Im music austria Notenshop: Tomasz Skweres

Die scharfe Trennung von KomponistInnen auf der einen und InterpretInnen auf der anderen Seite fand ihren Höhepunkt in der klassisch-romantischen Genieästhetik und noch heute ist die Grenze deutlich, auch wenn sie in einigen Karrieren stark zu verschwimmen scheint. Der Cellist und Komponist Tomasz Skweres schafft es in beeindruckender Weise, die Waage zwischen seinen beiden Professionen zu halten. Nach erfolgreich abgeschlossenem Instrumentalstudium schrieb sich der gebürtige Warschauer für das Fach Komposition erneut an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien ein.

Erst in diesem Jahr wurde er mit einem Kompositionsstipendium des BMUKK geehrt und schreibt längst nicht mehr nur Literatur für sein eigenes Instrument, sondern mittlerweile neben zahlreichen kammermusikalischen Werken auch Stücke für Orchester. Gleichzeitig ist er Mitglied in solch namhaften Ensembles wie Platypus oder Ensemble reconsil Wien und musiziert seit 2012 als Solocellist im Regensburger Philharmonieorchester. Die Entwicklung seines Kompositionsstils, von den neoklassizistischen Anfängen hin zur Postmoderne, stellen exemplarisch vier Werke im music austria-Notenshop dar.

Einflüsse:
Bach, Reich, slawische Volksmusik

Die erste Komposition im Werkverzeichnis von Tomasz Skweres ist die „Suite für 2 Celli“, wobei die Gattung verbunden mit dem Streichinstrument unweigerlich die Assoziation mit dem Meister der Cello-Suiten – Johann Sebastian Bach – hervorruft. Tatsächlich knüpft Skweres an die kontrastierenden Tanzsätze, die im Barock üblich waren, in seinem siebenteiligen Werk an und bedient sich der von Bach zur Krönung gebrachten Kontrapunktik. Doch dabei belässt es Skweres nicht und erklärt in seinem Vorwort einige Raffinessen der Komposition, die die Suite in den Kontext Neuer Musik befördern. Er nennt als Beispiel die Bitonalität im Menuett, wobei er nicht nur auf Kirchentonarten, sondern auch auf die vom Komponisten Oliver Messiaen eingeführten Modi zurückgreift. Im ersten Teil des Scherzos überträgt er die Gleichzeitigkeit zweier Phänomene auf den Rhythmus und erinnert durch die entstehende Phasenverschiebung an den Minimal-Vater Steve Reich. Der Rückgriff auf seine Heimat durch die Einbeziehung slawischer Volksmusik stellt bei „Suite für 2 Celli“ aber den größten Einfluss dar. Es verwundert daher nicht, wenn die Kammermusik stellenweise an den russischen Neoklassizismus erinnert.

Um den Hörer emotional zu berühren, verließ sich Skweres in seinen Kompositionen zunächst auf die dem Cello innewohnende „Menschlichkeit“, die er mit der Linearität des Gesangs vergleicht. Drei Jahre später in „Helium“ experimentiert der Cellist mit den Besetzungen und findet Humanität auch in dem ungewöhnlichen Trio aus Altflöte, Cembalo und Gitarre. Das bekannte Mickey-Mouse-Piepsen nach dem Einatmen des Gases Helium entsteht durch das schnellere Schwingen der Stimmlippen bei gleicher Anspannung und gibt der Stimme zusätzlich eine andere Klangfarbe. Der Komponist führt mit dem Trio vor, was passieren würde, wenn Instrumente Helium einatmen könnten. Dabei wird das Cembalo mit seiner innewohnenden barocken Tradition klanglich in das 21. Jahrhundert transferiert und bekommt dadurch eine ganz neue Bedeutung. Das Material hat der Komponist auf ein Minimum reduziert und erzielt Effekte eher durch Triller, den Rhythmus und das spezifische Zusammenspiel der Instrumente. Ein geheimnisvolles Motiv mit den Intervallen Quinte und Tritonus und zusätzliche Cluster auf der Gitarre und dem Cembalo nehmen die Leichtigkeit aus den hohen, heliumgeschwängerten Flötentrillern, die wie Vogelgesänge über der Musik schweben.

Anspruchsvoll für InterpretInnen

Die beiden neuesten Stücke im Notenshop, „Innere Gespräche“ von 2007 und das zwei Jahre später entstandene Werk „Verse“, sind zwar wieder für das Violoncello komponiert, weisen aber im Schaffen von Skweres dennoch den Weg hin zu experimentelleren Klängen und neuen Spieltechniken. „Innere Gespräche“ nimmt dabei den minimalistischen Gedanken von  „Helium“ auf und stellt in den verschiedenen Abschnitten immer eine Tonhöhe in den Mittelpunkt, die mit Hilfe von geräuschhaften Klängen oder in rhythmischen Figuren umspielt wird. Als ein zentrales Anliegen seiner Arbeit beschreibt Skweres die Manipulation der Zeitwahrnehmung. In „Verse“ wird die rhythmische Einteilung in Taktstrichen größtenteils zugunsten der Ausgestaltung der klanglichen Ebene aufgegeben. Hinzu kommen die vielen Akkorde und Glissandi, die dieses Werk sehr anspruchsvoll für den Interpreten machen. Durch die Doppelbegabung hat der Komponist aber den Vorteil, das Violoncello selbst in die Hand nehmen zu können. Das ist sicherlich nur einer der guten Gründe, warum Instrumentalisten öfter zur Feder greifen sollten. Man möchte auf jeden Fall weder den Cellisten noch den Notenschreiber Tomasz Skweres missen.

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