Festival für zeitgenössische Musik Die Mischung von künstlerischen Arbeiten vor Ort mit international renommierten Produktionen stellt eines der Erfolgsrezepte des Tiroler Festivals für zeitgenössische Musik dar, das heuer vom 14.9 bis 30.9. stattfindet.
Der Länderschwerpunkt 2006 ist Tschechien, weitere Schwerpunkte sind dem österreichischen Komponisten Erich Urbanner (er wurde heuer 70 Jahre), dem Briten Benedict Mason und der Internationalen Ensemble Modern Akademie sowie der Lucerne Festival Academy und Pierre Boulez, der erstmals in Tirol dirigieren wird, gewidmet.
Tschechien und Martin Smolka
Mit Martin Smolka (*1959), der bei den Klangspuren auch persönlich zu Gast sein wird, steht einer der profiliertesten aber auch unkonventionellsten tschechischen Komponisten im Mittelpunkt des diesjährigen Länderschwerpunktes. Musik von ihm hört man beim Eröffnungskonzert des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck unter Beat Furrer (14.9.), bei der Pilgerwanderung am 17.9. mit einer Uraufführung durch den Lettischen Radio-Chor sowie am 25.9. im Schlagwerk-Konzert von Tomas Ondrusek. Neben Werken von Martin Smolka werden auch Stücke von Marek Kopelent sowie von jüngeren tschechischen Komponisten wie Martin Hybler, Hanus Barton, Miroslav Pudlak, Miroslav Srnka und Michal Neijtek vorgestellt.
Erich Urbanner
Erich Urbanner ist einer der großen Mentoren der österreichischen Musik, der eine fast unüberschaubare Zahl von Schülerinnen und Schülern unterschiedlichster Ausrichtung unterrichtet oder ausgebildet hat. Diese Weite spiegelt sich auch im eigenen Arbeiten wider. Der 27.9. ist Erich Urbanners Schaffen gewidmet, unter seiner Leitung bringt das Ensemble Wiener Collage (Akkordeon Alfred Melichar) Werke von ihm selbst (Duo für Akkordeon und Kontrabass, Konzert für Akkordeon und neun Instrumente) sowie neue Werke von Zdzislaw Wysocki und den Urbanner-SchülerInnen Bernd Richard Deutsch und Johanna Doderer zur Aufführung.
Internationale Ensemble Modern Akademie und Benedict Mason
Mitglieder des Ensemble Modern werden bei den Klangspuren Schwaz bereits zum 3. Mal Meisterkurse geben. Neben der Realisierung eines “klassischen” Meisterkurses zu Spitzenwerken der Musik des 20. Jahrhunderts (Abschlusskonzert in der Fleckviehversteigerungshalle Rotholz am 26.9. mit Kompositionen von Harrison Birtwistle, Galina Ustwolskaja, Steve Reich u. a.) steht die ca. 85-minütige Komposition “felt|ebb|thus|brink|here|array|telling” von dem Briten Benedict Mason auf dem Programm (24.9. Tennishalle Schwaz). Dieses Werk, in dem auch eigens dafür konzipierte und gebaute Instrumente zum Einsatz kommen, hatte bei den Donaueschinger Musiktagen 2004 einen geradezu sensationellen Erfolg gehabt und durch sein vom Physikalischen kommendes raumakustisches Ortungsverfahren größte Aufmerksamkeit erzielt.
Lucerne Festival Academy und Pierre Boulez
In zwei Programmen bespielt die Lucerne Festival Academy Akademie zwei ganz unterschiedliche Klangwelten. Im Konzert der Lucerne Percussion Group am 15.9. unter der Leitung von Michel Cerutti lassen 12 Schlagzeuger in Werken von Philippe Schoeller, Yan Maresz, Dai Fujikura u. a. ihr riesiges Instrumentarium erklingen. Das Konzert des Lucerne Festival Academy Orchestra and Vocalists unter der Leitung von Pierre Boulez und mit der Mezzospranistin Luisa Castellani öffnet ein großes musikgeschichtliches Zeitfenster: von Schönberg, Webern über Berio, Boulez bis zu Matthias Pintscher kann man gewissermaßen von einem ins andere Werk bis ins 21. Jahrhundert hinüberhören (16.9. Tiroler Landestheater, Großes Haus).
Eine Pilgerwanderung (17.9.) führt über den historischen Inntal-Abschnitt des Jakobswegs; auf den einzelnen Stationen werden vom Lettischen Radio-Chor Stücke geboten, die den spirituellen Aspekten des Pilgerns nachgehen. In der Stiftskirche Fiecht, beschließt ein Konzert mit Werken von Santa Ratniece, György Ligeti, Martins Vilums, Anne Boyd, Peteris Vasks und einer Uraufführung von Martin Smolka den Tag. Die Militärmusik Vorarlberg (Leitung: Karl Gamper) gastiert mit Werken von Üstün Murat (Türkei), Jorge Sánchez-Chiong, Eduard Demetz, Peter Eötvös und Charles Ives (22.9. FoRum, Rum). Nord- und Südtiroler Komponisten und Interpreten kommen nach bewährtem Konzept bei den Klangspuren immer besonders zum Zug. Heuer sind es zum Beispiel Paul Engel, Günther Andergassen und Felix Resch; Gunter Schneider und Barbara Romen interpretieren Kassian Erharts interaktive Klangschalen, das Ensemble Windkraft spielt Werke von Haimo Wisser (20.9. Swarovski Kristallwelten, Wattens). Anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Südtiroler Künstlerbundes wird das Tiroler Kammerorchester InnStrumenti unter Gerhard Sammer neben Werner Pirchners Soirée Tyrolienne Arbeiten der Südtiroler Komponisten Eduard Demetz, Felix Resch und Hubert Stuppner uraufführen. (21.9. Kirche St. Martin, Schwaz). Ein weiterer Höhepunkt mit Tiroler Interpreten ist das Konzert der Swarovski Musik Wattens (Leitung: Franz Schieferer) mit Camille Saint-Saëns’ Karneval der Tiere (29.9., ORF Tirol Kulturhaus, Innsbruck).
Lehrlinge, Schüler, Kinder: Das Lehrlingsprojekt STILLSTAND bietet eine Theater/Musik-Performance, die am 29. September zu sehen und zu hören sein wird, ein Schulprojekt ermöglicht Schülern Zutritt zu Proben und Konzerten und zum zweiten Mal findet das Kinderfestival Klangspuren barfuß statt (29.9.-1.10.). Ein Literaturschwerpunkt präsentiert Jáchym Topol (geb. 1962), einen Star des literarischen und musikalischen Undergrounds vor 1989 (25.9.) und den Architekten, Architekturkritiker und Schriftsteller Friedrich Achleitner (19.9.). Im Rabalderhaus Schwaz ist Hans Tesar die Ausstellung Notat Objekt Text (Eröffnung: 12.9.) gewidmet.
Auftragswerke/Uraufführungen:
Paul Engel: Korrelation II für Chor und Orchester (14.9.)
Erin Gee: Mouthpieces I, II, IV, VII – choir version (17.9.)
Santa Ratniece: Saline (17.9.)
Martin Smolka: Slone i smunte (17.9.)
Michael Nejtek: Frame Dreams (20.9.)
Hubert Stuppner: Der treue Troubadour (21.9.)
Eduard Demetz: silent foot (21.9.)
Felix Resch: TransParent (21.9.)
Murat Üstün: Membran – eine Trennschicht, eine dünne Haut (22.9.)
Eduard Demetz: Primordiale für Blechbläser und Percussion (22.9.)
Jorge Sánchez-Chiong: trapos / Sexy Pony & Civil Disobedience für Turntables und Militärmusik (22.9.)
Hanus Barton: Ohne Regeln – eine Partie für zwei Instrumentengruppen (23.9.)
Marek Kopelent: “——– —- — – 8421” für Kammerensemble (23.9)
Martin Hybler: Oligarch – Globalisateur (23.9.)
Miroslav Pudlak: Babel Dances (23.9.)
Zdzislaw Wysocki: Etüde op 65/24 für Akkordeon und Kontrabass, Etüde op. 65/18 für Flöte, Klarinette und Viola (24.9.)
Bernd Richard Deutsch: Variationen für Klarinette, Akkordeon, Violine, Viola und Kontrabass (Erich Urbanner zum 70. Geburtstag gewidmet) (24.9.)
Johanna Doderer: Für Akkordeon und Streicher 1, Erich Urbanner gewidmet (24.9.) Elisabeth Schimana: Schimana on Tesar (28.9.)
Erin Gee: Mouthpiece IX (30.9.)
Joanna Wozny: loses (30.9.)
Fotos: Pierre Boulez und Lucerne Festival Orchestra and Vocalists (Foto: Lucerne Festival) (1) Martin Smolka (Foto: privat)
Link:
Klangspuren Schwaz