Die Kompositionen von Johannes Berauer lassen sich nur schwer einer Gattung zuordnen. An Neue Musik würde man bei der Besetzung wie Violine, Klarinette, Fagott und Piano denken. Auf arrangierte Jazzmusik tippt man bei einem Stück ausschließlich für Saxophone. Wenn sich auch noch ein Beatboxer einmischt, dann muss es unbedingt etwas mit populärer Musik zu tun haben. Auch Melodie, Rhythmus und Gefüge der Stimmen springen zwischen jazziger Improvisation, strenger Kontrapunktik und technoiden minimalistischen Pattern.
Das 2009 geschriebene „Mizar A-B“ für Fagott, Bassklarinette und Elektronik, komponiert mit dem Vokalakrobaten Philipp Sageder, mutet zunächst wie ein spätromantisches Duett mit etwas schräger Besetzung an. Mit einem an Dubstep erinnernden Beat, der mit vokalen Flächen unterlegt ist, wechselt zunächst die musikalische Kulisse, bis er mit den beiden tiefen Bläsern doch eine Einheit bildet. Die Version „Mizar B“ für gleiche Besetzung beginnt mit stark akzentuierten Läufen sehr rhythmusbetont und die Zuspielung fügt sich organischer in die Komposition ein. Manchmal erinnert es an Minimalismus, ein anderes Mal an Filmmusik und an einigen Stellen drängt der Körper so sehr zu einem Mitwippen, dass man sich in einen Technoclub versetzt fühlt.
Das orchestral angelegte „Stormy Weather“ für 12 Saxophone hält ähnliche Verwirrungen bereit. Fängt es an wie eine romantische Symphonie, die sich mit Soli in verschiedenen Lagen über eine zarte Klangfläche langsam aufbaut, sorgen doch die Saxophone für den jazzigen Hauch. So schwimmt diese Klangwolke zwischen symphonischer Orchestermusik, wechselt spielerisch in einen Big-Band-Sound, verliert sich dann in Einzelstimmen, bis diese wieder in einem von den Bässen angegeben Grundschlag zusammenfinden. Das sechsminütige Werk endet in einer Mischung aus klassischem Finalsatz, melodischer Komplexität und einer swingenden Unbeschwertheit.
Aber nicht nur swingend leicht oder groovig locker, sondern auch ernst und nachdenklich wird Johannes Berauer in seinen Werken. Die 2006 geschriebene Komposition „Water Crystals“ bezieht sich auf die Theorie Dr. Masaru Emotos, der einen Einfluss von positiven und negativen Emotionen und der Verschmutzung auf die innere Struktur von gefrorenem Wasser feststellte. Trotz starker Umstrittenheit dieser Theorie verwandelte Berauer sie in ein neunminütiges Werk. Zur Verklanglichung des menschlichen Kampfes gegen die Natur teilt er die Instrumente in zwei Gruppen ein. Das Klavier symbolisiert den uns umgebenden Kosmos, der zuerst in der Naturtonreihe dargestellt wird. Dagegen stellen Violine, Klarinette und Fagott das menschliche Drama dar, die das Klavier dazu bringen, von der Naturtonreihe zu einer artifiziellen achttönigen Skala zu wechseln. Diesem Umdenken im Klavierpart passen sich die „menschlichen” Instrumente an, sodass sie sich im letzten Teil in der Idee der positiven Macht der Gedanken vereinen.
Margarete Buch