Was soll man über ein Album schreiben, das wirklich in keine der gängigen stilistischen Schubladen wirklich hineinpassen will, das musikalisch abseits aller Normen angesiedelt liegt und, weil im Geiste des Experiments entstanden, so ziemlich alle Fragen nach dem Genre eigentlich obsolet erscheinen lässt. Kilo, das gemeinsame Projekt von Florian Bogner und Markus Urban, ist ein Musterbeispiel dafür, welch spannende und außergewöhnliche Musik entstehen kann, lässt man einmal alle musikalischen Definitionen außer Acht. Was das Duo auf seinem inzwischen dritten Album „The Wildernis“ (Experimentalstudio Brigittenau) auf den Weg bringt, ist eine spannende und faszinierende Klangreise durch die verschiedensten Klangwelten, eine fast schon zu schweben scheinende und in den buntesten Farben schimmernde Collage aus Elementen des Jazz, Rock, der Neue Musik, Elektronik und improvisierten Musik.
Präsentiert wird das gute Stück, mit den dazugehörenden Videos und Animationsfilme von Ulrike Swoboda-Ostermann, Adnan Popovic, Walter Rafelsberger, Christian Stoppacher, Erich Loibner, Karl Wratschko, Markus Urban, welche in Form einer DVD der Veröffentlichung beigelegt sind, am 3. Mai im Filmhaus Kino in Wien. Ein Schauspiel für Ohren und Augen.
Was herauskommen kann, entschließen sich zwei Künstler einmal dafür, mit allen Begrifflichkeiten und Hörgewohnheiten zu brechen, zeigt sich auf „The Wildernis“ auf die wohl kunstvollste und fesselndste Weise. Denn wie Florian Bogner und Markus Urban diese außer Kraft zu setzen wissen, um sich so den Weg hin zu neuen Interpretationen freizumachen, offenbart sich schlicht als ein faszinierender Musikentwurf. Irgendwelche Einschränkungen in der Umsetzung ihrer eigenen klanglichen Visionen kennen die beiden nicht. Mit einer fast schon unvergleichlichen Detailverliebtheit und einem ausgeprägten Hang zum Experiment lässt das Wiener Zweiergespann, das auf diesem Album von Leuten wie den Fuckhead-Urgesteinen Didi Bruckmayer und Sigmar Aigner, den Klangforum-Mitgliedern Vera Fischer und Benedikt Leitner, sowie Christof Dienz, Hannes Löschel und Clayton Thomas unterstützt worden ist, einen Gesamtsound entstehen, der vielschichtiger und an kleinen Nuancen wohl nicht reicher sein kann.
Irgendwo zwischen Song und reiner Klangkunst, elektronischen Sounds und akustischem Instrumentarium, zwischen Jazz, Rock, Pop, Elektronik, Neuer Musik und der reinen Improvisation agierend, loten die beiden die Grenzen des Machbaren auf fast schon avantgardistische Weise aus, ohne aber auch nur einen Moment ins Wissenschaftliche oder Kopflastige zu kippen. Die Musik scheint sich richtiggehend in einem permanenten Schwebezustand zu befinden, sie füllt den Raum mit interessantesten Klängen und Tönen bis zum letzten Winkel aus und vereinnahmt damit den Hörer vollends.
Kilo – For Those Who Go Away by mica
Wie weit Florian Bogner und Markus Urban bereit sind, die Grenzen zu dehnen, zeigt sich auch darin, dass sie, um ihr Werk zur Vollendung zu führen, Video- und Animationskünstler wie Ulrike Swoboda-Ostermann, Adnan Popovic, Walter Rafelsberger, Christian Stoppacher, Erich Loibner, Karl Wratschko und Markus Urban eingeladen haben, ihre Musik auch auf eine visuelle Ebene zu heben. Entstanden sind Bildbeiträge, welche dem Klanglichen zusätzliche Anziehungskraft verleihen.
„The Wildernis“ erwächst von Sekunde zu Sekunde zu einem immer intensiver werdenden Erlebnis, welches die Augen wie die Ohren gleichermaßen in Beschlag nimmt. Quasi eine „Soundsafari zum Anschauen“ oder eine „Bildersafari zum Anhören“. (mt)
Kilo