD zu finden ist (lacht).”
Das Interview führte Martin Gansinger.