mica-Interview mit Alex Pinter

Alex Pinter präsentierte gemeinsam mit seiner Band Mitte Juni seine Debüt-CD. Im mica- Interview mit Michael Ternai erzählt der aus Graz stammende Gitarrist über seinen bisherigen Werdegang, seine musikalischen Einflüsse, seinen bevorstehenden Aufenthalt in den USA und warum Genetik doch nicht wirklich mit der Musik gleichzusetzen ist.

Du hast mir vor dem Interview erzählt, dass du eigentlich Genetik studiert und auch abgeschlossen hast. Wie kommt man eigentlich von der Genetik zur Jazzmusik?
Es ist ja nicht so, dass ich nicht schon vorher Musik gemacht habe. Angefangen habe ich, wie ich ganz klein war, mit Klavier, dann bin ich auf Bass umgestiegen und habe auch mit Gitarre begonnen, danach ein bisschen Schlagzeug usw. So ist eben eine Zeitlang alles so dahingeplätschert, mit den jugendlichen Ausflügen in den Rock, Heavy Metal und Grunge, wie sie für jeden in dieser Generation eigentlich typisch waren. Dann hab ich ein bisschen Big Band gehört. Und dann mit 20 ist eben John Scofield cool geworden. Das hat sich halt nebenbei entwickelt, eben zum Biologiestudium.

Mit meinem Wechsel nach Wien ist musikalisch sehr viel passiert, weil ich da einfach an die richtigen Leute kommen bin. Mit Sicherheit war es aber Richard Graf, der mich auf den richtigen Weg gebracht hat – für mich zumindest richtig. Nachdem ich ein Jahr außerordentlich auf dem Schubert Konservatorium war, hat sich immer mehr herauskristallisiert, dass ich in kurzer Zeit relativ viel weiterbringe, was dann natürlich auch dazu führt, dass es immer mehr Spaß macht. Die Biologie ist zwar superinteressant, aber während der Diplomarbeit, bin ich immer mehr draufgekommen, dass es eben eine ganz normale Arbeit ist. Du gehst in der Früh zu deinem Job und am Abend nach Hause. Mehr war es für mich nicht. Und wenn dich etwas nicht mehr wirklich berührt, ist es auch nicht das Richtige. Daneben ist die Musik dann auch schon sehr gut angelaufen, was mich in meiner Entscheidung bestärkte, es gescheit zu machen. Recht anstrengend gestaltete sich dieses Mörderjahr mit der täglichen Krebsforschung an der Uni. Ich bin jeden Tag um sechs aufgestanden, um zu üben, den Rest des Tages habe ich dann im Labor verbracht, bevor es wieder nach Hause ging, um weiter zu üben.

Was waren eigentlich dein Antrieb Musik zu machen. Woher kommen deine Einflüsse?
Der Grund warum ich überhaupt angefangen habe, Gitarre zu spielen, war Metallica, wofür ich ihnen nach wie vor sehr dankbar bin. Dann ist es eben über die Bigband Schiene in Richtung Jazz gegangen. Besonders geprägt haben micht John Scofield mit “Überjam” sowie die gesamte Fusion und Funk-Partie. In Folge ist es halt von einem zum nächsten gegangen. Ich hab mir die “Kind of Blue” gekauft, Miles Davis gehört, dann hat man sich halt, beginnend ab den vierziger Jahren quer durch die Jazzgeschichte gearbeitet. Ein paar Monate mit dem Fokus auf diesen Bereich, ein paar Monate auf einen anderen. Im Moment ist es zum Beispiel Canonball Elderly, der mir irrsinnig taugt, aber auch Wayne Shorter. Monk hat mir eine Zeitlang sehr getaugt und ja, die Schwerpunkte verlagern sich im Laufe der Zeit. Aber als Eckpfeiler kann man sagen zuerst Metallica, dann John Scofield und dann diverse Saxophonisten.

Mir ist bei deinem letzten Konzert aufgefallen, so richtig traditionell klingt eure Musik nicht. Es ist schon eine sehr eigene Schiene, die du mit deiner Band fährst. Wenn ich da nur an deinen Gitarrensound denke.
Natürlich versucht man mit seiner Musik eine eigene Sprache und eigene Stimme zu finden, und wenn du das so gehört hast, freut es mich natürlich. Aber ich finde, dass die Tradition trotzdem sehr wichtig ist und so spielt sie auch bei mir eine große Rolle. Genauso wie Miles Davis, der, so modern er auch geklungen hat, zum Beispiel einen Frank Sinatra sehr hochgeschätzt hat. Und was er über Frasierung gelernt hat, hat er von Frank Sinatra. Bei uns ist es eben so, dass wir die Tradition zwar alle sehr schätzen, aber wir versuchen eben die Musik auch immer weiter zu treiben. Ich finde, dass dies auch ein ganz wesentliches Merkmal vom Jazz ist, dass man wenn möglich, die Musik die man macht, immer versucht weiter zu entwickeln, immer versucht neue Sachen auszuprobieren und sich eben nicht entmutigen lässt. Ist heutzutage eh schon schwer genug, weil es gibt ja heute inzwischen schon so viele Elektroniker und Jazzer, die alles Mögliche ausprobieren. Klanginstallationen usw. Da stellt sich natürlich die Frage: “Ist das noch Jazz, ist das schon was anderes?” Ich finde, ein Eckpfeiler des Jazz ist immer die Improvisation und die kommt bei uns sicher nicht zu kurz. Und sonst versuchen wir eben vom Sound und von der Komposition der Nummern her, einen modernen Weg zu gehen.

Was hältst du in diesem Zusammenhang von der Jazzwerkstatt Wien. Ist das noch Jazz, was manche MusikerInnen dort machen?
Zu aller erst ist die Jazzwerkstatt super. Für die jungen Jazzer eine total klasse Geschichte, schon alleine deswegen, weil der Verein auch internationales Aufsehen erregt. Ich finde es einen guten Weg, der zudem die Leute wachrüttelt und sie auf den Jazz aufmerksam macht.

Wie findest du überhaupt die Rolle der österreichischen Jazzer, jetzt nicht nur auf Wien begrenzt, im europäischen oder sogar weltweiten Kontext.
Ich finde in Österreich gibt es wirklich herausragende Jazzmusiker, die überhaupt keinen internationalen Vergleich zu scheuen brauchen. Wenn man sich Leute wie Wolfgang Puschnig oder Peter Herbert ansieht. Aber auch die jüngere Liga zeigt, dass sie es kann. Da kommt viel nach. Da muss man sich überhaupt keine Sorgen machen. Die kommen da locker mit.

Du hast mir auch erzählt, dass du in wenigen Wochen auf das Berkeley College of Music in die USA gehst. Wie bist du dazu gekommen und was sind deine Erwartungen. Wie sieht überhaupt dein bisheriger Ausbildungsweg aus?
Richard Graf  war derjenige, der meinen Willen auf den Jazz gebracht hat. Er selber war ja auch in Berkeley. Ein hervorragender Musiker, der auch ein enorm breites harmonisches Wissen hat. Von dem habe ich eine sehr fundierte Ausbildung bekommen. Mein erstes Konservatorium war das Franz Schubert Konservatorium. Da war ich aber nicht so wirklich glücklich. Aus diesem Grund bin dann aber auf das VMI gewechselt. Und natürlich wegen der ausgezeichneten Gitarrenlehre, die es dort gibt. Die Leute dort haben mir sehr viel weiter geholfen. Der Konrad Schwenk, der Peter Rom, der Thomas Palme, der Andy Manndorff und auch der Chef Ernst Ritsch. Da gibt es wirklich einen Haufen Leute, die einfach super sind. Mir haben sie alle sehr viel zeigen können. Schöne ist, dass man da zu allen Lehrern dazukommt und von jedem kann man sich irgendetwas holen, das einen weiter bringt. Bei mir waren es vor allem Peter Rom und Konrad Schwenk, die mir am meisten geholfen haben. Peter Rom war selber in Berkeley.

Und der hat dich wahrscheinlich auch auf Berkeley gebracht.
Peter, den ich schon ganz am Anfang meines Studiums gehabt habe, hat schon recht früh darüber erzählt. Das hat sich zwar alles super angehört, ich habe aber damals nicht gedacht, dass es sich für mich einmal ausgehen könnte. Ich war ja so eine Art Quereinsteiger im Jazz und habe mich daher natürlich gefragt, wie sich das für mich ausgehen sollte. Es war dann gar nicht so viel später, da war ich auf einem Seminar in Perugia, bei diesen Berkeley Summer Clinics. Und im Zuge dieses Seminars werden auch Stipendien vergeben. Zu dieser Zeit war ich gerade am Ende meines Biologie Studiums, war vollkommen entspannt und wollt eigentlich nur Spielen. Nach zwei Wochen hat es auf einmal geheißen: “Da, hier du hast ein Stipendium”. So kann es eben gehen. War natürlich ein super Moment für mich. Von da an ist es eben konkret geworden und ich habe mir gedacht, es könnte mit Berkeley doch noch etwas werden. Und wie gesagt, in zwei Wochen geht es hinüber und im September geht es los.

 

 

Wie lang bleibst du in den USA?
Wie lange ich drüben bleibe, weiß ich noch nicht ganz genau. Eigentlich habe ich einmal zwei Jahre vor. Die Organisation war doch sehr mühsam, mit dem Visum und der Anmeldung für das College.

Ich hab gehört du reist mit dem Schiff..
Ja, den Spaß mach ich mir. Ich habe mir einfach gedacht, es ist so viel Gepäck und mit dem Flugzeug wäre das alles recht mühsam. Und im Moment hätte ich auch die Zeit dazu. Im Internet hab ich dann entdeckt, dass es die Möglichkeit, mit dem Schiff zu reisen, gibt. Preislich ist es auch ganz okay. Ich meine, acht Passagiere und zwei Wochen Urlaub, was will man mehr. Vor allem nach dem Akt mit der CD, dem Kons-Abschluss und der ganzen Organisation passt das eh perfekt.

Du hast gerade deine CD erwähnt. Wie lange hat die Produktion gedauert. Und ist es überhaupt deine erste CD?
Die erste unter meinem eigenen Namen, ja. Die erste auf der ich die Nummern selber geschrieben habe. Produziert habe ich sie ja selber. Was das alles anbelangt, ist es in der Tat meine erste CD. Eigentlich haben wir überhaupt nicht lange gebraucht, weil wir die Zeit dafür eigentlich gar nicht gehabt haben. Wie gesagt, kurz vor der CD hatten wir noch einen Bassistenwechsel, dann haben wir zwei Mal geprobt. Danach ist es auch schon losgegangen. Wir waren mit Raphael (Preuschl) insgesamt nur zwei Tage im Studio. Das war im März. Dann haben wir mit dem Martin Eberle und Herbert Pirker noch eine Nummer aufgenommen. Da war der Raphael schon gar nicht dabei, weil er so sehr mit anderen Terminen eingedeckt war. Den Track haben wir in Wien eingespielt, nach Oberösterreich mitgenommen und dort hat er seinen Part schließlich dazugespielt. Somit war das Ding dann auch schon fast fertig. Danach haben wir geschaut, dass auch die übrigen Dinge wie das Mischen und Mastern und das Cover Design möglichst schnell über die Bühne gehen. Und genau einen Tag vor der CD-Präsentation war schließlich alles fertig und die CD ist direkt in die Sargfabrik zugestellt worden. Es ist sich haarscharf ausgegangen. Aber auch Peter Guschelbauer, das ist mein Labelchef, hat uns immer unterstützt und hat organisatorisch alles so umgesetzt, dass sich alles ausgegangen ist.

Bis du sonst noch in anderen Projekten involviert?
Ja, immer wieder. Es hat einmal ein Jam-Band von mir gegeben, mit wechselnden Mitgliedern. Die hat Forellen-Weitwurf geheißen. Das Projekt war aber mehr eine Möglichkeit, einfach drin zu bleiben, die Gelegenheit, mit verschiedensten Musikern zusammen zu arbeiten. Mit dem Alfred Beck Quartett habe ich auch eine Zeitlang gespielt. Letztes Jahr hatte ich auch noch ein Projekt mit dem Allegre Correa, mit dem ich einige Songs entwickelt habe. Am Ende ist es sich für mich aber zeitlich nicht mehr ausgegangen. Wir haben zwar einige wirklich schöne Stücke geschrieben, auch einige wirklich gute Leute waren dabei. Insgesamt aber ist es ein wenig zu langsam gegangen und Amerika ist auch immer näher gekommen. So habe ich schließlich gesagt: “Macht lieber ohne mich weiter.” Aber es war schon cool, einmal mit Allegre zusammenarbeiten zu dürfen. Der hat soviel Erfahrung und man kann wirklich eine Menge von ihm lernen. Zudem ist er ein wirklich angenehmer Mensch. Eine Zeitlang habe ich mich auch mit Elektronik beschäftigt. Der Grund war aber mehr, dass ich meine Synthesizer einmal besser kennen lernen und ein bisschen mit Sounds experimentieren wollte. Das war auch ganz interessant.

Jetzt wo du in die USA gehst. Was sind deine Erwartungen?
Nachdem ich jetzt unglaublich viel Zeit für Organisation und ähnliche Dinge aufgewendet habe, will ich jetzt einmal wieder an mir arbeiten. Ich habe wirklich viel vor. Ich habe mich richtig mit Lektüre eingedeckt, die ich mir in nächster Zeit zu Gemüte führen werde. Mit dem Konrad Schrenk habe ich auch schon einige Sachen besprochen und einige Konzepte erstellt, was ich mir in den nächsten Monaten oder im kommenden Jahr aneignen möchte. Das sind einmal die Ziele für die nähere Zukunft. Natürlich will ich auch versuchen, in Berkeley mit möglichst guten Leuten zu spielen. Es ist für mich immer ein Antrieb, wenn meine Mitmusiker sehr gut sind. Das motiviert mich immer zusätzlich. Deswegen hoffe ich auch, drüben auf wirklich gute Leute zu treffen.

Mein Schlagzeuger Michael Khin geht ja ebenfalls mit nach Berkeley. Dort planen wir auf jeden Fall ein Jazz Trio. Musikalisch eher in einer traditionelleren Richtung angesiedelt. Schon irgendwie modern, aber vom Sound her sicher um einiges traditioneller als das, was wir hier gemacht haben. Da sollen nicht massiv Effekte eingesetzt werden, insgesamt soll es eher in eine gediegenere Richtung gehen. So wie etwa Adam Rogers.

Weil du vorher Metallica erwähnt hast. Spielt das noch irgendeine Rolle? Wie sind überhaupt deine Hörgewohnheiten abseits des Jazz?
Ich höre eigentlich fast alles. Vom Spielen her würde ich nicht sagen, dass mich Metallica heute noch sehr beeinflussen. Die Musik gibt für das, was ich jetzt mache, nicht das her, was ich brauch. Wenn ich noch Rock spielen würde, wäre der eine oder andere Song sicher dabei. Obwohl ich mir da heute andere Leute wie etwa Steve Vai mehr anschauen würde. Aber wie gesagt, Metallica haben eine sehr große Rolle gespielt, jetzt aber weniger. Ich höre sie mir noch ab und zu einmal an, aber nicht mehr allzu oft. Vielleicht auf einer Party mit einem Bierchen dazu. Da schwelgt man zwar in manch schönen Erinnerungen, aber mehr ist es nicht. Im Moment ist eben Cannonball Elderly ganz oben auf der Speiseliste.

Zum Abschluss noch. Im Moment läuft ja das Jazzfest Wien. Gibt es ein Konzert, das du auf keinen Fall verpassen willst.
Einen Musiker den ich leider versäumt habe, war Charles Lloyd, den ich unglaublich super finde. Nachdem ich im Moment aber so sehr eingedeckt bin, habe ich für nichts Zeit. Ich muss jeden Tag für die Abschlusskonzerte vom Studium proben. Es gibt wirklich super Konzerte, aber heuer leider nicht für mich.

Danke für das Gespräch.

 

 

 

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