„Im Endeffekt aber kehre ich immer wieder zu den alten Sachen zurück.“ – ELSA STEIXNER (ELSA) im mica-Interview

Anfang Mai veröffentlichte die junge Sängerin, Musikerin und Komponistin ELSA STEIXNER gemeinsam mit ihrer Band ELSA ihr Debütalbum „A Day On Solid Ground”. Die Wienerin, die die letzten vier Jahre in den Niederlanden studierte, präsentiert in ihren Songs einen wunderbar vielfältigen und zugleich stimmungsvoll minimalistischen Sound, der gekonnt zwischen den Stilen Jazz, Blues und Soul schwebt und einen ganz eigenen Charakter entwickelt. Im Interview mit Michael Ternai erzählt Elsa Steixner von der natürlichen Entstehung des Bandsounds, ihren musikalischen Inspirationen und der Bedeutung ihrer Texte.

Anfang Mai wurde das Debütalbum „A Day On Solid Ground” von dir und deiner Band veröffentlicht. Obwohl du seit vier Jahren Jazz in den Niederlanden studierst, kann man nicht behaupten, dass ihr ein typisches Jazzalbum abgeliefert habt. Im Gegenteil, es bewegt sich stilistisch zwischen den Stühlen.

Elsa Steixner: Ich denke, dass das Album letztendlich so vielfältig geworden ist, hat viel damit zu tun, dass es eigentlich nicht von Anfang an geplant war. Es ist im Laufe der Zeit entstanden. Die meisten Stücke stammen aus den Jahren 2020 und 2021. Unsere Songs sind nicht unbedingt Pop, aber ich sehe uns auch nicht in der freien Jazzszene, da wir doch Songs spielen.

Was inspiriert dich musikalisch? Welche Einflüsse hast du?

Elsa Steixner: Ich würde sagen, meine Einflüsse sind letztendlich alles, was ich in meinem Leben an Musik konsumiert habe. Das reicht von den Beatles über Paul Simon und Joni Mitchell bis hin zu Nina Simone, die mich stark geprägt hat. Ich habe festgestellt, dass ich viel Musik aus dem letzten Jahrhundert höre. Ich habe auch eine Zeitlang versucht, aktuelle Musik zu hören, und es gibt großartige Sachen. Aber letztendlich kehre ich immer wieder zu den alten Stücken zurück: Pop aus den Siebzigern, Jazz, Blues. Die Einflüsse kommen also aus verschiedenen Richtungen und mischen sich in meiner Musik.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.

Es ist vor allem die Art und Weise, wie sie sich vermischen. Letztendlich ergibt sich daraus ein sehr reduzierter Sound, der deiner Stimme viel Raum bietet. War dieser Sound die Grundidee für deine Band oder ist er auf natürliche Weise entstanden?

Elsa Steixner: Der Sound ist tatsächlich auf natürliche Weise entstanden. Im ersten Studienjahr habe ich mich mit Julian Bazzanella, der in der Band Klavier spielt, zu einem Duo zusammengeschlossen. Und es hat sofort wunderbar funktioniert. Wir haben viel gespielt und begonnen, erste Lieder zu schreiben, die wir dann aufgenommen haben. Es gab bis dahin keinen großen Plan dahinter. Bei einem Besuch in Wien traf ich dann Jakob Lang, unseren Kontrabassisten, den ich schon lange kannte, aber seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich fragte ihn, ob er Lust hätte, mit uns zu spielen, und er sagte zu.

Was den Sound betrifft, hatte ich damals nur eine vage Vorstellung im Kopf. Erst durch die Arbeit mit der Band wurde mir immer bewusster, dass ich eigentlich schon eine klare Vorstellung hatte und wusste, was ich wollte. Ich konnte diesen Sound jedoch lange Zeit nicht genau in Worte fassen.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.

Die Musik ist sehr auf deine Stimme abgestimmt bzw. beides ist stark miteinander verbunden, sowohl rhythmisch als auch in der Betonung…

Elsa Steixner: Ich denke, dass alles so gut harmoniert, hat auch damit zu tun, dass wir alle sehr gute Freunde sind und uns sehr nahestehen. Ich wohne sogar mit zwei meiner Bandkollegen zusammen. Das spielt definitiv eine große Rolle. Sie kennen mich mittlerweile und verstehen gut, was ich mit einem Lied ausdrücken möchte, und sie bringen auch die Fähigkeiten mit, die Songs mit ihren eigenen Charakteren und Stilen zu vervollständigen.

Sind auf dem Album ausschließlich Songs von dir zu hören?

Elsa Steixner: Nein, nicht ausschließlich. Bei zwei Stücken stammen die Grundideen von Julian, die ich dann weiterentwickelt habe. Generell arbeiten wir viel im Team, würde ich sagen. Wenn ich ein Stück geschrieben habe, zeige ich es zuerst ihm. Dann arbeiten wir als Duo daran weiter. Und dann kommt die Band hinzu.

Bild ELSA live
ELSA live (c) Valentin Malanetski

Wie bei den zuvor erwähnten Joni Mitchell und Nina Simone legst du auch großen Wert auf die Texte. Was ist ihr Inhalt? Beobachtungen, persönliche Erfahrungen und Erlebnisse?

Elsa Steixner: Im Moment habe ich das Gefühl, dass jemand, der sich Künstler oder Künstlerin nennt, eine Botschaft haben und für etwas stehen muss. Wenn man eine interessierte Person ist, tut man das sowieso, denke ich. Mein Anspruch ist nicht unbedingt, in meinen Liedern eine klare Botschaft zu vermitteln. Es beginnt meistens mit einer Intuition. Dann kommt der Intellekt hinzu, und ich schaue genauer hin, was ich gerade gesagt oder gedacht habe. In den meisten Fällen handelt es sich um eine Erkenntnis über mich selbst oder über Dinge, von denen ich zuvor nicht bewusst war, dass sie jetzt spontan durch die Musik und das Singen aus mir herauskommen. Dann benutze ich meinen Verstand und überlege, wie ich diese Gedanken am besten in eine Form bringen kann, sodass sie auch für andere eine Bedeutung bekommen. Für mich ist es wichtig, dass jeder Zugang zu meiner Musik findet und die Texte auch unabhängig von mir interpretiert werden können. Sie behandeln zwar meine Beobachtungen und Eingeständnisse, aber ich versuche sie so zu verarbeiten, dass sie nicht nur an mich gebunden sind. Mein Ziel ist es nicht, dass die Leute mich als Person verstehen, sondern dass sie selbst einen persönlichen Zugang finden.

Nach deinem Studium kehrst du nach Österreich zurück. Was erwartest du dort? Musst du wieder bei null anfangen, um ein Netzwerk aufzubauen?

Elsa Steixner: In den vier Jahren in den Niederlanden ist es mir glücklicherweise gelungen, den Kontakt nach Wien und zu meinem musikalischen Umfeld aufrechtzuerhalten. Das war mir wichtig, und es hat gut funktioniert. Wir haben unser Releasekonzert auch in Wien gespielt, und die meisten Menschen und Bands, die uns hören, kommen von dort. Nach meiner Rückkehr nach Wien werde ich natürlich versuchen, auch die Kontakte in den Niederlanden aufrechtzuerhalten, denn dort gibt es im Moment auch viele spannende Dinge. Ich finde es schön, musikalisch an verschiedenen Orten verwurzelt zu sein. Es tut mir gut zu wissen, dass ich mich nicht zu hundert Prozent auf eine bestimmte Szene festlegen muss. Ich möchte herausfinden, wo die Menschen sind, die gerne die Musik hören, die wir machen. Ich glaube, es gibt mehr davon, als man denkt. Ich sehe das bei unseren Konzerten, dass viele Leute kommen, die eigentlich keine Jazzhörer sind und auch nicht wirklich merken, dass wir Jazz spielen. Auf dem Heimweg denken sie vielleicht darüber nach, was wir ihnen präsentiert haben, und erkennen dann vielleicht, dass hier und da Elemente des Jazz zu hören waren. Das Schöne ist, und das wurde mir schon oft gesagt, dass es für die Zuhörer keine Rolle spielt, und vor allem junge Leute sind sehr begeistert von dem, was wir machen.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.

Wie sieht es mit der Band aus? Wird sie in dieser Form fortbestehen können, wenn du zurückkehrst? Ihr seid von eurer Herkunft her ziemlich gemischt.

Elsa Steixner: Julian, der aus Deutschland stammt, wird mit mir nach Österreich ziehen. Das ist sehr schön, denn in den letzten anderthalb Jahren habe ich ihn immer wieder zu Konzerten nach Wien mitgenommen, und er hat sich hier immer sehr wohl gefühlt. Damit wohnen drei Bandmitglieder in Wien. Daniel Louis, unser Schlagzeuger, hat noch ein Jahr Studium in den Niederlanden vor sich. Was er danach machen wird, weiß er noch nicht. Das ist offen. Aber wir haben es in den letzten anderthalb Jahren auch geschafft, mit einem Bandmitglied, das an einem anderen Ort wohnt, zurechtzukommen. Und ich denke, das werden wir auch in Zukunft schaffen.

Die Band ist also langfristig gedacht.

Elsa Steixner: Ja, auf jeden Fall. Es ist großartig und macht sehr viel Spaß, zu viert live zu spielen. Im Moment arbeiten wir bereits an einem zweiten Album. Es könnte jedoch sein, dass wir in Zukunft andere Konstellationen ausprobieren oder im Studio mit anderen Musikern zusammenarbeiten werden. Wir sind definitiv offen dafür. Man könnte sagen, dass die Band als ein langfristiges Projekt gedacht ist, aber mit der Möglichkeit, gelegentlich in einer anderen Konstellation aufzutreten.

Herzlichen Dank für das Interview.

Michael Ternai

++++

ELSA live
24.06.2023 – Osnabrück (DE) @Haus der Jugend
27.08.2023 – Wien (AUT) @Wild im West
17.11.2023 – Viersen (DE) @Jazzcircle Viersen
18.11.2023 – Dinslaken (DE) @Ledigenheim Lohberg
19.11.2023 – Amsterdam (NL) @Torpedo Theater

++++

Links:
ELSA (Instagram)
ELSA (Facebook)