Maja Osojnik: Pipi Langstrumpf des Ethno Jazz

Nach kooperativen Arbeiten mit dem Renaissancemusik-Ensemble Mikado, nach soundexperimentellen Arbeiten im Low Frequency Orchstra und Ausflügen in elektronische Noise Rock Sphären in der Formation Balkon nähert sich Maja Osojnik mit ihrem aktuellen Album neuen Räumen: jazzig melancholisch interpretierte slowenische Volkslieder sind es, die im Ambiente der World-Music angesiedelt, unter dem Titel “Oblaki so rdeci” – “Die Wolken sind rot” Anfang des Jahres erschienen. Am 28. April gastiert die 30 jährige Sängerin und Flötistin im Porgy&Bess, im Rahmen des vierten Balkan Fever.

Was Jazz anbelangt bin ich ja ein völliges Nackerbatzel, das Miles nicht von Davis unterscheiden kann. Die Zahl der nachweislich wunderbaren Jazzplatten die mich ratlos hinterlassen haben ist Legion. Umso schöner, wenn ich ein Album in die Hand bekomme, das mir nicht erneut meine Unzulänglichkeit beweist und mich Fach-/Krachidiot charmant abholt ohne laut o. ä. werden zu müssen. Dies hier ist so eines.Die in Wien lebende slowenische Musikerin hat sich als Blockflötistin, Sängerin und Elektronikerin in verschiedensten Projekten alter, neuer, experimenteller und heftiger Musik einen Namen gemacht. Nun legt sie auf ihrer Soloplatte Arrangements slowenischer Volkslieder für ihr Jazzquartett vor. Klingt jetzt nicht wie die Neuerfindung des Rades, ist aber eine äußerst spannende Sache, da “Oblaki so rdeci” weit über eine bloße “Verjazzung” von Folklore hinausgeht.

 

Denn die beiden Idiomatiken werden nicht krampfhaft verquickt, sondern in einen viel weiteren Rahmen gestellt. Experimentelles und Abstraktes haben Platz, Stücke machen unerwartete Kehrtwendungen, es wird wild, witzig und bissig. Zusammengehalten wird dieses Panoptikum durch die Qualität der Instrumentalisten und die Intelligenz der Arrangements, hauptsächlich aber durch Maja Osojniks Stimme, bei deren dunklem Timbre ich sowieso sofort schmelze. Ein vor Ideen schier platzendes Album, trotzdem unprätentiös und höchst unterhaltsam. Darauf jetzt ein Kokta! (Stephan Sperlich)

 

Fotos: Moritz Schell, Aljosa Korencan, Viktor Brazdil,
bzw. auf der Homepage der Künstlerin