Entstanden ist FOLLOW THE ZEBRA im Jahr 2020, seitdem sind einige Singles und eine EP erschienen und demnächst ist die Band mit der neuen Single „Centipede Mushroom“ (VÖ: 22.11.2024) im Gepäck zwei Mal live in Wien zu hören: im Werk und im Chelsea. Im Gespräch mit Jürgen Plank erzählen Felix Rüker und Nikolaus Dolezal-Bitschnau von der Intensität, nach der die Band sucht, genauso wie von besonderen Auftritten und Erfolgsmomenten. Und es geht im Interview auch um den Film „The Pink Panther“und um Bilder und Assoziationen, die aufgrund des Bandnamens entstehen können. Außerdem wird verraten, welcher Bandname sich nicht durchgesetzt hat.
Wie habt ihr euch als Band gefunden?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Wir haben uns in der ersten Formation im Jahr 2020 kennen gelernt. Knapp vor Ausbruch der Pandemie und wir haben die Pandemie-Jahre so gut es ging dafür genutzt, unseren Sound zu finden. Da ging es ums Songwriting und darum Dinge auszuprobieren. Wir haben in dieser Zeit elf oder zwölf Songs erarbeitet, die für uns für eine Studio-Produktion in Frage gekommen sind und haben dann eben ab 2021 die ersten Aufnahmen gemacht. Das Lied „Minimalove“ hat sicher noch zu dieser Sound-Findungsphase gehört, aber es war der unumgängliche erste Schritt als neue Formation. Seitdem hat es in der Besetzung Neuerungen gegeben, auch beim Songwriting und in unserem Selbstbild als Musiker.
Und was hat sich nach der ersten digitalen Single getan?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Verbunden mit den ersten Releases waren auch die ersten Auftritte. Und die ersten Auftritte haben bei uns viel ausgelöst: im Nachdenken darüber, was wir als Künstler vermitteln wollen, was wir darstellen wollen und wo unsere Stärken liegen.
Worauf seid ihr dabei gekommen?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Wir haben viel nachgedacht über das Spannungsfeld zwischen unseren künstlerischen Ambitionen und der Kunstform, die wir bedienen. Die bis zu einem gewissen Grad ja den Spagat hin zur Unterhaltung versucht, das ist ja prägend für Rock und Popmusik. Das kann man im Live-Kontext sehr gut spüren. Wie weit wollen wir uns als Künstler hinauslehnen? Inwieweit wollen wir eventuell Genres und Sound-Konventionen durchbrechen?
Was ist „Minimalove“?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: „Minimalove“ bezieht sich auf den Ausdruck von Liebe im Kleinen, im Alltäglichen. Im Song spielen wir wieder mit Kontrasten, wir haben versucht diese Intensität und die Bedeutung und Schönheit dieser Form von Liebe im Alltag so groß aufzublasen wie sie es eigentlich verdient. Der Chorus ist laut und intensiv, da tut sich viel und bezieht sich aber, wenn man sich die Lyrics anschaut, auf die banalsten, einfachsten Formen des liebevollen Austausches zwischen zwei Menschen.
„Minimalove“ ist von der Struktur her einer der komplexeren Songs in unserem Repertoire. Er ist so ähnlich wie „Get Me In The Mood“ organisch im Proberaum entstanden, der Text stammt wieder von unserem Front-Sänger Tim und die inhaltliche und emotionale Grundidee wurde erst im Nachhinein klar. Unlängst habe ich gehört, dass die wenigsten Maler den Titel ihres Bildes vorab festlegen, sondern den Titel meistens erst finden, wenn das Bild fertig ist. „Minimalove“ ist auch so ein Fall.
Damit zur bereits angesprochenen Single „Get Me In The Mood“, was ist die Idee hinter diesem Song?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Die Grundidee des Songs ist, die Beschäftigung mit einem verzerrten Selbstbild. Mit Selbstüberschätzung, ein Phänomen, das wahrscheinlich jeden Menschen bis zu einem gewissen Grad betrifft. Im Kleinen, im Großen, in privaten Beziehungen.
Auch in Bands.
Felix Rüker: In Bands und in diversen sozialen und beruflichen Kontexten gibt es das Phänomen der Selbstüberschätzung und der Verblendung und wir haben versucht sowohl lyrisch aber auch musikalisch einen Kontrast zur zweiten Hälfte des Songs herzustellen, die genau in die andere Richtung schaut: nämlich zur vollen Überzeugung einer grundlegenden Wahrheit, von reiner Liebe. Das sind natürlich idealistische und bis zu einem gewissen Grad vielleicht naive Ideen. Aber dieses Wandeln zwischen diesen beiden Polen im Leben eines Menschen hat uns interessiert und diese beiden Pole wollten wir so intensiv und so extrem wie möglich darstellen.
Zu diesem verzerrten Bild passen vielleicht diese verzerrten Gitarren und im Lied gibt es einen Wechsel von den musikalisch eher rockigen Strophen hin zum eher melodiösen Refrain.
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Es ist so, wie du es eben gesagt hast: der Moment der Selbsterkenntnis und der Reflexion tritt im Chorus ein. Der Refrain hebt sich musikalisch von den Strophen sehr ab, weniger Synthies, weniger Verzerrung und auch der Gesang ist lieblicher und melodiöser. Weniger staccato, weniger hart, das war die Grundidee.
Inwiefern fühlt ihr euch angesprochen, wenn euer Sänger so ein Thema wie Selbstüberschätzung in einem Liedtext anspricht? Oder sagt ihr eher: mit mir hat das weniger zu tun, aber die Melodie gefällt mir.
Felix Rüker: Das ist eine gute Frage. Damit haben Bandmitglieder immer zu tun, wenn hauptsächlich eine Person die Texte schreibt. Ich glaube, dass sich die Texte von unserem Sänger Tim und von Niki durch ein poetisches Level auszeichnen, sodass es mir genauso wie den Hörenden unserer Musik möglich ist, ein eigenes Verständnis eines Textes zu entwickeln. Das geht Hand in Hand, als Instrumentalist bin ich mehr mit den musikalischen Ausdrucksformen verbunden. In diesem Fall denke ich weniger über Selbstüberschätzung nach, sondern mehr über Selbstzweifel. Und auch so kann der Song funktionieren, weil die Überschätzung vielleicht nur eine Form ist, vorhandene Selbstzweifel zu kaschieren. Ein allzu dominantes Auftreten, wie es der Text in den Strophen andeutet, kommt nicht organisch aus mir heraus. Aber ich kenne das durchaus, dass ich aus kompensatorischen Gründen versuche, meine Schwächen oder Unsicherheiten zu überdecken.
In den letzten Jahren wurden im Pop-Bereich gerne akustische Instrumente verwendet, etwa Ukulele oder Banjo. Warum wolltet ihr den Synthesizer-Klang von Felix mit dabeihaben?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Im Sound und im Ausdruck ist uns Intensität besonders wichtig. Das betrifft unsere Texte, unser Songwriting und eben auch den Sound und ich denke, dass Synthesizer und Keyboards viel mehr Spielraum bieten als eine auf Saiten-Instrumenten basierende Band hat.
„WIR BRAUCHEN KEINE BANJOS, WIR HABEN SAMPLES“
Wäre eine Ukulele trotzdem denkbar?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Zu Spielereien im Studio und auf der Bühne sagen wir nicht „Nein“. Wir haben im Studio auch akustische Gitarren verwendet, aber die Grundbesetzung steht jetzt.
Felix Rüker: Wir brauchen keine Banjos, wir haben Samples.
Bei eurem Bandnamen FOLLOW THE ZEBRA musste ich sofort an den Film „The Pink Panther“ von Blake Edwards denken, in dem es eine Verfolgungsszene mit einem Zebra gibt. Habt ihr darauf abgezielt oder ist das meine Assoziation?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Ich finde diese Reaktion fantastisch, denn genau das wollen wir mit dem Bandnamen erreichen. Der Bandname ist aus meiner Sicht eine Metapher für das, was wir als Band tun und ist letztlich eine Form von Poesie. Es freut mich wenn der Nameirgendeine Art von Bild, Assoziation oder Gefühl auslöst, denn das ist genau das, was wir auch mit den Texten und der Musik versuchen. Die Assoziation mit dem Film „The Pink Panther“ ist mir bekannt und ich glaube auch, dass Tim, dem der Name eingefallen ist, diese Referenz im Kopf hatte. Es gibt auch andere Referenzen wie „Alice im Wunderland“ und „The Matrix“. Es ist ein Name, der dem Rezipienten weniger etwas aufdrückt, sondern etwas auslöst. Und das ist das, was wir tun wollen.
Welcher Bandname hat sich nicht durchgesetzt?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: COLD PIZZA.
Felix Rüker: Das wusste ich gar nicht.
Felix, wärst du in eine Band eingestiegen, die COLD PIZZA heißt?
Felix Rüker: Wahrscheinlich wäre ich noch schneller als bei FOLLOW THE ZEBRA eingestiegen.
Ihr veröffentlicht regelmäßig Singles, demnächst gibt es Live-Auftritte im Werk und im Chelsea. Was bedeutet Erfolg für euch?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Da gibt es mehrere Ebenen: wir sind erfolgreich, wenn wir als Künstler mit unserem Werk zufrieden sind und hinter unserem Produkt stehen können. Wir sind zufrieden und glücklich, wenn diese Kunst auch gesehen wird und wir selbst sehen, was unsere Kunst mit den Leuten macht. Und Langlebigkeit ist natürlich eine große Herausforderung für ein Projekt, vor allem, wenn mehrere Menschen beteiligt sind.
Felix Rüker: Grundsätzlich mal im Kleinen: eine Probe, die gut läuft. Bei der die Atmosphäre stimmt und wir im Proberaum auf einer Welle schwimmen. Darum geht es mir beim Musikmachen. Eine erfolgreich aufgenommene Nummer ist schön und macht Freude. Es ist schön live vor Leuten zu spielen. Ich kann nur unterstreichen, was Niki gesagt hat. Natürlich denken wir über die Zukunft nach und planen, wo es in nächster Zeit hingehen könnte.
„IM BESTEN FALL GEHEN DIE ZUSCHAUER:INNEN AB UND ERFREUEN SICH AN DER MUSIK“
Welche Reaktionen bekommt ihr vom Publikum?
Felix Rüker: Wir hatten letzten Februar einen Auftritt, der für mich besonders und schön war, weil ich da viel an Emotion und Freude vom Publikum gespürt habe. Die künstliche Barriere zwischen Publikumsraum und Bühne wurde da übersprungen. Im besten Fall gehen die Zuschauer:innen ab und erfreuen sich an der Musik.
Wo war das?
Felix Rüker: Das war im Kramladen. Ich persönlich kenne von der Klassik kommend eher den gebündelten Applaus am Schluss als die unmittelbaren Emotionen und das ungefilterte Wiedergeben dessen, was die Musik mit einem macht.
Der Kramladen ist ein kleiner Club, mit relativ niedriger Bühne. Funktioniert dieser direkte Kontakt zum Publikum dort deshalb besonders gut?
Nikolaus Dolezal-Bitschnau: Ich glaube schon. Der Kramladen fühlt sich für mich nach einem intimen Club an und ich habe damals auch diese Energie gespürt und die schönste Rückmeldung war: Man spürt, dass ihr auf der Bühne Spaß habt. Das habe ich als angenehm empfunden und das hat mich sehr gefreut.
Wie zeigt ihr euch auf der Bühne, habt ihr eine besondere Bühnenshow?
Felix Rüker: Kein Auftritt war bisher wie der andere, das ist ein ständiges Dazulernen, was sich im Live-Kontext gut anfühlt, Spaß macht und letztlich auch beim Publikum ankommt. Ganz praktisch gesprochen, ist es wichtig, nicht nur eine Setlist zu haben, sondern ein Konzept zu haben: wie wollen wir Übergänge zwischen Liedern gestalten. Auf diesen Live-Show-Aspekt haben wir in den letzten Monaten den Fokus gelegt, um den Leuten, die uns zuhören einen guten Abend zu bieten.
Herzlichen Dank für das Interview.
Jürgen Plank
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Live:
30.11.2024, das WERK, Spittelauer Lände 12, Stadtbahnbögen 331/333, 1090 Wien
24.01.2025, Chelsea, Lerchenfelder Gürtel, U-Bahnbögen 29-30, 1080 Wien
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