Obwohl der Winter wieder einmal endlos zu sein scheint, versucht JAMES HERSEY mit seinem Debütalbum Frühlingsgefühle zu wecken. „Clarity“ heißt der Langspieler, auf dem der Österreicher mit amerikanischen Wurzeln eine Mischung aus beschwingtem Pop-Rock und Elektro-Einschlägen zelebriert.
Zwischen Pop und Elektro
Man könnte diesen Mix eigentlich als „Elektro-Pop“ abkürzen, aber in Herseys Fall passt das nicht ganz. Erstens suggeriert die Bezeichnung „Elektro-Pop“, dass der elektronische Teil der Instrumentierung ausschlaggebend ist. Zweitens ist damit eine unabdingbare Fusion aus nur zwei Genres gemeint, die einen bestimmten Klang hat und auch bestimmte Erwartungen beim Publikum weckt. Da die Musik auf „Clarity“ aber sehr stark von Gitarren, mal mit E-, mal ohne, und dem Schlagzeug dominiert wird, steht Elektro nicht wirklich im Vordergrund. Außerdem klingen die Songs von Hersey keinesfalls wie jene aktueller VertreterInnen dieses Genres, man denke nur an Lady Gaga, La Roux oder Owl City. Nein, hier spielt der elektronische Part eher eine Nebenrolle, mal als emotional verstärkendes Element, mal um eine verspielte Atmosphäre zu kreieren.
Das Album ist, wie oben schon erwähnt, eher der Sommermusik zuzuschreiben. Das bedeutet, man hört beschwingte Melodien, nicht allzu verzweifelte Lyrics und natürlich eine gut gelaunte Gitarre. Der Opener übernimmt hier wirklich jenen Part, den sein englischer Name beschreibt: Er öffnet das Album und nimmt die Zuhörenden an die Hand. „Don’t Say Maybe“ ist dabei nicht nur der Titel des Songs, sondern auch die wichtigste Phrase. Aber ein repetitiver Text kann eben auch einen guten Opener ausmachen, indem er langsam an die Stimme des Künstlers heranführt und gleichzeitig die musikalische Seite auskostet.
Tempowechsel überall
Schon vom ersten Track an wird einem bewusst, dass Hersey wahnsinnig gern mit Tempowechseln spielt. Das tut er nicht nur auf der instrumentellen Seite, wie etwa nach dem Muster: schneller Refrain, langsame Strophe. Auch auf der gesanglichen Ebene kostet er die Betonung einzelner Wörter aus und singt sie in verschiedenen Kontexten mal flotter und mal relaxter. Man hat das Gefühl, als ob Hersey zwischen Slow Motion und Fast Forward herumschalten würde. Natürlich sind die Übergänge in der Realität nicht so heftig wie oben beschrieben, aber durch diese Eigenart wirkt das Album sehr homogen.
Besonders stark ist der Tempowechsel bei „Dreamcatcher“ und „Let Go“ ausgeprägt. Ersteres zeichnet sich durch eine flott gesungene Strophe und einen verlangsamten Refrain aus. Hersey macht es einem als Sänger sehr leicht, die Lyrics mitzulernen, da er wahnsinnig deutlich singt. Außerdem steht seine Stimme stark im Vordergrund und wird von einem dominanten Schlagzeug untermalt, weswegen der Track rockig rüberkommt. „Let Go“ wiederum nimmt starke Anleihen am R’n’B, auf der einen Seite durch die Beats, auf der anderen durch den Sprechgesang des Musikers.
Einer der stärksten Songs des Albums ist „If You Love Me“. Mit seinen heulenden Gitarren à la Symphonic-Rockband Muse und dem angenehm verzweifelten Refrain zeigt James Hersey, dass er ein Händchen für catchy Melodien und harmonische Instrumentierungen hat. Aber der austroamerikanische Musiker ist sowieso ein Multitalent, das nicht nur Instrumente einspielt und Songs schreibt, sondern auch selbst produziert. Und dieses Können hört man auf „Clarity“ stark heraus.
Anne-Marie Darok
Live-Auftritte – Clarity Tour
Mo, 2. März 2015 – Berlin / Bang Bang Club
Di, 3. März 2015 – Stuttgart / Kellerklub Stuttgart
Do, 5. März 2015 – Innsbruck / Weekender
Fr, 6. März 2015 – Leipzig / UT Connewitz
Sa, 7. März 2015 – Hamburg / Nochtspeicher
Mo, 9. März 2015 – Köln / Studio 672
Di, 10. März 2015 – München / Strom
Mi, 11. März 2015 – Graz / PPC
Sa, 14. März 2015 – Wien / Flex