„Klassische Musik zu machen, hat mich nie befriedigt“ – STEPHANIE HACKER im mica-Porträt

Sehnsüchtig erwartet dürfen wir STEPHANIE HACKER nach einer kurzen Auszeit wieder auf den heimischen und internationalen Jazzbühnen begrüßen. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, die vielseitige Künstlerin einmal näher unter die Lupe zu nehmen, was eigentlich schon längst überfällig war. Von der österreichischen Jazzszene nicht mehr wegzudenken lässt STEPHANIE HACKER vor allem mit ihrer hochkarätig besetzten Band rund um ANDI TAUSCH, ROBERT JUKIC und CHRISTIAN SALFELLNER von sich hören. Aber da ist noch mehr …

Die frühen Jahre und Studium

Stephanie Hackers Weg zur Musik war praktisch von Anfang an vorgegeben. Von ihrem Vater, selbst ambitionierter Amateurmusiker, lernte sie früh die Musik kennen. Ihre Tante lehrte Stephanie Hacker bereits ab ihrem sechsten Lebensjahr Klavier und ihr Großvater brachte sie zur Violine. Mit zehn Jahren kam noch schließlich Gesang hinzu. Was ihre musikalische Sozialisation anbelangt, war Stephanie Hacker aus ihrem Elternhaus und Familienumfeld mit klassischer Musik vorbelastet. Mit Jazz kam sie erst mit 13 Jahren durch ihren Onkel in Berührung, der auch ihr neuer Klavierlehrer wurde. Die Liste der Musikschulen, in denen Stephanie Hacker Unterricht bekam, ist lang, je nachdem wo ein angesagter Chor oder das populärste Orchester zu Hause war oder die interessantesten LehrerInnen unterrichteten. So etwa in Traismauer, Krems, St. Pölten, Herzogenburg, Insersdorf oder Nussdorf.

Nach Abschluss der AHS-Matura am Piaristengymnasium Krems im Jahr 2000 startete Stephanie Hacker ihre musikalische Ausbildung am Schubert-Konservatorium Wien, wo sie Jazz-Gesang studierte. Bereits ein Jahr danach wechselte sie an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, um bei Alexander Rößler und Maria Bayer „Musikerziehung und Instrumentalmusikerziehung“ mit Schwerpunkt Klavier und Gesang zu studieren. 2003 kam noch das Studium in Instrumental- und Gesangspädagogik im Bereich des klassischen Klaviers bei Alexander Rößler sowie schließlich ab 2007 ihr Schwerpunkt in Jazz- und Popularmusik mit „Tasteninstrumenten der Popularmusik“ bei Heribert Kohlich hinzu. Bereits während ihrer Studienzeit begann Stephanie Hacker, im Musik- und Kulturverein in Nussdorf/Traisen (Niederösterreich) zu unterrichten. Ihre ersten Erfahrungen, Eindrücke und Fertigkeiten bündelte Stephanie Hacker in ihrem Debüt-Album „Sensibility“, das Ende 2011 veröffentlich wurde, gemeinsam mit Andi Tausch (Gitarre), Robert Jukic (Bass), Christian Salfellner (Schlagzeug) und Andi Steirer (Percussion).

Stephanie Hacker (c) Isabel Urban

Die Selbstfindung

Trotz intensiven Studiums blieb sich Stephanie Hacker einer Antwort auf die Frage „Was will ich wirklich machen?“ schuldig. „Zuerst dachte ich daran, eine Musical-Ausbildung anzugehen […], aber diesen Plan habe ich schnell verworfen.“ Klassische Musik allein sollte es dann auch nicht sein: „Ich liebe Debussy und Ravel und glaube auch, dass sich Einflüsse in meiner Musik finden. […] Klassische Musik zu machen, hat mich [aber] nie befriedigt.“ So richtig heimisch hat sich Stephanie Hacker jedoch erst gefühlt, nachdem sie begonnen hatte, eigene Musik zu schreiben. Eine wesentliche Rolle spielt dabei stets jener Musikstil, dem sie sich am ehesten verbunden fühlt und der ihr die Freiheit lässt, jedes Mal aufs Neue an die Musikstücke heranzugehen: der Jazz. Nach ihrem Studienabschluss 2011 wollte es Stephanie Hacker dann genau wissen und begab sich auf eigene Faust ins Zentrum des Jazzgeschehens, nach New York City. Ohne das schützende Auffangnetz ihrer Familie und FreundInnen war sie auf sich allein gestellt und unter Zugzwang, neue Kontakte zu knüpfen. Was sie auch tat. Innerhalb kürzester Zeit stellte Stephanie Hacker ein Konzert mit namhaften MusikerInnen der lokalen Jazzszene auf die Beine. Dem noch nicht genug: In den ersten fünf Wochen war ein Großteil der Songs für das neue Album „Cascade Effekt“ unter Dach und Fach, das sie mit Pete McCain (Gitarre), Dan Fabricatore (Bass) und Mark Ferber (Schlagzeug) 2012 einspielte. Seien es die pulsierende Musikszene, die Architektur, die Vielfalt an Ausstellungen und künstlerischem Output oder auch das multikulturelle Umfeld New Yorks: In jedem dieser Songs spiegeln sich andere Eindrücke ihres Aufenthalts wider. Live war Stephanie Hackers NYC Band im Herbst 2014 in Österreich und Deutschland im Rahmen einer Tour zu hören.

Zu ihrem Hauptprojekt gehört ohne Zweifel die bereits oben erwähnte und hochkarätig besetzte Stephanie Hacker Band mit Andi Tausch, Robert Jukic und Christian Salfellner. Hier kann sie all ihren Gefühlen – eingebettet in eine profunde Mischung aus klassischer Musik, Jazz, Pop und dem richtigen Schuss Groove – den gebührenden Ausdruck verleihen. Gleichzeitig bleibt aber auch viel Raum für Improvisation und spontane Interaktion, wobei stets der wichtigste Aspekt Stephanie Hackers Musik nicht aus den Augen gelassen wird: der Song an sich. Im Projekt Schneeweißchen & Hosenrot mit Julia Schreitl (Saxophon) widmet sich Stephanie Hacker dem weiten Feld der Easy-Swing- und der Latin-Musik, die sich unter anderem vorzüglich für entspannte Hintergrundmusik eignen und bei Unternehmensveranstaltungen, Hochzeiten, Geburtstagen und Feiern jeglicher Art hoch im Kurs stehen. Bei Stephies Song Salon im Wiener Jazzclub Zwe beschreitet Stephanie Hacker wiederum gänzlich andere Wege. Jeden ersten Montag im Monat werden mit einem ausgewählten Gast die Grenzen des Jazz auslotet. Bisher dabei waren u. a. Julia Noa Fischer, LanaIs, Lukas Lauermann, Anna Lang, Julia Schreitl, Kyrre Kvam, Lucia Leena und Patricia Ferrara. Mit ihren Formationen und natürlich auch solo ist Stephanie Hacker regelmäßig in Österreich, Deutschland, aber auch in New York und Tokio unterwegs.

Theater und mehr …

Neben ihrem Betätigungsfeld als Jazzmusikerin ist Stephanie Hacker bereits seit 2007 bei unterschiedlichen Theaterproduktionen wie etwa im Burgtheater, in der Wiener Taschenoper oder Theater der Jugend Wien tätig, schreibt Kindermusicals und arrangiert. Zu ihrem aktuellen Projekt zählt hier die Zusammenarbeit mit dem Open House Theatre, wo sie etwa im Stück „Izzy the Witch“ für die musikalische Komposition verantwortlich zeichnet. Ebenfalls in diesen Bereich einzuordnen ist Stephanie Hackers Kollaboration mit Julia Schreitl (diesmal aber am Piano) und der deutschen Schauspielerin und Autorin Josephine Ehlert, bei der Stücke von Bertolt Brecht, Kurt Weill und Hanns Eisler abwechselnd mit Lesungen von Bertolt Brechts Texten zum Besten gegeben werden.

Das nächste Mal zu sehen und zu hören ist Stephanie Hacker am 18. September 2015 im EGA in Wien. Und voraussichtlich ab Oktober dann wieder wie gewohnt jeden ersten Montag im Monat im Zwe bei Stephies Song Salon. Alle aktuellen Informationen zu ihren Projekten und Terminen finden Sie auf www.stephaniehacker.com. Reinschauen lohnt sich!

Georg Demcisin

Fotos Stephanie Hacker © Ines Hochgerner

http://www.stephaniehacker.com