Silvio Lenglachner kennt man noch als Mitglied der Band WELL WALK WALLS. Nach dessen Auflösung gab er sein Solo Projekt NEW WELLNESS bekannt. “PILLOW TALK POEMS” ist nun das zweite Album. Es erschien am 08.11 auf Wohnzimmer Records. Mit Dominik Beyer spricht er im mica-Interview über sein Dasein als multimedialer Alleskönner.
Hallo Silvio, danke, dass du heute Zeit gefunden hast! Du bist ja viel beschäftigt.
Silvio: Hi! Genau! Ich arbeite in der Kommunikation der Wiener Linien – vor allem im Bereich Videoproduktion. Das ist ein Job, der mir auch viel Spaß macht. Wir müssen dort keine klassische, old school Werbung machen, was wirklich angenehm ist.
Das klingt spannend! Du hast neben deinem Job aber auch schon mehrere Musikalben produziert. Wie lässt sich das alles vereinbaren?
Silvio: Ja, das ist tatsächlich nicht immer leicht. Es ist ein intensiver Prozess – vor allem, wenn man quasi alles selbst übernimmt. Ich habe drei Alben neben meiner Vollzeitanstellung produziert. Eines noch mit We walk walls. Es war und ist ein Balanceakt, aber für mich hat die Arbeit im kreativen Bereich immer auch viel Spaß bedeutet. Musik und Videoproduktion ergänzen sich ganz gut. Ich konnte mich nie entscheiden.
Du hast dich also bewusst dafür entschieden, ein Solo-Projekt zu starten und deine Musik unabhängig von einer festen Band zu machen. Fühlt sich diese Freiheit noch immer nach „Wellness“ an?
Silvio: Definitiv. Am Anfang wollte ich einfach sehen, wie es ist, wenn ich alles alleine mache. Und ja, die Freiheit ist großartig, aber ich merke auch, dass mir das Feedback von anderen fehlt. In letzter Zeit arbeite ich wieder enger mit Christoph Mateka (ehem. Gudrun von Laxenburg; Anm.) zusammen. Er bringt frische Ideen ein und ist mehr als nur jemand, der mich aufnimmt – er ist bei vielen Songs in den kreativen Prozess involviert. Also, vielleicht entwickelt sich das Projekt in Zukunft wieder etwas mehr in Richtung Bandgefüge.
Klingt so, als wäre das Thema Band für dich noch nicht ganz abgeschlossen. Aber du stehst aktuell vor allem im Studio und hast bislang noch keine Konzerttermine bekanntgegeben. Warum?
Silvio: Genau, Konzerte waren für mich diesmal kein Ziel. Nach meinem ersten Solo-Album hatte ich eigentlich auch kein Bedürfnis aufzutreten. Aber wir arbeiten jetzt an einem Live-Set, und es wird wahrscheinlich ab Dezember einige Auftritte geben. Grundsätzlich bin ich aber gern im Studio und konzentriere mich auf neue Songs.
Wie ist es denn mit deiner zukünftigen Ausrichtung? Stellst du dir eine Karriere als Produzent vor, der auch mit anderen Künstler:Innen arbeitet?
Silvio: Ich wurde tatsächlich schon öfter gefragt, ob ich für andere produzieren möchte. Aber bisher war nichts dabei, wo ich wirklich Feuer und Flamme war. Wenn es ein Projekt gäbe, das mich wirklich begeistert, würde ich es vermutlich machen, aber ich muss gut mit meiner Zeit haushalten. Aber klar, mit einer Band zusammen etwas Neues zu schaffen, wäre schon spannend.
„Meiner Meinung nach ist eine gute Kulturförderung das A & O für eine vielfältige Musiklandschaft, die dann auch als Business wachsen und existieren kann.“
Apropos Zeit und Energie – du arbeitest viel und bist auch kreativ tätig. Fehlt es deiner Meinung an Förderungen, die Künstler:Innen den Rücken freihalten würde?
Silvio: Auf jeden Fall. Wenn man die Freiheit hätte, nur Musik zu machen, könnte man sich noch intensiver weiterentwickeln. Meiner Meinung nach ist eine gute Kulturförderung das A & O für eine vielfältige Musiklandschaft, die dann auch als Business wachsen und existieren kann. Zeit und Qualität stehen in einem engen Zusammenhang. Kreative Prozesse brauchen einfach Raum und Zeit, und das kommt am besten durch finanzielle Unterstützung.
Es klingt so als würdest du alles aus Überzeugung selbst machen. Gleichzeitig handeln deine Texte oft von Themen wie Vereinsamung und Sehnsucht. Besteht da vielleicht ein Zusammenhang?
Silvio: Ja, das kann durchaus sein, dass da ein Zusammenhang besteht. Einsamkeit ist ein wichtiges und spannendes Thema für mich. Man hört oft, dass man mehr auf sich selbst achten soll, dass man Grenzen für sich setzen soll aber es ist wichtig, die Balance zu finden um nicht von der Selfcare in die Isolation abzudriften. Jedenfalls hab ich beim allein Produzieren viel über mich gelernt aber vielleicht ist diese Phase jetzt langsam wieder vorbei – we will See.
Das Internet verheißt ja doch grenzenlose Verbindung von jedem mit jedem. Dennoch ist Vereinsamung für so viele Menschen eines der großen Themen derzeit. Kannst du dir das erklären?
Silvio: Vielleicht führt die Art, wie wir Social Media und das Internet nutzen, dazu, dass wir unsere sozialen Batterien schon online leeren und weniger das Bedürfnis haben, im echten Leben zu interagieren. Seit Covid, als Isolation zur Realität wurde, hat sich das vielleicht verstärkt, besonders für jüngere Generationen. Wobei das natürlich jetzt Westentaschen Psychologie.
Was fasziniert dich am Vögel beobachten? Oder gibt es sogar etwas, was man davon lernen kann?
Silvio: Auf jeden Fall. Ich denke, es geht darum, sich bewusst Zeit zu nehmen und mal abseits des Bildschirms zu schauen. Beim Beobachten eines Vogels kann man die Welt einfach auf sich wirken lassen und den Alltag vergessen. Für mich ist das Handy das Gegenteil von Ruhe, und Vögel beobachten ist fast wie ein meditatives Loslassen.
Ein schöner Abschlussgedanke. Vielen Dank, für deine Zeit, Silvio. Wir freuen uns schon auf dein nächstes Album und deine Live-Auftritte.
Silvio: Danke euch auch! Es war mir eine Freude.
Dominik Beyer
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