Sechs der kreativsten Komponistinnen und Musikerinnen in Personalunion haben sich für das Projekt „whir“ gefunden, um die Ausdrucksmöglichkeiten der Musik in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen auszuloten. Das geschieht in einem vierteiligen Zyklus unter dem Titel „whir“, dem englischen Wort für summen, klingen, schwingen, das gemeinschaftliches Musizieren impliziert. Zugleich kann whir auch mit einem Augenzwinkern gelesen werden. Ist hier vielleicht ein Tippfehler passiert? Mit dabei JELENA POPRŽAN, VIOLA FALB, MELISSA COLEMAN, MARIA GSTÄTTNER, CLARA FRÜHSTÜCK, TERESA ROTHSCHOPF. Die Konzerte finden in den Vier Neuen Sälen des Wiener Musikvereins statt.
Whir, das sind (in der Reihenfolge ihres Auftretens):
Jelena Popržan, Gesang, Viola, Loops, Gläser, Zeug (Komposition)
Viola Falb, Saxophon (Komposition)
Melissa Coleman, Violoncello und Windrad (Komposition)
Maria Gstättner, Fagott und Stimme (Komposition)
Clara Frühstück, Klavier (Komposition)
Teresa Rotschopf, Stimme und Synthesizer (Komposition)
Die ersten drei Konzerte werden von jeweils zwei Musikerinnen gestaltet, den vierten, abschließenden Abend gestalten die sechs Musikerinnen gemeinsam.
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whir I
Freitag, 16. Oktober 2020
Mitwirkende
Jelena Popržan, Gesang, Viola, Loops, Gläser, Zeug (Komposition)
Viola Falb, Saxophon (Komposition)
Milos Todorovski, Akkordeon
Tomáš Novák, Violine
Programm
Jelena Popržan: Eine Hommage an Dichterinnen. Neuvertonung der Lyrik von Tamar Radzyner, Else Lasker-Schüler u.a.
Viola Falb: Invention (Uraufführung)
Jelena Popržan, in Novi Sad geborene Bratschistin, Sängerin, Komponistin und Wahlwienerin, widmet sich der Lyrik von Dichterinnen wie Tamar Radzyner und Else Lasker-Schüler. Man kennt sie als einfallsreiche und vielseitige Arrangeurin, Komponistin und Interpretin, die vor keiner Musiktradition zurückscheut. Ihre ersten zehn Bühnenjahre hat sie Bands wie Catch-Pop String-Strong, Sormeh und Madame Baheux gewidmet und für einige preisgekrönte Theaterproduktionen Musik komponiert. Jetzt kreiert sie ein Solo-Projekt, das sie um einige neuen Kompositionen, welche sie an diesem Abend präsentiert, bereichert. Eines ist sicher – Abwechslung und überraschende Wendungen dürfen erwartet werden, denn Jelena Popržan saugt sich den Nektar aus allen möglichen Genres und lässt ihre ureigene Mischung daraus gären.
Die Liebe zur Kammermusik, zur Improvisation und zur Interpretation hat mit Viola Falb, Tomáš Novák und Milos Todorovski drei Musiker aus unterschiedlichen Genres und Ländern zusammengeführt. Die zweite Konzerthälfte, die aus Viola Falbs Eigenkompositionen besteht, färbt die Komponistin stilistisch im Improvisationsspielraum mit jazzigem Einfluss, Tomáš Novák bringt eine intensive, langjährige klassische Kammermusikerfahrung und Musikantenpraxis ein, Milos Todorovski fügt etwas Balkan und ein umfangreiches Klangfarbenorchester hinzu. Das Ergebnis: Wunderschöne Balladen laden zum Schwelgen ein, auskomponierte Kammermusik lässt Raum für Virtuosität und Klangentwicklung, und Improvisationen nehmen den Zuhörer zum Prozess des Musik-Kreierens mit.
An diesem Abend werden Uraufführungen zu hören sein, da Viola Falb 2020 mit dem Staatsstipendium für Komposition des BKA bedacht wurde und im speziellen auch für dieses Projekt komponieren wollte.
whir II
Freitag, 11. Dezember 2020
Mitwirkende
Melissa Coleman, Violoncello und Windrad (Komposition)
Maria Gstättner, Fagott und Stimme (Komposition)
Martin Siewert, Gitarre und Synthesizer
David Christopher Panzl, Schlagwerk
Roman Britschgi, Elektronik und Bass
Programm
Melissa Coleman: INDIGO – Against the waves (Uraufführung)
Maria Gstättner: MERISHA (Uraufführung)
Ein genreübergreifendes musikalisches Werk, inspiriert von wahren Begebenheiten ist „Indigo“. Ein Taifun schlägt mit aller Wucht gegen die Küste von Paxos und Antipaxos südlich von Korfu, Griechenland, nachts von 7. auf 8. August 2015 und katapultiert einen 14 Meter langen Katamaran namens INDIGO mit 3 befreundeten Familien an Bord in Seenot. Eine unsichtbare, übermächtige Hand greift von tief unten im Meer und wirbelt die stille Wasseroberfläche auf. Indigo hebt sich über den Meeresspiegel und senkt sich wieder in einem ächzenden, turbulenten Rhythmus. Eine unerbittliche symphonische Klangkulisse von Wind und Wellen. Ein wildes Schaukeln, Reiben und Quetschen von Kunststoff gegen die Granitfelsen folgt. Es dauert fast 4 Stunden bis Rettung eintrifft. In der absoluten Dunkelheit breitet sich ein bodenloses Gefühl von Hilflosigkeit aus. Das Werk Indigo ist der Autorität der Natur und den daraus resultierenden menschlichen Emotionen in Extremsituationen gewidmet. Eine musikalische Bildsprache zwischen Elektronischen Klängen, Komposition und Improvisation schildert die Turbulenzen. Jedes einzelne Instrument übernimmt symbolisch die Reaktion der Betroffenen an Bord.
MERISHA – in der Hyle sind wir eins, Verlustängste der besonderen Art vertont Maria Gstättner. Zwillinge sieht man im Ultraschall bei ungefähr einer von vierzig Schwangerschaften im ersten Schwangerschaftsdrittel. Da aber einer der Feten häufig nicht überlebt, endet letztlich nur eine von ungefähr 80 Zwillingsschwangerschaften in einer Zwillingsgeburt. Viele Menschen haben so schon sehr früh ein Geschwisterchen verloren. Ein großer Teil der Betroffenen weiß gar nie etwas davon. Trotzdem können diese Menschen Verlustängste, Sehnsüchte etc. haben, die vordergründig nicht erklärbar sind. Musik lässt einen atmosphärischen Raum entstehen, indem Unverwortbares hörbar und spürbar wird. Das Werk Merisha ist der Versuch einer Verbindung von Welten, da und dort. In sieben Teilen ohne Pause entstehen durch die Musik emotionale Qualitäten, die als Berührungen, Gedanken und Dank hin zur Anderswelt verstanden werden können. Komposition wird von Improvisationen getragen, analoge Instrumente verbinden sich mit elektronischen Klängen und beats.
whir III
Mittwoch, 17. März 2021
Besetzung
Clara Frühstück, Klavier (Komposition)
Samuel Schaab, Elektronik
Brigitte Wilfing, choreographische Unterstützung
Teresa Rotschopf, Stimme und Synthesizer (Komposition)
Patrick Pulsinger, Modular Synthesizer and Elektronik
Martin Knorz, Modular Synthesizer, Moog, Rhodes
Motherdrum, Schlagwerk
Programm
Clara Frühstück: SCHWARZER PILOT/unravel positions – Eine performative Komposition, abseits von Konvention (Uraufführung)
Teresa Rotschopf: Open (Uraufführung)
Was wir hören ist Bewegung, beschreibt Clara Frühstück ihre Grundidee für dieses Konzert. Wenn durch Bewegung Klang entsteht, wenn man durch Klänge bewegt wird und durch das Hören, das Hineinfallen und Eintauchen in den schwebenden, verebbenden Klang ein Impuls zur nächsten Bewegung führt; wenn man alle Konventionen des klassischen Klavierspiels über Bord wirft, Positionen verändert und sich den gesamten Korpus des Pianos mit all seinen „Innereien“ einverleibt; wenn sich das Klavier und der menschliche Körper verbinden und beide durch die Bewegungen resonieren, Zeit und Rhythmus Nebenrollen spielen; wenn der Klavierklang mit feiner Elektronik erweitert wird, Frequenzen die Resonanz-Körper anregen und zum Schwingen bringen; wenn tonale Strukturen in unerwarteten Momenten aufgelöst und der Klang dort weitergetragen wird, wo er eigentlich endet; wenn Zeitlosigkeit den Raum berauscht; wenn man eintaucht in eine utopische Anders-Zeit und alle körperlichen und psychischen Kräfte mit einbezieht, die aus den intimsten Schichten des Seins und der Instinkte der Musizierenden hervortreten – dann wird der ganze Konzertsaal zu einem Körper. Der Besucher betrachtet und hört nicht nur, sondern erfährt sich im Inneren eines bewegten neuen Klang-Zeit-Raums.
Eine Moderne, die als Möglichkeit betrachtet wird, das Gelernte zu vergessen, ist Teresa Rotschopfs Ansatz für ihr Debütkonzert im Wiener Musikverein. Teresa Rotschopf begann ihre musikalische Karriere, abgesehen von Klavierunterricht im Kindesalter und Gesangsunterricht als Jugendliche, als Sängerin der Band Bunny Lake, mit der sie 2009 mit dem Amadeus Austrian Music Award ausgezeichnet wurde. Für dieses Konzert für den Musikverein arbeitet sie mit abstrakt futuristisch oszillierenden Klängen des Modular Synthesizers, die Maschinen werden mit Stimme und Schlagzeug zu einem irisierenden Soundteppich verwoben. Sie wollen von der Stille in das Leuchten und wieder zurückführen.
whir IV
Donnerstag, 6. Mai 2021
Mitwirkende
Jelena Popržan, Gesang, Viola, Loops, Gläser, Zeug (Komposition)
Melissa Coleman, Violoncello (Komposition)
Maria Gstättner, Fagott und Stimme (Komposition)
Viola Falb, Saxophon (Komposition)
Clara Frühstück, Klavier (Komposition)
Teresa Rotschopf, Stimme und Synthesizer (Komposition)
Programm
Nach drei Abenden, den jeweils zwei Komponistinnen gestaltet haben, treffen sich die sechs Musikerinnen im abschließenden Konzert zu einer Gemeinschaftsproduktion. Die sechs, das sind Melissa Coleman, Viola Falb, Clara Frühstück, Maria Gstättner, Jelena Popržan und Teresa Rotschopf. Sie alle sind sowohl Komponistinnen als auch Interpretinnen. Gemeinsam ist ihnen die Neugierde und Kreativität, sich immer neuen Herausforderungen zu stellen und neue, experimentelle Wege zu suchen, sowohl als Komponistin als auch als Interpretin. Zusammen spannen die sechs Musikerinnen einen weiten musikalischen Kosmos auf, in dem sie ihre jeweiligen Erfahrungen einbringen. Als aktive Musikerinnen sammeln sie ihre Erfahrungen aus der Interpretation eigener und fremder Werke, sie treten als Solistinnen wie auch in unterschiedlichen Ensembles auf, die die Bandbreite der Musik widerspiegeln. Oft verknüpfen sie Spiel mit anderen Kunstformen, wie Melissa Coleman mit Ulrich Rasches Produktion im Burgtheater, oder die auch als Intendantin fungierende Clara Frühstück mit Tanz. Ihrem Instrumentarium sind keine Grenzen gesetzt, wie Jelena Popržan mit „Zeug“ zeigt. In ihren Kompositionen, darunter Uraufführungen und Gemeinschaftswerke, werfen sie genreübergreifende Blicke in Richtung einer Universalität von Musik. Kooperation als Verbindung, als Hyle wird zum Manifest.
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Jelena Popržan
Melissa Coleman
Maria Gstättner
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Clara Frühstück
Teresa Rotschopf (Instagram)
Musikverein