Die vom Salzburger Experimentalmusiker und Klangkünstler WERNER RADITSCHNIG initiierte Reihe „Klangraum Kollegienkirche“ hat am Donnerstag, dem 6. Juli 2023 den Komponisten und Soundartist ARNOLD HABERL aka NOID zu Gast.
NOID – Cello und Zuspielungen
Hans-Josef Knaust – Orgel
Das Stück „Chthulu doesn’t dream“ beschäftigt sich mit dem Monströsen in verschiedenen Aspekten, die von den 3 Instrumenten bzw. Klangräumen repräsentiert werden:
Ton-Aufnahmen von Windrädern der Type Enercon E-101 aus dem Windpark Andau/Halbturn.
Der Orgel als historisch-ultimative Musikmaschine, die klanglich auf ihre Maschinen-Haftigkeit untersucht wird.
Cello Klängen aus den Randbereichen des darstellbaren Spektrums.
Mit seiner Klanginstallation „under the windmills“ stellte noid 2013 die Frage: „what do we need to live“ (was brauchen wir zum Leben) im Kontext der technisch / mechanischen Monster zum Ernten der kinetischen Energie des Windes, den weithin sichtbaren Wahrzeichen eines gesellschaftlich / wirtschaftlichen Wandels, der uns vor der Katastrophe der drohenden Unbewohnbarkeit der Erde bewahren soll. Das Stück „Chthulu doesn’t dream“ nimmt diese Aufnahmen aus dem Windpark als Ausgangspunkt einer weiterführenden Untersuchung und entführt uns in einen Zustand des Wach-Traums mit den Zutaten Naturkraft / Maschine / Mensch. Der Titel bezieht sich dabei auf Donna Haraway, die in ihren Texten vorschlägt, in dem – von ihr so benannten Chthuluzän – den Problemen ins Auge zu sehen („staying with the trouble“) und sich mit den tentakeligen Wesen verwandt zu machen („making kin“).
Dieser Vorschlag meint auch eine optimistisch- positive Haltung einzunehmen zu den sich im Gang befindlichen Prozessen – und uns als ganze Wesen auf die Veränderungen einzulassen. Chthulu ist dabei auch als Symbol für die unbekannten und unerforschten Möglichkeiten zu sehen, als eine Art kosmisches Träumen, eine Übung in spekulativer Forschung.
Arnold Haberl aka NOID
Der Komponist und Soundartist versteht seine Arbeit mehr als Grundlagenforscher, an Material und Form zunehmend auch als Gestaltung außermusikalischer Aspekte. So vielfältig tritt er auch in seinen Arbeiten in Erscheinung. Von Komposition zu Improvisation zu Soundinstallation. Je nach Anforderung des Projektes nimmt NOID eine schwebende Position ein, ohne jedoch seine experimentelle Handschrift in der musikalischen Auffassung aufzugeben. Durch die Zusammenarbeit mit vielen internationalen Musikern und seine unterrichtende Tätigkeit, erschließt sich ihm ein Kosmos an Möglichkeiten, welcher ein Fundus für die Schaffenskraft von Arnold Haberl ist.
Introduktion: Philip Glass – „Madrush“ (Orgel allein)
Diese „Musik mit repetitiven Strukturen“, ursprünglich für Klavier komponiert, wurde auf die Orgel übertragen. In seinem Aufbau und reduziertem Tonmaterial ist dieses Stück eines der typischen Modelle, welche als „minimal music“ bezeichnet werden.
Philip Glass
Als Komponist in Chicago und New York ausgebildet, war er mit der damaligen modernen Musik unzufrieden und ging nach Europa, um bei Nadia Boulanger und Ravi Shankar andere Impulse zu bekommen. 1967 nach N. Y. zurückgekehrt, gründete er ein eigenes Septett mit Keyboards und diverse Holzbläser welches über Mischpult gemixt wurde. Damit begann der Aufstieg seiner als „Minimalismus“ bezeichneten Musik. Glass schrieb einige Opern und Konzerte für Orchester. Legendär die Oper „Einstein on the Beach“, sowie die Musik zum Film „Koyaanisqatsi“.
Hans-Josef Knaust – Organist, ausgebildet bei Zsigmond Szathmáry mit entscheidenden Impulsen für die Interpretation avantgardistischer Orgelmusik. Weiterbildung auch bei André Isoir in französischer Orgeltradition der Romantik und klassischer Moderne (O. Messiaen). In letzter Zeit auch als Dirigent tätig.
KLANGRAUM KOLLEGIENKIRCHE Zeitachsen Organum
Die Kollegienkirche in Salzburg wird für mannigfaltige künstlerische Präsentationen als kultureller Fokus in der Altstadt verwendet. Die Orgel der Kollegienkirche zählt mit den Orgeln der Piaristenkirche und Votivkirche in Wien zu den bedeutendsten romantischen Orgeln Österreichs und ist somit ein Kulturerbe von nationalem Rang.
Eine bis dato nicht genützte und ausgeblendete Situation – wie auch eine bis dato nicht vorhandene Konzertreihe im Fokus der Klangkunst, sowie experimenteller Musikformen. Beide Sichtweisen werden in der Veranstaltungsreihe zusammengeführt: Klangkunst versus Orgelklang.
Eingeladen werden KünstlerInnen, die dem weiten Feld der Klangkunst/Installation zuzurechnen sind, die mit ihrer Ästhetik und Formensprache den Fokus auf Raum, Zeit, Transformation, ja vielleicht Transzendenz richten und den Dialog mit der romantischen Maueracher Orgel suchen. Kompositorische Klangprozesse und Klangaktionen entstehen mittels Klangerzeuger, Elektronik, Stimme und Einzelinstrumente, welche auf die Kubatur der Kirche installativ reagieren, sowie die Spezifika der Orgel ausloten.
Die Klangschönheit und die Flexibilität der Orgel, insbesondere bei avantgardistischer Musik. erwies sich seit den Veranstaltungen im Herbst 2016 unter Mitwirkung der Projektbetreiber als wegweisend.
Darüber hinaus ergeben sich aus unserer Sicht drei zu pflegende Schwerpunkte: Die Musik der Avantgarde ab 1950, die Form- und Klangfarbenexplosionen der 60iger und 70iger Jahre, sowie die aktuellen Fragen und Antworten der Jetztzeit. Unter der Devise „Zeitachsen Organon“ wird jeweils ein korrespondierendes Werk der Vergangenheit als Introitus zum jeweiligen Uraufführungsprozess gestaltet:
Ein Zyklus allererster Ordnung mit der klaren Ausrichtung, neue Publikumsschichten in der Stadt Salzburg anzusprechen.
Träger des Projektes: Arbeitsgemeinschaft Klangraum Kollegienkirche; Christian Wallisch-Breitsching (Kollegienkirche), Werner Raditschnig (Komponist und Klangkünstler), Hans-Josef Knaust (Organist und künstlerischer Berater).
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Links:
NOID
Werner Raditschnig / Klangraum Kollegienkirche Zeitachsen Organum