Matthias Lieners musikalische Karriere begann als Sängerknabe in Wien. Mittlerweile produziert der interessante und eigensinnige Künstler sein Soloprojekt LIENER. Die erste Single „Rosen und Mohn“ erschien am 4. September 2020 und ist eine moderne, somnambule Liebeserklärung Wiens von Freud bis Falco.
Liener veranstaltet im Video der Debüt-Single „Rosen & Mohn“ eine musikalische Séance. Als Medium dient hier die verführerische, einst mit Falco verlobte, Caroline Perron. In einer spiritistischen Kontaktaufnahme via Festnetztelefon, versucht der omnipotente Schamane Liener die Geister aus dem Jenseits zum Tanzen zu bringen und ihnen Schuldbekenntnisse zu entlocken. Es wird mal wieder Zeit, das Böse heraufzubeschwören. Und zu sündigen. In Gedanken, Worten und Oktavparallelen. Trotz Lieners Engelschören steigt zunächst aber nur ein wenig Rauch auf den Plafonds. Hat der Teufel schon wieder Flugmodus an? Funkloch im Jenseits, oder ist das Medium schon durch?
„Bist du Deppat, Oida?“
Zeuge musikalischer Levitation wird man spätestens, wenn Liener im dritten Refrain zum hypnotisierenden Vocoder greift und die Angebeteten am Ende der Leitung wiederholt mit reichlich sündhaften Substanzen lockt. Klanglich gekonnt umgesetzt mit diabolisch programmierten synthetischen Synthesizern. Doch die Brüder und Schwestern träumen nur weiter in ihr Telefon. Ach, wäre man nur im Stande diese Träume zu deuten. Lieners Mimik verrät hier seine psychoanalytischen Fähigkeiten. Die virtuosen und musikalischen sind ohnehin hörbar.
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Unterdrückung der Triebe macht ja auch unnötig hysterisch. Sagte schon Freud. Also schnell heiraten diesen Matthias Liener. Zuerst aber auf allen sozialen Kanälen folgen. Denn hier wird sicher in baldiger Zukunft weiter ektoplasmatisches Songmaterial ausgespuckt und die Grenzen des Pop(sch) mit falcoeskem Okkultismus zu einem neuen transzendenten fruchtbaren Kult vermischt.
Man wird ohnehin nicht drum herumkommen, sich mit dieser bisher noch unbekannten Instanz zu befassen, und zukünftig seinen, nach Triebbefriedigung strebenden primären Bedürfnissen wie Schlaf, Hunger und Libido unterzuordnen.
Dominik Beyer