Katja Cruz featuring Oliver Lake: HEXAPHONE – THE COSMOLOGY OF IMPROVISED MUSIC

Was alles passieren kann, wenn musikalisch nichts, aber auch wirklich gar nichts festgeschrieben steht, wenn das, das vor sich geht, entsteht, sich entwickelt und zum Erklingen gebracht wird, mehr oder weniger ein Produkt des Zufalls ist, wenn die Richtung sich nicht von Menschenhand, sondern aus sich ständig in Veränderung befindlichen computergenerierten grafischen Scores ergibt, genau das bringt die österreichische Vokalistin Katja Cruz mit dem amerikanischen Altsaxophonisten und Begründer der legendären Black Artist Group Oliver Lake an ihrer Seite auf ihrer neuen CD „Hexaphone – The Cosmology of Improvised Music“ (Rudi Records) zu Gehör. Wie der Titel schon verrät, steht das musikalische Geschehen ganz im Zeichen der hohen Kunst der Improvisation, des freien und von allen Vorgaben losgelösten Spiels mit starker avantgardistischer Note. Der CD ist auch eine DVD, auf der das gesamte Entstehen dieses Projektes in Live-Kontext dokumentiert wurde, beigefügt.

Der musikalische Entwurf, den Katja Cruz und Oliver Lake in Begleiting ihrer MitmusikerInnen Andrea Massaria (Gitarre), Howard Curtis (Schlagzeug), Patrick Dunst (Bassklarinette) und Patrik Lechner (Elektronics, Visuals) verfolgen, ist mit den üblichen Begrifflichkeiten und Termini nicht zu beschreiben, denn dafür üben sich die Beteiligten viel zu sehr im Sprengen von traditionellen Grenzen, sie öffnen sich die Tore zu klanglichen Dimensionen, in denen sich die Frage nach irgendeiner stilistischen Ausrichtung oder Kategorisierung schlicht und einfach nicht mehr stellt.

Für die österreichische Vokalistin und ihre KollegInnen scheint mehr der Weg das Ziel zu sein, der Entstehungsprozess an sich, der seinen Ausdruck in vielen von spontanen Einwürfen bestimmten Interaktionen findet. Es herrscht ein ständiges dynamisches Agieren und Reagieren (vor allem auf die computergenerierten grafischen Scores) vor, ein Zuwerfen und kunstvolle Weiterverarbeiten von Ideen. Nach geläufigen Strukturen und Ordnungen sucht man vergeblich. Vielmehr sind es sehr bildhafte und in vielen Farben und Nuancen schimmernde geheimnisvolle Soundcollagen und Klangzustände, die sich über weite und vielschichtige Spannungsbögen aufbauen und verdichten, die man dargeboten bekommt.

„Hexaphone – The Cosmology of Improvised Music“ ist definitiv ein Musikentwurf, für den man sich Zeit nehmen muss, um ihn wirklich in seiner Gesamtheit erfassen zu können. Nimmt man die Herausforderung aber an und taucht in den Klangkosmos von Katja Cruz und Oliver Lake ein, eröffnet sich einem ein hochinteressantes Hörerlebnis der anderen Sorte. (mt)

http://katjacruz.com
http://www.rudirecords.com/