„Mein Ziel war es, die Dinge so auf den Punkt zu bringen, wie ich wirklich bin.“ – GREGOR WESSELY (GREYSHADOW) im mica-Interview

Nach mehreren erfolgreichen Singles in den letzten Jahren veröffentlichte der Wiener Indie-Pop-Künstler GREGOR WESSELY, alias GREYSHADOW, nun endlich sein lang erwartetes Debütalbum „Unfulfilled Desires” (Greyshadow Records). Was die bereits zuvor veröffentlichten Nummern erahnen ließen, findet nun in diesem Album seine definitive Bestätigung: Hier ist ein Musiker am Werk, der es wirklich versteht, starke Popsongs mit hohem Ohrwurmcharakter und gleichzeitigem Tiefgang zu schreiben. Seine Songs vermögen zu unterhalten und gleichzeitig emotional zu berühren. Sie klingen zwar melancholisch, verströmen aber dennoch stets Hoffnung. Im Interview mit Michael Ternai erzählt GREGOR WESSELY von seiner Suche nach seinem eigenen Sound, den musikalischen Einflüssen, die ihn geprägt haben, und wie das Album die Erfüllung seines lang gehegten Traums darstellt.

Du hast in den vergangenen Jahren einige Singles veröffentlicht, die breiten Anklang gefunden haben. Mit „Unfulfilled Desires” erscheint nun dein Debüt. Welche Bedeutung misst du deinem Erstlingswerk zu?

Gregor Wessely: Es geht für mich ein großer Kindheitstraum in Erfüllung. Ich finde, das ist auch eine gute Parallele zum Albumtitel, denn gerade jetzt erfüllt sich mein “Desire”. Als Kind war es für mich immer etwas Besonderes, CDs zu hören und Vinyls zu besitzen. Diese aufzulegen, das Booklet zu durchstöbern und dabei das Album anzuhören, um mich voll und ganz in die Musik zu vertiefen. Daher war es schon immer mein Traum, selbst ein Album auf die Beine zu stellen. Bisher schien einfach nie der richtige Zeitpunkt dafür gekommen zu sein. Als wir das letzte Mal vor zwei Jahren gesprochen haben, hatte ich weder meinen eigenen Stil gefunden, noch die Songs geschrieben, die jetzt als Gesamtkonzept funktionieren können. Aber ab einem bestimmten Zeitpunkt, gegen Ende 2021, begann alles für mich Sinn zu ergeben. Das war ein Wendepunkt, an dem sich für mich der Eindruck bestätigte, dass ich auf dem richtigen Weg bin, den ich weiterverfolgen muss. Das Album bedeutet mir daher sehr viel. Es hat viel Zeit und Mühe gekostet. Jetzt hoffe ich, dass es irgendwo zündet.

Es ist ein sehr persönliches Album, was man auch im Booklet sehr schön erkennt, in dem nämlich sowohl deine Herkunftsort Wien in Bildern dokumentiert ist, wie auch Liverpool, dein musikalischer Traumort, zu dem du immer gelangen wolltest. Ich habe das Gefühl, dass diese beiden Orte auch die musikalische Klammer des Albums bilden.

Gregor Wessely: Das lässt sich, glaube ich, nicht leugnen. Inhaltlich handelt das Album von der Verarbeitung und Bewältigung von Problemen, von den Herausforderungen, die ich als Kind und Teenager hier in Wien erlebt habe. Die meisten Songs sind sehr introspektiv gestaltet. Sie stellen quasi das Spiegelbild meiner Gefühlswelt dar, die doch von einer gewissen Nachdenklichkeit geprägt ist. Daher tragen die Songs auch eine melancholische Note in sich. Es geht aber auch um Bewältigung und ganz klar um Hoffnung.
Gleichzeitig ist es auch eine Hommage an die Einflüsse, die mich in den letzten 29 Jahren geprägt haben. Und die kommen vor allem aus der britischen Ecke.MitLiverpool verbinde ich sehr viel. Inzwischen war ich ja schon vier Mal dort. Ich verknüpfe die Stadt irgendwie mit meinem musikalischen Ursprung. Daher hat es für mich auch Sinn gemacht, dass dieser Aspekt auf dem Debütalbum auch hervorsticht.

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Du hast vorher erwähnt, dass du jetzt seinen Sound gefunden hast. Und du hast auch die prägenden Einflüsse aus der britischen Ecke erwähnt. Dennoch, lauscht man sich durch das Album, fällt auf, dass es musikalisch dann doch noch etwas breiter abgeht. Mag das daran liegen, dass du eigentlich eher im Liedermacherbereich gestartet bist?

Gregor Wessely: Auf jeden Fall. Tatsächlich schreibe ich alle Songs an der Gitarre. Zwar habe ich eine Zeit lang versucht, das Songwriting auf anderen Instrumenten zu beginnen, aber letztendlich wurde mir klar, dass dieses Album ein Singer/Songwriter-Projekt ist. Ich habe erkannt, dass das Schreiben der Songs auf der Gitarre für mich am besten funktioniert. Auf diese Weise hat sich auch mein Stil herauskristallisiert. Ich habe einfach versucht, so ehrlich wie möglich zu sein und keine Experimente zu machen. Mein Ziel war es, die Dinge so auf den Punkt zu bringen, wie ich wirklich bin. Und das bin ich einfach mit einer akustischen Gitarre. Erst nachdem diese Grundlage gelegt ist, denke ich darüber nach, wie der Song produziert oder arrangiert werden soll.Ich glaube, dass genau diese Mischung aus meinen ganzen Gedanken und Vorstellungen auf der einen Seite und den ganzen Einflüssen auf der anderen, meine Natur als Singer/Songwriter ausmacht.

Ich kann mich erinnern, dass wir in unserem letzten Interview sehr viel über Perfektionismus gesprochen haben. Inwieweit ist der in deinem Schaffen immer noch bestimmend?

Gregor Wessely: Ich muss zugeben, dass sich an meinem Hang zum Perfektionismus nicht viel geändert hat. Der Perfektionismus gehört wie auch meine Ehrlichkeit einfach zu mir. Bei der Produktion dieses Albums haben wir auf jeden Fall sehr viele Dinge überarbeitet und intensiv daran gearbeitet. Nachdem wir die Songs dann zwei Wochen lang ruhen ließen und ich sie erneut anhörte, stellte ich fest, dass wir immer noch einige Änderungen vornehmen mussten. Mein Gedanke war wirklich, dass alles perfekt sein sollte, wenn ich ein Debütalbum veröffentliche. Schließlich möchte man die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und ich denke, das erreicht man heutzutage vor allem durch eine angemessene Produktion.
Ich bin mir aber bewusst, dass Kunst auch stets nur eine Momentaufnahme von etwas darstellt. Würde ich einen Song von meinem Debüt-Album in ein paar Jahren nochmals recorden, würde er wahrscheinlich eine ganz andere Bedeutung haben und daher auch ganz anders klingen. Ich habe auch gegen Ende des Album-Prozesses festgestellt, dass man irgendwann auch mal zu einem Schluss kommen muss. Aber natürlich man will alles richtig machen auf seinem Debüt.

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Greyshadow (c) Irina Gavrich

Ein Phänomen deiner Songs ist, dass sie sowohl im Mainstreamradio wie auch auf Alternative-Sendern gespielt werden. Das kommt nicht allzu oft vor. Wie erklärst du dir das?

Gregor Wessely: Ich denke, der Grund dafür liegt darin, dass ich Popmusik mache, die massenkompatibel ist. Daher passt manches meiner Songs sowohl ins Programm eines Mediums als auch in das eines anderen. Manchmal kann es auch vorkommen, dass ein Song von mir in keines der beiden Formate passt. Grundsätzlich strebe ich jedoch an, dass meine Musik auf Radiosendern gespielt werden kann, da sie diesen Anspruch und das Potenzial hat. Allerdings zwinge ich meine Musik nicht bewusst in Richtung eines bestimmten Radiosenders. Ich verfolge meine eigene künstlerische Vision, wobei ich jedoch im Hinterkopf behalte, dass die Songs radiofreundlich produziert werden sollen. Als Singer/Songwriter betone ich beispielsweise immer den Chorus, da ich dies für das wichtigste Element eines gelungenen, radiofreundlichen Songs halte. Trotzdem steht die Kunst immer im Vordergrund, und ich kreiere einen Song so, wie ich ihn persönlich für gut halte.

„Im Endeffekt ist Musik ja immer auch Austausch und es geht immer um Zusammenarbeit.“

Du bist jemand, der am liebsten eigentlich alleine arbeitet? Das Bandgefüge ist nicht so dein Ding, wenn ich mich richtig an unser erstes Interview erinnere. Dennoch, wie sieht es jetzt Jahre später aus? Wie sehr dürfen andere bei dir reinreden? 

Gregor Wessely: Live habe ich ja eine Band. Und da funktioniert es so, dass die Rollenverteilung ja klar definiert ist. Es ist klar, dass ich die Songs schreibe. Daher gibt es da auch keinerlei Probleme.
Im Endeffekt ist Musik ja immer auch Austausch und es geht immer um Zusammenarbeit. Das kann man ja auch gar nicht verhindern. Es gibt immer andere Leute, wie etwa Produzenten, mit denen man kollaboriert. Und ich kann mich schon an eine Situation erinnern, in der ich mich mit meinem Produzenten wegen unterschiedlicher Vorstellungen in die Haare bekommen haben. Aber da gilt es Kompromisse zu finden.Aber dieses Kompromissfinden, wie es bei einer Band notwendig ist, gibt es bei mir nicht. Und darüber bin ich froh.

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Du bist ja ein sehr zielstrebiger Kopf. Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man mit dir redet. War es für dich damals, als du gestartet hast, vorstellbar, dass deine Pläne tatsächlich aufgehen? Gab es diesen einen Zeitpunkt, an dem du gewusst hast, dass es jetzt läuft.

Gregor Wessely: Also diesen einen bestimmten Zeitpunkt hat es nicht gegeben. Es ist vielmehr so, dass erst jetzt alles für mich einen Sinn ergibt. Ich habe meinen Stil gefunden und die Songs finden ihren Anklang. Man kann sagen, dass ich erst jetzt wirklich weiß, wer ich bin und wo mein Platz ist. Auf der anderen Seite werde ich auch erst jetzt sehen, ob es sich gelohnt hat und sich ein Erfolg einstellen wird.Es ist ein steter Prozess, eine sich kontinuierlich fortsetzende Aufbauarbeit, ein schrittweises Herantasten. Jeder Release ist immer aus Neue ein Erarbeiten. Ich kann jetzt nicht sagen, dass irgendwann der Zeitpunkt da war, an dem plötzlich alles leichter von der Hand gegangen ist und alles funktioniert hat.

Das Album ist jetzt erschienen. Was liegt als nächstes an?

Gregor Wessely: Heuer spielen wir am 22. November noch im AREA in Wien. Im kommenden Frühjahr steht dann eine ausgiebige Tour durch Österreich und Deutschland an. Auf der werden wir das Album in einem größeren Rahmen promoten. Wir hoffen auch, dass wir Festivals spielen werden. Bis dahin werden wir aber sich noch die eine oder andere Single samt Video veröffentlichen.

Herzlichen Dank für das Interview!

Michael Ternai

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