Neue, ungewöhnliche Klänge finden Hörer oft in ungewöhnlichen Verpackungen. So steckt in der mit „Idklang/Cordyceps“ betitelten, durchdesignten Falthülle ein Album mit vier Musikstücken vom Rande des Abgrundes. Der österreichische Solokünstler Idklang und das belgische Noise-Loop-Bass-Duo Cordyceps teilen sich diese EP, und obwohl es Idklangs „Debütalbum“ ist, hat Markus Steinkellner, der sich hinter dem Künstlernamen versteckt, schon einige Erfahrungen im Musikbusiness gesammelt.
In den letzten zwei Jahren war er auf verschiedenen Bühnen Europas als Vorband von Health, Zeni Geva und Terminal Hz zu sehen. Davor war Musiker und Produzent einiger österreichischer Formationen wie Cameran, Jakuzi’s Attempt, und Arktis/Air. Alle sind der experimentellen Musik verfallen und alle profitierten von Steinkellners besonderer Liebe zur Gitarre. So ist er auch als Solokünstler Idklang nicht allein auf der Bühne. Steinkellner bildet eine Symbiose mit seiner Gitarre, einem Laptop und dem Mikrofon. Er haucht den Geräten Leben ein, lässt sie aufheulen, kreischen und fauchen, während er seine eigene Stimme Roboter-gleich vervielfältigt.
Seine Musik spannt weite Bögen zwischen den Genres. Wenn er die Soundkulissen künstlich flimmern lässt, zitiert er Industrial Legende Throbbing Gristle und dem experimentierfreudigen Gordon Sharp von Cindytalk. Mal ist seine Stimme sanft und hoch, wie Thom Yorkes, dann schreit er wieder, als würde er lieber dem Black Metal huldigen, oder sich an Chelsea Wolfes elektronische Hexenlieder erinnern.
Wie ein Hexer treibt er auch in seinen neuen Liedern ständig die Gitarre zum Rande des Überkippens, ohne, dass er den Höhepunkt wirklich zulassen würde. „Magic Spell“ verzaubert fünf Minuten lang, wie ein Tanz um ein kaltes, blaues Feuer. Immer wieder blitzen Popmelodien zwischen dem desorientierten Knacken auf, und Idklang versteht es meisterhaft sie ins Nichts hinauslaufen zu lassen. „Mu“ ist da viel ruhiger. Es ist eine Hommage an das anspruchsvolle Genre Intelligent Dance Music mit Steinkellners rituellem Kreischen im Hintergrund.
Es ist erstaunlich, wie sein Debüt als Idklang, und es sind ja nur zwei Tracks, so eine hypnotische Wirkung auf den Hörer auswirken kann. Die Balance zwischen Höhepunkt und Ruhepol macht die Mischung aus, sie kann explosiv und verzweifelt, aber auch melodisch und kontrolliert sein. Und sie macht Lust auf mehr, so dass es gut zu hören ist, dass Idklang schon an einem Album in voller Länge arbeitet.
Vorab kann die besondere Atmosphäre am 20.10 live genossen werden, wenn er das Release des Splits mit einem Auftritt im Gschwandner feiert. Unterstützt wird er dabei von seiner ehemaligen Band Arktis/Air, die Jazz aufs Feinste mit Noise vereinen und dem Solokünstler Asfast, der eine Mischung zwischen böser Computerspielmusik und IDM macht.
Anne-Marie Darok
IDKLANG