mica-Interview mit Alf Peherstorfer (Kommando Elefant)

Kommando Elefant hauchen dem österreichischen Alternative-Pop frisches Leben ein. Ohne Scheu vor neuen Dingen, beschreitet die Formation seit 2007 einen Weg, fernab jeglicher Konventionen. Bunter Elektropop trifft auf melancholische Akustik, gepaart mit lyrischer Wortspielerei. Dass die Philosophie Wittgensteins zwischen den Textzeilen ebenso Platz findet, wie Partystimmung am Rande der Apokalypse mag da nur mehr denjenigen verwundern, der noch nie etwas von dieser Band gehört hat. Was jedoch unmöglich scheint. Schließlich gehören Songs wie „Falsche Helden“ oder “Alaska“ zu den Ohrwurmklassikern des österreichischen Deutschpop. mica hat sich mit Elefanten-Herdenführer Alf Peherstorfer zu einem gemütlichen Gespräch getroffen und mehr über das selbsternannte „schizophrene Kunstprojekt“ erfahren.

Wer beziehungsweise was verbirgt sich eigentlich hinter Kommando Elefant?
Das Projekt Kommando Elefant habe ich vor ein paar Jahren ins Leben gerufen. Im Laufe der Zeit sind immer neue Leute dazugekommen, sodass mittlerweile daraus eine richtige Elefantenfamilie entstanden ist. Da ich nicht mehr alleine am Projekt zu Gange bin, ist es zwar schwieriger, meine eigene Linie durchzubringen, aber im Endeffekt ist es eine durchwegs positive Entwicklung, wenn man mit mehreren Personen agieren kann, Kompromisse eingehen muss und die Möglichkeit hat, lange Gespräche zu führen. Zurzeit sind wir in einer Phase der Selbstreflexion, vor allem weil wir gerade mitten in der Produktion des neuen Albums stecken. Klingt zwar ein bisschen blöd, aber wir müssen  erst wieder zu uns selbst finden. Es geht gerade ein kleiner innerliche Rückzugprozess vor sich, einfach um sich wieder mal zu orientieren, damit man dann wieder weiß, wo es hingehen soll.

Aber wenn ich das richtig heraushöre, hast du sozusagen das „Kommando“ gegeben.
Musik mache ich schon seit ich 14 bin, war damals in einer typischen Schul-Punkband aktiv. Andi Jantsch hat in dieser Band Gitarre gespielt und gemeinsam mit ihm habe ich dann das Label Las Vegas Records gegründet. Irgendwann ist  der Produzent Alexander Nefzger auf uns aufmerksam geworden. Und seitdem gibt es die Elefantenfamilie.

Eine Elefantenherde ist ja ziemlich groß. Soweit ich weiß halten Elefanten zusammen, trauern gemeinsam, helfen einander,…
Genau. Es heißt ja auch, dass Elefanten die sozialsten Lebewesen sind. Aber deswegen haben wir die Band gar nicht so benannt. Das ist eher so ein Ying Yang – Ding: Kommando steht eher für das Martialische und der Elefant für das Liebe und Sanfte. Ich finde der Name Kommando Elefant passt ganz gut zu unserer Musik, weil das für mich auch so eine zerrissene Geschichte ist: Schizophrenie in einer gewissen Art und Weise. Wir haben ja auch viele elektronische Elemente neben dem Singer/Songwriting dabei.

Aus welchen musikalischen Ecken kommt ihr denn ursprünglich?
Unser Schlagzeuger hat zum Beispiel früher bei Jonas Goldbaum gespielt. Ich komme ja eher vom Punk und versuche diese Attitüde in die Band zu bringen: Ich meine damit den DIY-Gedanken und diese „Ich Scheiß mir nix“- Einstellung. Zum Beispiel haben wir mit dem Video zu „Party bis zum Untergang“ einige Hörer vor den Kopf gestoßen. Viele haben nicht genau verstanden, warum wir jetzt so einen Song machen machen, haben gemeint, dass das nicht zu unserem Sound passt. Aber ich finde eben schon, dass das passt. Es ist schwierig, diese Schlüssigkeit nach außen zu transportieren, diese Zerrissenheit die unsere Band seit jeher begleitet. Ich finde, man sollte sich nicht immer so ernst nehmen.

Zeigst Du dich für die Texte verantwortlich?
Ja, sowohl fürs Texten als auch für die Musik insgesamt. Ich produziere alles zuhause in meinem kleinen Studio vor, schicke dem Alexander Nefzger Layouts Ende nie und dann suchen wir gemeinsam aus, was gut passt und was authentisch rüber kommt. Alexander kommt ja aus dem Theater und von dem her legt er auch eine ganz andere Sichtweise an den Tag. Mit ihm ist aus Kommando Elefant ein schizophrenes Kunstprojekt entstanden – was abe stets den Anspruch auf Authentizität behält.

Fallen deswegen auch eure Videos immer so komplett divers aus?
Irgendwie schon. Zum einen wird es dann nie langweilig, zum anderen glaube ich aber – und das ist gerade unsere aktuelle Schwierigkeit bei der Produktion des dritten Albums – dass eben dieser rote Faden, den ja viele andere Bands schon haben, bei uns nicht gegeben ist. Aber das ist gerade das Besondere und Spannende an Kommando Elefant. Bei einem Konzert im Flex vor ein paar Wochen war es interessant zu beobachten, wie das Publikum mit dieser Undurchsichtigkeit umgeht. Wie wir „Party bis zum Untergang“ gespielt haben – was wir persönlich ja als sehr ironisches Lied betrachten – waren doch so einige Leute, die sich von uns vermutlich etwas “Tiefgründigeres” erwartet haben, sehr verwundert.  Eine Äußerung, die für uns steht und das ein Journalist einmal in einer Rezession des ersten Albums über uns kommentiert hat, ist, dass Kommando Elefant inmitten von Party und Melancholie steckt. Ich finde, diese Behauptung trifft ziemlich gut auf uns zu. Das spiegelt unsere Lebensaspekte wider. Manchmal ist man eben gut drauf, manchmal zieht man sich lieber zurück und wirkt nachdenklich. Es ist ja auch nicht so, dass ich durchgehend grantig oder fröhlich bin – die Mischung von beidem, die ist eben in mir drinnen und die transportiere ich so nach außen.

Das heißt du holst Dir die Inspiration aus deinen unterschiedlichen Launen heraus.
Ich glaube, dass man in einer guten Stimmung keine guten Lieder schreiben kann. Natürlich kann man auch lustige Lieder schreiben, aber man braucht eine gewisse Grundmelancholie. Bei mir ist das zumindest so.

„Party bis zum Untergang“ hast du auch in einer melancholischen Stimmung geschrieben?
Ich finde das Lied hat ja auch was Melancholisches. Das drückt ja schon das Wort Untergang so gut aus: Wir machen jetzt einfach einen drauf, egal was kommen mag!

Inwieweit nimmst du die Songs zum Anlass, eine bewusste Aussage zu tätigen?
Ich muss ehrlich sagen, über meine Inhalte habe ich noch gar nie so viel nachgedacht. Es kommt, wie es kommt. Es gibt eben Themen, die aus mir rausbrechen, ich habe ganz verschiedene Zugangsweisen. Jim Morrisson zum Beispiel hat ja immer das als Text genommen, was er als erstes aufgeschrieben hat. Ich habe vor kurzem ein Interview mit Niels Frevert gelesen, der gesagt hat, dass er seine ganze Wohnung voll mit Plakaten austapeziert hat, auf denen er dann ein ganzes Jahr lang Textzeilen aufschreibt, die er dann individuell in seine Songs eingliedert – je nachdem wie es passt. So geht halt jeder anders vor. So wie jede andere Band, hat auch Kommando Elefant bestimmte Grundthemen und Grundstimmungen die nun mal da sind. Von dem ausgehend, webt sich dann ein Song zusammen.

Nehmen wir mal den Song „Alaska“. Ich finde der Inhalt dieses Liedes ist sehr frei interpretierbar. Wovon handelt der Song deiner Meinung nach?
Ich möchte da jetzt niemanden enttäuschen, aber für mich ist das einfach nur ein Stimmungslied. Der Text ist aus einer gewissen Stimmung entstanden, der für mich in dieser Situation sehr befreiend war. Man sucht ja im Leben immer nach Glück. Für mich ist einer der glücklichsten Momente der, wo ich zuhause vor dem Klavier sitze, um an Songs zu arbeiten und dabei in eine gewisse Stimmung zu kippen. Danach sitze ich vor einem fertigen Song und bin einfach nur glücklich und zufrieden. „Alaska“ war auch so ein Moment. Die Stimmungen, die ich damals hatte, habe ich gut in diesem Song verarbeitet. Und wenn der Song auch anderen Leuten was bedeuten kann, dann empfinde ich es als umso schöner. Vor allem, wenn das Publikum dann bei den Songs mitsingt, dann freue ich mich sehr darüber. Kettcar zum Beispiel sagen ja, dass sie es hassen, wenn das Publikum zu ihren Songs mitsingt, weil sie das als eine Art lästige Bierzelt-Atmosphären empfinden. Für mich hingegen ist genau das ein absoluter Gänsehaut-Moment.


Wenn du schon Kettcar ansprichst. Für mich ist Kommando Elefant stilistisch schon ein wenig in Hamburger Schule bzw. Tocotronic gepaart mit Sportfreunde Stiller einzuordnen. Du kannst ja wohl kaum abstreiten, dass dich diese genannten Bands nicht in irgendeiner Weise musikalisch beeinflusst hätten.

Sehr lustig ist ja, dass wir seit ungefähr 3 Monaten in sehr engem Kontakt mit Marc Liebscher, dem Manager der Sportfreunde Stiller stehen. Auch viele andere Leute assoziieren uns zum Teil mit Sportfreunde Stiller. Aber außer, dass ich das erste Album dieser Band wirklich super gefunden habe, hatte ich bis jetzt keinen Berührungspunkt zu den Sportfreunden. Kettcar  hingegen finde ich wirklich wunderbar. Und ich muss zugeben, mit der Musik von Tocotronic bin ich aufgewachsen, mir hat der Stil gefallen, den die Jungs in die deutschsprachige Musikwelt gebracht haben. Ja, Tocotronic und auch Blumfeld waren für mich schon sehr prägend. Vor allem die Lyrics von Jochen Distelmayer haben mich sehr inspiriert.

Obwohl ihr ja doch etwas fröhlicher klingt wie Blumfeld.
Naja, zwischen den Zeilen liegt die Traurigkeit ganz tief drinnen. Vor allem das zweite Album von uns war jetzt nicht sehr stringent, behaupte ich mal. Der rote Fade ist der, dass das Album keinen roten Faden hat.

„Kommt wir hauen Granaten rein. Das kleine bisschen Leben.“ Wie kommt man auf so einen Albumtitel?
Naja, auf solch diffuse Titel komm ich beim Duschen, oder im Bett vor dem Einschlafen. Für mich ist der Titel aber sehr schlüssig, auch wenn ich das oft erklären muss. “Das kleine bisschen Leben” alleine klingt etwas zu pathetisch. Da musste noch was martialisches her. Unser nächstes Album wird übrigens „Scheitern als Show“ heißen.

Was verstehst du unter „Falsche Helden“?
In uns allen steckt im Prinzip ein falscher Held. Was ich nicht möchte ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen und mich selbst dabei auszunehmen. In jeder Kritik steckt auch immer ein Funke Selbstkritik. Und das möchte ich unter anderem mit dem Lied aussagen, auch wenn darin noch viel mehr steckt. Das Lied wurde außerdem in einer Zeit geschrieben, wo in der Politik ziemlich viele Idioten beteiligt waren. Jetzt könnte man auch hergehen und ein Lied machen, das ein politisches Thema total konkretisiert, aber ich mache ja Popmusik und möchte damit viele Leute ansprechen. Ich verpacke lieber viele Themen zu einer Allgemeinheit zusammen. Das ist gar nicht immer so einfach. Ich würde sagen Kommando Elefant ist per se keine politische Band, aber von der Haltung her interessieren uns politische Themen schon sehr. Wir spielen auch gerne bei Benefizveranstaltungen für Dinge, die uns wichtig sind, zum Beispiel für den Verein Ute Bock. Ehrlich gesagt glaube ich nicht groß an die kulturverändernde Kraft der Musik, aber man kann zumindest einige Leute mit Musik zum Nachdenken anregen.

Bei „Party bis zum Untergang“ habt ihr euch mit Georgij von Russkaja zusammengetan, auch schon mit dem Stimmgewitter Augustin kooperiert. Für wie wichtig hältst du einen musikalischen Austausch innerhalb der österreichischen Musikszene?
Da gibt es verschiedenen Schienen. Es gibt einerseits den musikalischen Austausch mit Leuten, die man schon lange und gut kennt. Russkaja kennen wir gut über unseren Produzenten. Die Zusammenarbeit mit Stimmgewitter Augustin war mir ein großes Anliegen, um ganz platt gesagt, auf soziale Diskrepanzen innerhalb der Gesellschaft hinzuweisen. Zum Teil herrscht ja auch Neid innerhalb der Musikszene. Aber das ist ja ehrlich gesagt ganz natürlich. Und genau das bringt ja dann auch die eigene Kreativität zum Fruchten.

Werden beim neuen Kommando Elefant-Album wieder Gastmusiker zu hören sein?
Diesmal haben wir zum Beispiel mit der Berliner Sängerin Illute zusammengearbeitet. Aber es ist fürs erste einmal nicht angedacht, mit einer anderen Band zu kooperieren.

Was erwartet den Hörer außerdem?
Das neue Album wird auf alle Fälle viel bandlastiger. Bei den ersten beiden Platten, gab es ja noch gar keine richtige Band-Zusammenstellung. Aber seitdem wir mit dem zweiten Album live getourt sind, ist Kommando Elefant so etwas wie eine richtige Formation. Man wird diesmal sehr genau hören, dass eine ganze Band hinter dem Projekt steckt. Es wird auch diesmal wieder auf elektronische Elemente gesetzt, aber diese werden nicht zu sehr in den Vordergrund rücken. Außerdem wird es auch wieder so eine Art Partysong zu hören geben, der jedoch vom Inhalt her etwas diffiziler ausfallen wird. „Scheitern als Show“ wird übrigens gegen Ende April nächsten Jahres veröffentlicht werden.

Bei euren Konzerten spielen Live-Visuals eine große Rolle. Ihr kooperiert mit pixelkino.at. Was ist für euch das Besondere an der  sogenannten bildhaften Ästhetik?
Zum einen ist es was Besonderes, weil unsere beiden Produzenten Alexander Nefzger und Florian Pilz beide vom Burgtheater kommen. Ersterer ist in der Singer/Songwriter Szene verankert, Letzterer hat viel mit Elektronik zu tun. Kommando Elefant steht gewissermaßen im Zwiespalt. Ich mag beide Stile sehr gerne und möchte das so gut es geht miteinander vereinen. Die Band MGMT ist meiner Meinung ein gutes Beispiel dafür, dass diese Fusion funktionieren kann. Und die arbeiten auch  sehr viel mit visuellen Effekten. Schon beim ersten Kommando Elefant Album hatte ich ein Konzept im Kopf, was Visuals und Artwork betrifft. Ich finde eine gewisse visuelle Außenwahrnehmung einfach wichtig. Und genau das hat uns oft auch schon gutes Feedabck bei unseren Live-Auftritten gebracht. Stefan und Michael Tiefengraber von pixelkino.at sind auch ein bedeutender Part in der Elefantenfamilie, die Visuals sind eine Art Markenzeichen von uns geworden.

Für euer kommendes Album habt ihr für die Produktion erneut eine Unterstützung vom Österreichischen Musikfonds erhalten. Wie siehst du die Fördersituation für Musikschaffende hier in Österreich?
Österreich heftet sich ja mit Selbstverständlichkeit den Titel eines Musiklandes an. Die Außenwirkung ist ja aber hauptsächlich für die Klassik und Volksmusik gegeben. Die Institution des Musikfonds finde ich natürlich toll, vor allem deswegen, weil die Indie/Alternative Szene so gut unterstützt wird. Ich spreche nicht nur von finanzieller Förderung, ich glaube auch, dass die österreichische Musikszene eben durch den Österreichischen Musikfonds, aber auch durch die Repräsentation von FM4 sehr gewachsen ist und eine gute Wirkung nach außen trägt. Gerade nach Deutschland, wo die österreichische Musik schon langsam einen guten Ruf erhält. Der Nährboden für qualitativ hochwertige Musik aus Österreich ist auf alle Fälle gegeben.

Ihr habt einen eigenen Tour-Blog, seid recht präsent auch auf Facebook und Co. Kann man als Band ohne Social Media/ Social Networking überhaupt noch existieren?
Man muss Social Networking  mit Maß und Ziel betreiben. In der heutigen Zeit sind Facebook und Co. einfach die Medien, mit denen man arbeiten muss und ich finde das auch total gut. Ich meine, die Unnahbarkeit ist damit natürlich nicht mehr gegeben, die früher diesen gewissen Starkult ausgemacht haben. Netzwerken ist trotzdem das Um und Auf in der heutigen Zeit, wobei dies natürlich nie das Netzwerken im realen Leben ersetzt. Ich treffe mich schon lieber mit Leuten in Lokalen oder anderswo. Als Marketing-Tool sind Facebook und Co. natürlich nicht mehr wegzudenken.

Abgesehen davon, dass ihr nächstes Jahr eine neue Platte rausbringen werdet, was sind die nächsten Pläne?
Zurzeit ist mal eine Spielpause angesagt. Nur am 17. Dezember spielen wir im Burgenland bei „Rock4Peace“, einer Benefizveranstaltung. Im Februar gehen Luis und ich auf Acoustic-Tour durch Deutschland. Und ansonsten wird gerade an der nächsten Tour im kommenden Jahr gebastelt. Sommer- und Herbsttermine für 2012 sind zumindest schon in Planung.

Termine: 
17.12.2011  Rock4Peace/Horitschon, Burgenland
01.02.2012 Chemnitz, Subway To Peter (Akustik Duo)
02.02.2012 Halle, VL (Akustik Duo)
03.02.2012 Magdeburg, Riff (Akustik Duo)

Fotos © Ingo Pertramer

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