Immer kurz am Meer – LEYYA beim PRIMAVERA SOUND

Bei LEYYA läuft es momentan. Im April der AMADEUS AWARD, im Sommer eine Menge Festivals. Dazwischen nochmal eben so ein Auftritt beim PRIMAVERA SOUND, einem der wichtigsten Festivals Europas. Die Band findet das eigentlich gar nicht so besonders.

Als sich am Freitagabend die Sonne über dem Parc del Fòrum in Barcelona senkt, wird es auf der Night-Pro-Bühne noch einmal heiß. Leyya setzen zu „Zoo“ an, der aktuellen, sommerlich-beschwingten Single. „Don’t believe what they say about me, don’t believe a word. Im Video schwitzen die Marco und Sophie, die Musikerin und der Musiker hinter Leyya, derart, dass es ihnen bächeweise ins Obergewand läuft. Ganz so schlimm ist es an diesem Abend zum Glück nicht. Von der Bühne aus blickt die Band direkt aufs Meer hinaus, von woher eine sanfte Brise weht. Knapp 500 km blaues Nichts, dann irgendwann und irgendwo Sardinien. Ein Ausblick, den so kaum ein Festival bieten kann.

Leyya, das Elektronic-Duo aus Oberösterreich bzw. Wien, ist heuer gemeinsam mit HVOB der österreichische Vertreter beim Primavera Sound. Das spanische Festival, das – wie die Süddeutsche Zeitung später feststellen wird – für „ambitionierten zeitgenössischen Pop“ steht wie kein zweites, bietet heuer über 300 Acts, von den aktuell größten Livebands über alte Helden bis hin zu den wichtigsten Newcomerinnen und Newcomern. Bon Iver, Arcade Fire, Grace Jones, Sampha. Da könnte man schon ein wenig nervös werden. Leyya sind nicht nervös. Es sei ja nicht groß anders als andere Konzerte – und man habe mittlerweile schon genug gespielt, um eine gewisse Routine zu haben. Das mag sein. Und doch ist es ein bisschen anders: Bislang spielten Leyya weitgehend Showcase-Festivals wie das Reeperbahn Festival in Hamburg und The Great Escape Festival in Brighton. Das Primavera ist das größte Festival, auf dem die Band bislang gespielt hat. Zumindest, soweit sich Marco und Sophie erinnern können, die Erinnerung verschwimmt mit dem Verlauf der Bandkarriere. Festivals spielen ist ja doch weitgehend dasselbe: fliegen, ins Hotel, Equipment checken (irgendwas geht ja immer kaputt), auftreten, wieder ins Hotel. Die Orte und Venues wechseln, richtig im Gedächtnis bleiben meistens nur die Hightlights wie der Auftritt beim Popfest auf der Seebühne vor mehreren Tausend Menschen oder Reinfälle wie der Slot bei einem Festival am Baltikum, wo die Band vor einer Handvoll Leute in einem Zirkuszelt spielte und in einem spontan bereitgestellten, ranzigen Keller schlafen musste. Aber auch so etwas gehört dazu.

Leyya (c) Niko Ostermann

Das Duo als Weg zur Liveband

Es läuft momentan für Leyya. Bei den Amadeus Austrian Music Awards im April gewann die Band den FM4-Award. Neues Material ist geschrieben, wenn alles gut geht, gibt es schon im Herbst ein neues Album. Die Aufmerksamkeit ist längst nicht mehr nur auf Österreich beschränkt. Im Sommer stehen neben Terminen im Heimatland auch Konzerte in der Schweiz, in Deutschland und das Sziget Festival in Ungarn am Programm. Viele Festivalshows. Bei jedem Auftritt ist alles immer anders, die Vorbereitung aber ähnlich. „Wir machen die Setlist immer kurz vorher und vergessen sie auch gelegentlich“, sagt Sophie. Die langwierigen Proben passierten vorher, auf Tour sei dann alles recht spontan. Bei Festivalshows lasse man die sehr ruhigen, komplexen Songs, die viel Aufmerksamkeit brauchen, eher weg, sonst sei aber nicht viel anders.

Dementsprechend energiegeladen ist der Auftritt von Leyya in der Abendsonne von Barcelona dann auch. Zum Beispiel bei bekannten Nummern wie „Butter“ vom Erstling „Spanish Disco“. „We could end up higher, but I can’t keep you safe. Aber auch neues Material ist dabei. Zur Livebesetzung gehören mittlerweile nicht mehr nur Sophie und Marco, sondern auch der Bassist Tobias und der Drummer Florian. Das ist relativ neu. Die Bandbesetzung gibt den elektronischen, manchmal wavigen Songs noch einmal einen gehörigen Push und treibt den Livesound gehörig voran. Alles passiert live. Das ist stellenweise einfach großer Pop, der Umgebung aus Meer, Wind und Sonnenuntergang angemessen.

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„Uns war immer klar, dass es in Richtung Band-Setting gehen sollte“, erzählen Leyya am Tag zuvor. Die Band hat am Nachmittag schon einen Showcase auf der Konferenz im Stadtzentrum gespielt und ruht sich jetzt aus, bevor sich die Musikschaffenden selbst als Gäste in das Primavera stürzen können. „Die Duo-Shows waren quasi nur der Weg dahin.“ Die neuen Songs funktionierten auch nur noch in Bandbesetzung. Das sei immer das Ziel gewesen: als mehrere Menschen gemeinsam Musik machen. Das hört man auch.

Im Hintergrund rauscht das Meer, auf der Bühne rauscht das treibende, leicht sanfte „I Want You“ vor sich hin. „Falling out of plan again.“ Die Luft schmeckt salzig. Die Leute vor der Bühne wippen, bewegen sich im Takt, trinken ihr Bier. Und rutschen gemeinsam mit Leyya in einen grandiosen zweiten Festivalabend hinein. Für die Band wird es nach diesen 40 Minuten weitergehen. Richtung Hotel, dann Richtung New York zur dortigen Ausgabe des Reeperbahn Festivals, dann immer weiter. Fliegen, ins Hotel, Equipment checken. Irgendwas geht ja immer kaputt.

Jonas Vogt

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