Seit der Eröffnung im Herbst 2005 hat sich der ost klub zu einer der populärsten Musik-Adressen des Landes etabliert. Durch einen Schwerpunkt auf Musik aus Osteuropa, dem Balkan und Russland, die weltweit immer populärer wird, hat sich das Lokal an die Spitze der internationalen Weltmusik-Szene katapultiert. Das mica-Interview mit Matthias Angerer, seines Zeichens Gründer und Leiter des Ost-Klubs, führte Peter Balon.
Kannst du mir kurz etwas über die Entstehung des Ost-Klubs erzählen?
Matthias Angerer: Ich hab im Februar 2004 das damals bereits geschlossene, ehemalige Atrium/Papas Tapas als völlig versifftes Kellerloch übernommen. Mir war klar, ohne das ganze Gewölbe von Grund auf zu renovieren kann man dort jedes gastronomische Vorhaben vergessen. Meine erste Idee, wie man diese fast 900m2 Kellerräume ohne großem Startkapital am ehesten nutzen kann war die eines Lagers a la Self Storage.
Nach einem Jahr der kompletten Entrümpelung und Renovierung, nachdem der Mief endlich aus dem Gemäuer verschwunden war dachte ich mir: ich kann doch in diesem Konzertsaal und diesen charmanten Gewölberäumen unmöglich in Zukunft Fahrräder, Surfbrettln oder Akten lagern. Und so habe ich mich im Sommer 2005 dazu entschlossen, an diesem legendären Ort doch wieder einen Musikclub zu etablieren.
Nachdem ich und einige Mitstreiter bereits während der Renovierungsphase diverse Underground-Veranstaltungen auf die Beine gestellt hatten war auch die Ausrichtung des Lokals klar. Mir ging die ganze Techno-Szene damals schon auf die Nerven, überall das selbe geistlose Gehämmere. Da ich in meiner Journalisten-Zeit oft in Osteuropa unterwegs war und vielseitige Musikszenen kennenlernen konnte dachte ich mir: Wien hat doch zu diesen Ländern eine tiefe historische Beziehung, bei uns beginnt ja bekanntlich der Balkan. Ja und so eröffnete im Oktober 2005 der Ost Klub seine Pforten.
Welche Rechtsform hat der Ost-Klub und wieviele Mitarbeiter arbeiten bei euch?
Matthias Angerer: Der Ost Klub ist eine GmbH mit rund 22 Mitarbeitern.
Wird der Ost-Klub durch Förderungen unterstützt? Wenn ja, wie würde sich der Wegfall von Förderungen auf eure Bookingpolitik auswirken?
Matthias Angerer: Der Ost Klub wird von der Stadt Wien was Förderungen betrifft sehr stiefmütterlich behandelt. Obwohl uns viel auf die Schultern geklopft wird, wie toll und wichtig das Lokal nicht für die Stadt ist und wir uns seit Beginn an der Integration und dem kulturellen Austausch verschrieben haben. Mittlerweile suchen wir gar nicht mehr um Förderungen an, weil der Aufwand, die 1 – 2 Tausender pro Jahr, die wir ein paar mal bekommen haben in keiner Relation zur Abrechnung dieser Micky Mouse-Beträge steht. Dementsprechend hat sich auch die Booking-Politik des Ost Klubs geändert. Wir setzen heute mehr auf Fremdveranstaltungen und laden weniger internationale Bands ein.
Auf welche musikalischen Schwerpunkte setzt ihr?
Matthias Angerer: Kurz gesagt, auf jede Art von geistreicher, virtuoser und stimmungsvoller Musik.
Welche Kriterien muss eine (österreichische) Band erfüllen, um bei euch spielen zu können?
Matthias Angerer: Siehe oben.
Wie sehen die Deals mit den Künstlern aus? Besteht heute ein grösseres Risiko eine unbekannte Band zu buchen, als früher?
Matthias Angerer: Die Deals reichen von Fixgagen bis zu Door-Deals, wo die Bands auf Eintritt spielen. Das Risiko, eine unbekannte Band, die kein eigenes Publikum zieht zu buchen um dann im leeren Konzertsaal zu stehen ist natürlich relativ groß.
Bemerkst du in den letzten Jahren einen Anstieg bei Bookinganfragen, Stichwort: Umsatzrückgang bei Tonträgerverkäufen bei gleichzeitiger Konzentration auf den Livemarkt?
Matthias Angerer: Ja, eindeutig. Wir können leider nur einen Bruchteil aller Bands, die bei uns anfragen buchen. Und immer mehr internationale Bands sind bereit, einen weiten Weg nach Wien anzutreten, um für Minigagen zu spielen. Da ist es mir dann oft direkt peinlich, solche Deals abzuschließen.
Wie hast du die Entwicklung der österreichischen Musiklandschaft in den letzten paar Jahren wahrgenommen? Gibt es heutzutage mehr österreichische Bands, die dir den Ost-Klub gefüllt haben oder hat sich da nicht viel verändert?
Matthias Angerer: Da tut sich erfreulicherweise echt viel. Eine ganze Reihe von jungen Bands, mit einem knackig-frischen Sound, die in den letzten 4, 5 Jahren entstanden sind füllen mir heute die Hütte.
Wie siehst du das Publikumsthema? Sind die Leute heutzutage bereit, mehr für ein Konzert auszugeben? Wie hat sich das Publikum in den letzten Jahren verändert?
Matthias Angerer: Man merkt natürlich, dass das Geld knapper wird. Es jammern Leute schon bei 7€ Eintritt, und das für ein tolles Konzert. Denen sag ich dann immer: Hey, ihr zahlt locker 9€ für eine Kinokarte, aber wenn sich ein paar großartige Künstler vor euch die Seele aus dem Leib spielen dann seit ihr knausrig.. Ein bisschen mehr Respekt vor der Kunst bitteschön!
Wie nützt ihr als Veranstaltungslocation die Möglichkeit zur digitalen Vernetzung? Seid ihr hier sehr aktiv und bemerkt ihr eventuell einen Publikumszuwachs?
Matthias Angerer: Ja klar, ich geh mal davon aus, dass sich heute ein Großteil der Ausgeher im Netz über ihr mögliches Abendprogramm informiert.
Wie kommuniziert ihr eigentlich mit dem Publikum?, d.h. über welche Kanäle, Stichwort: Social Media.
Matthias Angerer: Eh das übliche, Homepage, Facebook etc.
Welche Wünsche hast du als Leiter eines Veranstaltungsbetriebes?
Matthias Angerer: Also würde mir jetzt eine gute Fee erscheinen und mir 3 Wünsche offerieren so wären diese:
Dass sich die Ausgeh-Gewohnheiten der Menschen ändern, dh., dass die Leute früher ausgehen und nicht erst ab Mitternacht, bereits vorgeglüht bis vollgetankt in die Lokale strömen.
Dass die Leute gerne einen höheren finanziellen Beitrag für Musiker leisten und damit eine meines Erachtens besonders wichtigen kulturellen und sozialen Aspekt fördern.
Und last but not least, dass eine Kulturinstitution wie der Ost Klub, wo viele erfolgreiche Musikprojekte überhaupt entstanden sind und wo kultureller Austausch und Integration echt gelebt wird aus öffentlicher Hand und von privaten Sponsoren entsprechend unterstützt wird.