Zwei CDs und zwei Bücher innerhalb von drei Jahren: Der Schriftsteller und Sänger ALFRED GOUBRAN ist zurzeit fleißig am Veröffentlichen. Mit Jürgen Plank sprach er über die Themen seiner aktuellen CD „Irrlicht“, die Arbeit im Studio und darüber, was ihn am Chanson interessiert.
Was verbindet die aktuellen Lieder auf Ihrer CD „Irrlicht“?
Alfred Goubran: Die CD ist innerhalb von zwei Jahren entstanden. Es gab immer Anlässe, um Songs zu schreiben. Zum Beispiel gab es einen Auftrag von der neuenbühnevillach, drei Songs zu schreiben. Manche Lieder entstanden auch kurz vor der Aufnahme und es gab die Musik und den Text noch nicht – das ist auch passiert. Einmal haben wir etwas total umgestellt und ein Lied erst im Studio aus einer anderen Nummer zusammengebaut.
Wie arbeiten Sie im Studio?
Alfred Goubran: Ich habe mit Stefan Deisenberger schon eine eigene Art, im Studio zu arbeiten. Ich nehme das Lied zunächst mit akustischer Gitarre auf und dann beginnt die Arbeit. Das ist ein sehr intuitiver Prozess. Sehr inspirierend, auch mit viel Leerlauf. Wenn etwas nicht klappt, hat jeder eine halbe Stunde oder eine Stunde für seinen Blödsinn. Weil ich ja nicht so viel E-Gitarre spiele, brauche ich mal eine Stunde, bis ich mir die Klischees herausgespielt habe und etwas Eigenes kommt.
Auf der CD haben Sie auch einen Text von Heinrich Heine vertont, wie kam es dazu?
Alfred Goubran: Ich bin ja immer ein wenig allergisch bei so einem Namen wie Heine. Vor allem ist es ein gewisser Schlag Damen aus der Hochkultur, der Heine schätzt. Ich bin diesem Gedicht einfach begegnet und das Lied war sofort da. Es hat eine hohe Relevanz, es verändert sich, wenn ich es live spiele. Das kommt bei den Leuten gut an, auch bei den Kindern: Es gibt viele Eltern, die mir erzählen, dass ihnen ihre Kinder das Lied vorsingen.
Wie passiert die Live-Umsetzung?
Alfred Goubran: Aus Kostengründen spiele ich live solo oder im Duo. Ich mag es nicht, dass Leute, die meine Musik spielen – und das sind hervorragende Musikerinnen und Musiker –, um 50 oder 100 Euro spielen. Das ist bei einer Band, die alles gemeinsam macht, etwas anderes. Das kann man aber niemandem zumuten und dann trete ich eben allein auf.
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Wie war die Zusammenarbeit mit dem Cellisten Lukas Lauermann?
Alfred Goubran: Lukas ist für mich ein echter Glücksfall. Von der Disziplin her, von der Inspiration, vom Fingerspitzengefühl, das er hat. Er ist sehr achtsam, sehr sorgsam. Es ist ja oft so, dass sich Leute, die sehr viel können, in den Vordergrund stellen. Aber er hat immer einen Blick aufs Ganze und deshalb ist die Arbeit mit ihm sehr einfach. Das Lied „Der Tod der schönsten Stunde“ haben wir in drei Stunden aufgenommen. Er ist in dieser Szene einer der wenigen, die eine klassische Ausbildung haben. Das ist ein ganz anderes Gehaltensein, das hat man nicht mit drei Akkorden von Bob-Dylan-Songs. Das ist einfach eine Sicherheit, die einen auch trägt. Lauermann hat ein Fundament, das ich sehr schätze und das – aber das sind nur Vermutungen – mit meiner Strenge beim Schreiben korrespondiert.
Wie sieht diese Strenge aus?
Alfred Goubran: Bei der Musik bin ich sehr locker und zur Improvisation neigend, aber beim Schreiben bin ich sehr streng. Da sind mir Rhythmus und Komposition ganz wichtig, die Stimmigkeit der Bilder, da bin ich sehr genau.
Im Stück „So bin ich erzogen“ heißt es: „Ich bin zum katholischen Glauben, zum Grüßen und Beten erzogen.“ Was war der Ansatz zu diesem Lied?
Alfred Goubran: Mich interessiert Prägung sehr. Ich finde es immer sehr amüsant, wenn jemand sagt, er sei Atheist. Denn wenn man zum Beispiel katholisch aufgewachsen ist, kann man sich diese Bilder und auch die Botschaften und Wertigkeiten, die durch die Bilder in einen hineingelegt wurden, nicht einfach herausreißen. Das sind Dinge, die sind eingewachsen, die sind eingebaut. Das war eines der Lieder für die neuebühnevillach, für ein Stück von Gerhard Kofler. Da ging es eben um die Frage: „Wo komme ich her?“
„Man muss auch etwas zulassen. Man weiß nicht immer alles.“
Das Lied „Wo hast du gespielt, kleiner Bruder?“ scheint sehr konkret zu sein, geht es da um Krieg?
Alfred Goubran: Ich weiß es nicht, das ist ein sehr unheimliches Lied, man weiß eigentlich nicht, wer angesprochen ist. Ob das jetzt ein Opfer ist oder ein Täter. Mir ist der Song sehr unheimlich. Man muss auch oft etwas zulassen. Man weiß nicht immer alles. Für mich ist der Song stimmig, er lebt auch davon, dass er so vieldeutig ist. Dieser Ruf in die Weite, das ist ein Mittelding zwischen Opfer und Täter.
Sie haben innerhalb kürzester Zeit zwei Bücher und zwei CDs veröffentlicht. Sind Sie gerade am Durchstarten, wie erleben Sie diese Phase selbst?
Alfred Goubran: Bis 2006 habe ich noch für den Verlag [„edition selene“; Anm.] Programm gemacht, danach habe ich das Lager abverkauft. Ich habe einfach sehr viel Material. Im Herbst kommt ein Gedichtband heraus. Das kommt jetzt einfach alles an die Oberfläche, und das wird noch eine Zeit lang so weitergehen. Aber ich bastle noch immer am Fundament, das ist bei der Musik noch mehr der Fall als beim Schreiben, denn Literatur mache ich seit meinem 15. Lebensjahr, ich habe nur lange nichts veröffentlicht. Bei der Musik interessieren mich auch Arrangements und Harmonien. Da gab es einen Auslöser, ein David-Bowie-Tribute. Das war schon ein anderes Songwriting, das der machte.
„Seit André Heller ist das Chanson in Österreich ‚verkunstet‘, es hat einen komischen artifiziellen Touch, den ich für völlig verfehlt halte.“
Welche musikalischen Richtungen interessieren Sie noch?
Alfred Goubran: Mich interessiert auch das Chanson sehr. Seit André Heller ist das Chanson in Österreich „verkunstet“, es hat einen komischen artifiziellen Touch, den ich für völlig verfehlt halte. Denn wenn ich mir französische Chansoniers anschaue, dann sind das Dichtermenschen, die auch bei den kleinen Leuten sind. Dieses Affige gehört eher in den Schauspielbereich. Deshalb finde ich es gut, wenn Qualtinger Chansons singt: Man ist bei den Leuten, man singt für alle, auch in der Tradition von François Villon. Das vermisse ich im deutschsprachigen Raum.
Ist das Chanson vielleicht schon Ihr nächstes Projekt?
Alfred Goubran: Ja, vielleicht. Die erste CD – „Die Glut“ – ist ja von Gedichten ausgegangen, die ich dann mit Refrains zu Liedern gemacht habe. Die Lieder auf der zweiten CD sind von den Gedichten schon weit entfernt. Die Lieder sind einfacher, eine andere Art der Poesie. Mich würde es sehr reizen, eine Verbindung von Gedicht und Musik zu finden, eine Verbindung, die weder Singer-Songwriting noch Literatur und Musik ist. Das ist mir sehr verhasst. Es ist für mich das Schlimmste, wenn man Musik hört und jemand liest Gedichte dazu. Meine Lieder sind einfach: Strophe, Refrain, Strophe.
Danke für das Interview.
Jürgen Plank
Links:
Alfred Goubran
Konkord Records