Zwischen Liebhaberei, Jagd- und Archivierungstrieb bedient Walter Robotkas Klanggalerie-Label Musikgeschmäcker abseits der Norm. Der Label-Katalog mag von internationalen Künstlern von Industrial bis Elektronik geprägt sein – doch Robotka fokussiert nun auch auf die Aufarbeitung des hiesigen Musikschaffens. Und stößt dabei auf große Resonanz. Von Johannes Luxner
Dass Walter Robotka ein Mann der Nische ist, zeigt sich nicht nur durch sein Label. Auch das Literarische ist im Leben des gebürtigen Wieners mehr als offensichtlich ein großes Thema. Mit dem in der Wiener Lindengasse beheimateten Kleinstladen Mord & Musik wird die gar nicht so abwegige Verschränkung der Interessen sehr deutlich. Robotkas Labelware ist hier ebenso erhältlich wie ausgewählte Bücher zwischen Krimi, Horror, Science Fiction und Fantasy. Trotz des Bedienens verschiedener Formate wird hier dennoch Homogenität versprüht. Und auch der Hang zu den vermehrt schattseitigen Dingen des Lebens dringt hier deutlich nach außen. Auch wenn Robotkas sprühender Elan in etwa das Gegenteil signalisiert.
Walter Robotka betreibt sein Klanggalerie-Label seit dem Jahr 1995, wobei es keineswegs seine erste Unternehmung in Hinsicht auf eine musikverlegerische Tätigkeit war. Mit dem Label Syntactic widmete er sich ab dem Jahr 1993 für fünf Jahre vorwiegend Industrial-Klängen in Form der Veröffentlichung von limitierten Vinyl-Singles inklusive handgemachter Coverartworks. „Das war paradoxerweise jene Zeit in der der Verkauf von Vinyl-Singles massiv zurück ging“, erzählt Robotka über die damaligen Rahmenbedingungen für ein solch gelagertes Label und nimmt damit bereits vorweg, dass seine musikalischen Ansätze weder Modeströmungen noch anderweitigem Trenddenken unterworfen sind: „Die Liebe zur Musik ist mein Hauptantrieb.” Ebenso unverschnörkelt beschreibt er die Philosophie hinter seiner Arbeit als Musikverleger: „Ich möchte genau das rausbringen, was ich mir selbst kaufen möchte.“
Deshalb gewährt ein Blick in den üppigen Backkatalog der Klanggalerie tiefe Einblicke in die musikalische Sozialisierung des Labelmachers, die vorwiegend in den Achtzigerjahren stattgefunden hat: „Es besteht zwar die Gefahr da und dort als hängengebliebener Opa wahrgenommen zu werden“, erzählt Robotka mit Humor in der Stimme und zementiert seine Unbeirrbarkeit was den eigenen Musikgeschmack betrifft: „Aber das ist mir wurscht. Ich mach das was mir selber Spaß macht.“
Die Güte des Angebotenen spricht auf jeden Fall für sich – auch wenn viele Klanggalerie-Veröffentlichungen längst vergriffen sind und teilweise für hohe Summen gehandelt werden. „Hibakusha“ von Organum – einst noch am Syntactic-Label veröffentlicht – geht gern mal um 300 Euro über den Ladentisch. Der Release einer 7-Inch-Single der einflussreichen britisch-amerikanischen Post-Industrial-Legende Psychic TV sticht ebenso aus dem Klanggalerie-Katalog wie etliche Veröffentlichungen der britischen Konstruktivists oder der Londoner Krach-Avantgardisten Nocturnal Emissions und auch Steven Stapletons Nurse With Wound.
Abstrakte Elektronik ist bei der Klanggalerie ebenso möglich wie längst in Vergessenheit geratene Bands, die noch weiter vom Massengeschmack entfernt sind: „Der aktuellste Release stammt von Mushroom’s Patience. Eine obskure italienische Rockband der frühen Neunziger Jahre. Das wird schwer zu verkaufen sein“, ist sich Robotka der Sperrigkeit von so manchem Release bewusst. Klar dass die klanggalerie`schen Erfolgsparameter keinen ökonomischen Hintergrund besitzen: „Die Auflagen bewegen sich um die 500 Stück. Klar strebe ich das Erreichen eines Break-even an. Aber allein eine Zusage für eine Veröffentlichung zu bekommen verschafft Glücksmomente. Ganz zu schweigen vom Gefühl wenn man das fertige Produkt erstmals in Händen hält.“
Dass die Auflagen dennoch meist ausverkauft sind liegt nicht zuletzt am gut organisierten internationalen Vertrieb. Klanggalerie-Produkte stoßen in ganz Europa ebenso auf ihre Hörer wie in den USA, aber auch in Japan verkauft sich die Ware aus Wien ausgezeichnet – eines der Hauptabnahmeländer Robotkas. Und dennoch hat sich im Selbstverständnis der Klanggalerie in den letzten Jahren viel geändert: „95 Prozent der Veröffentlichungen bestehen mittlerweile aus altem Material. Ich spiele jetzt vermehrt die Rolle eines Archivars“, erzählt der Labelchef, der nun auch vermehrt auf Releases österreichischer Künstler setzt. Zwar gab es in der Vergangenheit bereits Tonträger von Fetish 69, Wipeout, Das Fax Mattinger oder der Black Metal Band Cadaverous Condition. Doch erst der aufgefettete Re-Release des 1981 Albums Trust No Woman des Synthiepopprojekts Graf & Zyx brachte Robotka so richtig auf den Geschmack. Der auch in Japan gefragte Release zog eine Vertiefung in den Achtzigerjahre-Output aus Wien nach sich, die im vergangenen Jahr im Neonbeats-Sampler gipfelte.
In mühevoller Kleinarbeit wurden von Robotka Achtziger-Bands zwischen New Wave, NDW, Gothic oder Elektropop kompiliert. Hier tauchen Namen wie Passepartout, Karl Gott, Chuzpe, Collapsing New People oder Ronnie Rocket auf. Wobei dieser Sampler im Jahr 2011 viele Folgeprojekte nach sich zieht. In der Klanggalerie-Schublade warten Werkschauen von ebenso auf Neonbeats vertretenen Bands und Projekten wie Sternenstaub, Rassemenschen helfen armen Menschen, Westblock und Model D’oo auf eine baldige Veröffentlichung
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