Kompromisslose Freak-Show: Die Band HORST

HorstIn der steirischen Kabarett-Rockgruppe HORST grummeln eine kräftige Prise frühe EAV, die ausreichende Menge Drahdiwaberl und die nötige Portion Lokalidiom so lange vor sich hin, bis Energien sich schließlich entladen und Neues zutage fördern. Von Martin Macho

Dies ist die Geschichte von Horst. Ziemlich schwer tun wird er sich hinkünftig, ist Anpassungsbereitschaft die Formel zum Erfolg. Doch Halt! – Da muss man sich jetzt einmal gezielt auf die Finger klopfen, dauerndes Herummosern über die passgenaue Formatierung von Popmusikern ist abgelutscht bis zum Geht-nicht-mehr. Und überhaupt: Was ist Erfolg eigentlich? Airplay und PR bei Radiostationen, die aus der Maßschneiderung von Künstlern einen Geschäftszweig gemacht haben? Okay, mediale Omnipräsenz und ungebremstes Geldscheffeln mögen als Erfolgskriterien gelten. Aber wenn ich im Gegenzug dem Teufel meine Seele zum Fraß vorwerfen muss? Dann feixen fette Teufel auf der einen Seite – sie schlafen nie, hat man großes Glück, sieht man sie an die Wand gemalt hie und da, eh viel zu selten – und buckeln seelenlose Business-Zombies auf der anderen Seite. Reich vielleicht, aber deshalb gleich erfolgreich …?

Horst als freies Radikal

Der Horstl wollte keiner dieser Zombies sein, schon von Anfang an. Und er tat gut daran, sich den Mechanismen der Zurechtrichtung zu entziehen. Wichtig fürs Seelenwohl, eine ausufernde schizophrene Störung – im Kern freies Radikal, nach außen hin opportunistisch gefällig sein – ist so ziemlich das allerletzte, was Mario Lang (voc) aus St. Lorenzen im Mürztal, Lukas Maierhofer (g) aus der Veitsch, Wolfgang Breidler (bg), auch aus St. Lorenzen, Philipp Wilfinger (dr) aus Hartberg und Stefan Könighofer (g, kb) aus St.Kathrein am Hauenstein brauchten. Das Quintett übte sich in Vorsicht: „Wir waren 2014 bei der Puls 4-Castingshow Ein Herz für Österreich am Start. Da hätten wir sicher nicht mitgemacht“, betont Lukas Maierhofer die sich anerzogene Kompromisslosigkeit, „wenn wir uns hätten verbiegen müssen.“

In dieser Art tastete sich Horst, das entlarvende Spieglein zur Feldstudie über Heim und Heimat griffbereit in der Tasche, ab seiner Geburtsstunde 2012 in den österreichischen Popzirkus hinein. Sozialkritisch, mit Dialekttexten, musikalisch schwer zuordenbar. „Vielleicht ist es manchmal ein Fehler, dass wir uns keine Gedanken darüber machen, ob es die Leute interessiert“, meint Sänger Mario Lang. Als Viertplatzierter der dritten „Starmania“-Staffel einst knebelvertraglich den Narreteien des Staatsfunks ausgeliefert, weiß er nur zu gut, wie es andersrum gehen kann. Gesprengte Ketten drehen halt die Vorzeichen oft mehr als um. „Auch Live-Gigs sind schwierig zu organisieren, einfach weil wir mit unserer Musik nicht überall spielen können. Daher müssen wir Anfragen immer wieder absagen“, ergänzt er.

Horst als Defibrillator

Horsts 2014 erschienene Debüt-CD „Zurück zum Eisprung“ ist in Klang gekleidete Defibrillation, wenig zimperlich verabreicht er darauf den einen oder anderen (un-)anständigen Schockstoß. „Da Franz“ desavouiert da das unscheinbar-kreuzbrave Durchschnitts-Landei als Pädophilen, in „GIS“ vergnügt sich die LAP des literarischen Ichs mit dem Einheber der Rundfunkgebühren. Der gute Horstl ätzt die fadenscheinigen Fassaden des biederen Kleinbürgertums in periodisch wiederkehrenden Abständen songweise hinweg. Was er bloßlegt, ist freilich gleichfalls ätzend bis dorthinaus. „Es ist sicher nicht unsere Absicht, Songs zu schreiben, die nicht radiotauglich sind“, verneint Lukas Maierhofer den vorsätzlichen Selbstentzug. Beabsichtigt oder nicht: Horst taucht gelegentlich tief unter die Oberfläche des Normalo-Alltagstrottes.

Der O(berflächlichkeiten)R(und)F(unk) empfand eingedenk dieser Tiefenschürfung Unwohlsein, Platz 36 in den Ö3-Charts für „GIS“ wurde nicht einmal angesagt, geschweige denn, dass der Song Rotation erhielt. Aufmerksamkeit erlangte Horst anderswo: Der Grazer Radiosender Soundportal spielte ihn und auch in der „verrückten Stunde“ auf Antenne Steiermark war er vertreten. Der Song „Schlachtschussapparat“ hielt sich sogar über einige Wochen lang in den Soundportal-Charts, das Album „Zurück zum Eisprung“ verkaufte sich immerhin 1000 Mal.

Martin Macho

Foto Horst © wildatheart (Ralph König)

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