Interstellar Records – Neue Releases

Seit nunmehr acht Jahren bereichert das Linzer Label Interstellar Records die heimische Musiklandschaft und stellt sowohl für österreichische als auch internationale Künstler eine wichtige Veröffentlichungsplattform dar. Zwei neue Veröffentlichungen sind gerade erst frisch aus dem Presswerk eingetroffen.

Bei “A Girl & A Gun” handelt es sich um eine 7″-Single, die zwei Stücke zum neuen Gustav Deutsch-Film “film ist. a girl & a gun” beinhaltet. Dieser vermengt Bilder aus den Bereichen Pornographie, Dokumentation, Fiktion, Wissenschaft und Propaganda in einer Art und Weise, dass daraus ein völlig neuer Kontext entsteht.

 

Der Soundtrack dazu stammt von Lucia Pulido, Martin Siewert, Burkhard Stangl und Christian Fennesz, die jeder einzelnen Szene den passenden Rahmen anlegen und sogar, darüber hinaus, dem Film eine weitere Dimension verleihen. Eine Überraschung erlebt der Interstellar Records-Stammhörer allerdings gleich mal am Beginn: vorsorglich den Lautstärkeregler nach unten gezogen, um die Nachbarn einmal nicht mit lautem Geprügel zu verärgern, schweben plötzlich und unerwartet langsam sphärische Piano- bzw. Gitarrenklänge aus den Boxen, zu denen sich alsbald Lucia Pulidos leidenschaftlich klagender Gesang gesellt.

 

Das, was dieses Quartett da in vollendeter Schönheit auf Tonträger gebannt hat, kann wohl jedenfalls in seiner Wirkung als “meditativ” bezeichnet werden, wobei die materialbedingt kurze Spielzeit von jeweils knapp viereinhalb Minuten pro Seite es letzten Endes verunmöglicht, vollständig in der hier geschaffenen Klangwelt zu versinken.

 

Die zweite Veröffentlichung ist dann so etwas, wie das österreichische “Chinese Democracy”, wenngleich die Wartezeit von ungefähr zwei Jahren doch deutlich unter derjenigen auf das aktuelle Guns’N’Roses-Machwerk gelegen ist. Dafür ist “Supernova 2″ aber auch – wohl wenig überraschend – musikalisch anspruchsvoller geraten, als der eben herbeizitierte Vergleich. Bulbul, Merzbow, Peach Pit und Wolfgang Fuchs haben für diese Doppel-10”-Platte jeweils eine Seite zur Verfügung gestellt bekommen, die sie ganz nach ihren Vorstellungen füllen konnten.

 

Von Bulbul gibt es diesmal in Zusammenarbeit mit Heimo Wallner ein Ambient-Stück namens “Grand Kratzscha”, das stilistisch kaum etwas mit den vergleichsweise straighten (natürlich im Bulbul-Kosmos) Rockstücken der letzten Platte gemein hat. Vielmehr erzeugen Gitarre, Schlagzeug und Elektronikflächen Klanggebilde, in die man sich erstmal einfinden muss – zum einfach mal so nebenher Hören also wohl nicht wirklich passend. Dies trifft dann noch mehr auf den Beitrag von Merzbow zu, bekannterweise japanischer Extrem-Noise-Musiker. Entweder man hasst oder liebt ihn – dazwischen gibt es nichts. Für die einen ist es, gleich nach der Erfindung der Schallwellen, das Beste überhaupt, für die anderen einfach bloß der Klang eines Massenauffahr-Unfalls auf der Autobahn, während nebenan ein Bagger in einer riesigen Lego-Kiste schaufelt.

 

Auf Seite drei findet sich dann mit den drei, an Slint erinnernden, Stücken des kroatischen Post-Rock Quartetts Peach Pit wohl der zugänglichste Beitrag auf Supernova 2, der den Ohren kurzfristig etwas Entspannung bietet, bevor es zum Abschluss mit den beiden Beiträgen des österreichischen Elektronik-Musikers Wolfang Fuchs noch einmal abstrakter wird. Genau genommen, gibt es wohl Weniges, das noch abstrakter wäre, als knapp fünf Minuten lang das Auslaufgeräusch einer Plattennadel auf Tonträger zu verewigen, wie im ersten Teil des Beitrages geschehen. Aber keine Angst, es bleibt nicht immer so. (mm)