Man kennt MARTIN KONVICKA von Bandprojekten wie LEHNEN, THE WHO THE WHAT THE YEAH und SNOW CRYSTAL. Am 16. September 2016 erscheint bei Cloud Contact Records mit „teenage years“ das Debütalbum seiner jüngsten Band DIAMOND SEAS.
Warum wollten Sie diesmal derart minimalistisch anmutende Pop-Songs machen?
Martin Konvicka: Das letzte Album habe ich mit the who the what the yeah aufgenommen. Rückblickend muss ich leider sagen, dass das mit sehr viel Arbeit und Aufwand verbunden war, eigentlich mit mehr Mühe als Freude. Unmittelbar danach hatte ich wenig Lust, etwas Neues zu machen, bis dann plötzlich wieder Nummern da waren. Und zwar nicht wie gewohnt auf Deutsch, sondern auf Englisch. Ich habe ganz ohne Druck vor mich hingearbeitet, bis quasi zufällig ein Album entstanden ist.
Von Sonic Youth gibt es eine Nummer mit dem Titel „The diamond sea“. Welche Bedeutung hatte die bei der Namensfindung der Band?
Martin Konvicka: „The diamond sea“ ist auf jeden Fall eine meiner Lieblingsnummer von Sonic Youth, das hört man wahrscheinlich auch ein bisschen [lacht]. Aber es ist nicht nur eine Hommage, ich bin auch gerne am Meer.
„Das Album entspricht mir und meinem Gemütszustand sehr gut […]“
Sowohl von der Anzahl der Bandmitglieder als auch musikalisch wirkt diamond seas reduzierter als Ihre bisherigen Projekte.
Martin Konvicka: diamond seas ist sehr persönlich. Das Album entspricht mir und meinem Gemütszustand sehr gut und zählt zu der am positivsten konnotierten Musik, die ich je gemacht habe. Verglichen mit meiner früheren Angry-Young-Men-Musik habe ich mir gedacht, dass ich ja eigentlich sehr zufrieden und glücklich bin. Warum also nicht darüber schreiben?
Worin besteht der Reiz für Sie, Persönliches in Ihrer Musik öffentlich zugänglich zu machen?
Martin Konvicka: Es hat sich in diesem Fall wirklich einfach so ergeben. Aber abgesehen davon war es für mich sicher an der Zeit, musikalisch sehr ichbezogen zu reflektieren.
Wie kann man sich den Produktionsprozess Ihres Debütalbums vorstellen?
Martin Konvicka: Die Songs sind alle sehr einfach angelegt und nicht komplex gedacht. Ich habe sehr viel zu Hause aufgenommen, und da ist auch intuitiv sehr viel passiert. Das waren ursprünglich hauptsächlich Demos, die nach und nach verfeinert wurden. Julia Pichler hat beispielsweise die Geige eingespielt und Raimund Seidl das Cello. Und dann kam Tobias Wurscher, der sich beim Abmischen so lange mit den Arrangements gespielt hat, bis das Album die Form angenommen hat, die jetzt am 16. September veröffentlicht wird.
Wie haben Sie mit Ihren Musikerinnen und Musikern zusammengearbeitet?
Martin Konvicka: Ich habe ihnen freie Hand gelassen. Zum Glück war ich eigentlich immer zufrieden. Wobei ich sagen muss, dass ich sehr schnell zufrieden bin [lacht]. Erstaunlicherweise vor allem dann, wenn andere Leute etwas beitragen. Mit mir bin ich ein bisschen strenger. Für meine Texte brauche ich zum Beispiel immer wahnsinnig lange.
„Die Texte stehen bei DIAMOND SEAS nicht über der Musik, wie das bei the WHO THE WHAT THE YEAH sicher der Fall gewesen ist.“
Welchen Stellenwert hat die vokale Ebene bei diamond seas?
Martin Konvicka: Die Texte stehen bei diamond seas nicht über der Musik, wie das bei the who the what the yeah sicher der Fall gewesen ist. Dass die Lyrics nicht so präsent sind, könnte aber vielleicht auch an der englischen Sprache liegen, die ja automatisch mehr Distanz für mich bedeutet als meine Muttersprache. Es ist mir immer wichtig, dass eine Geschichte erzählt wird. Aber darauf habe ich diesmal nicht den Fokus gelegt. Ich wollte einiges ausprobieren, auch mit meiner Stimme. Ich wollte mal singen und nicht schreien [lacht]. „Down“ ist zum Beispiel sehr tief gesungen, was ich angenehm fand, weil es meiner Sprechstimme sehr nahekommt.
Wie würden Sie jemanden, der noch nie etwas von Ihnen gehört hat, diamond seas beschreiben?
Martin Konvicka: Hm, sehr reduzierte Popmusik. Ich würde sagen, dass man sich das Album anhören soll, um zur Ruhe zu kommen. Oder um in Gedanken zu schwelgen. Irritierend fände ich es vielleicht, wenn man diamond seas für eine wilde Studentenfete buchen möchte oder für eine Wahlkampfkampagne der FPÖ. Aber sonst …
Sie haben letztes Jahr ihren 30. Geburtstag gefeiert. Wie ironisch ist da eine Nummer wie „teenage years“ gemeint?
Martin Konvicka: Ja, jetzt bin ich doch kein Teenager mehr [lacht]. „Jetzt wird’s ernst“, habe ich mir gedacht. Und man muss dazu sagen, dass ich natürlich nicht erst mit dreißig zum ersten Mal meine Rechnungen selbst zahlen musste. Also es ist absolut mit Humor zu sehen. Aber es geht nicht darum, dass ich meine ganzen Gewohnten ablegen wollte und mich jetzt neu erfinde. Der Ansatz des Albums war ja unter anderem auch der, die Perfektion nicht in den Mittelpunkt zu stellen. Und das ist eigentlich recht jugendlich [lacht].
Dient Ihnen die Musik manchmal auch als Ventil?
Martin Konvicka: Ja, schon! Wenn ich längere Zeit keine Musik mache oder sich das Proben zeitlich nicht ausgeht, dann schlägt sich das ziemlich auf mein Gemüt. Auch wenn Musik in meinem Leben eine große Rolle spielt, steht mittlerweile meine Familie an erster Stelle. Außerdem finanziere ich mein Leben nicht damit, mein Job hat mit Musik wenig zu tun. Ich arbeite ja auch in einer IT-Abteilung und befasse mich da hauptsächlich mit Daten etc., das ist ganz etwas anderes.
„Popmusik darf nie stumpf sein.“
Welchen Zugang haben Sie zur aktuellen Popmusik?
Martin Konvicka: Wenn etwas tiefer geht, als es zu gehen scheint, dann gefällt mir das. Ich finde Frank Ocean momentan sehr großartig, wie ohnehin fast alle [lacht]. Man kann das Album rauf und runter hören und entdeckt trotzdem immer wieder was Neues. Popmusik darf nie stumpf sein. Aber es genügt mir, wenn der Song einfach gut ist [lacht]. Popmusik muss nicht immer politisch sein oder die Welt retten. Wichtig ist, dass man darauf reagiert.
Welche Rolle spielen Social Media für Sie?
Martin Konvicka: Wie viel Sinn es für eine kleine Band aus Österreich macht, tausend Kanäle zu nutzen, weiß ich nicht. Eine befreundete Band hat vor Kurzem ihren Facebook-Account gelöscht – mit der Begründung, dass sie ohnehin keine Likes bekommen. Ich versuche das alles etwas distanzierter zu betrachten. Wenn Miley Cyrus Fotos von ihrer Geburtstagsfeier postet, erfüllt das sicher seinen Zweck. Wenn ich Fotos von meinen Freunden hochlade, interessieren sich dafür wahrscheinlich höchstens fünf Leute [lacht]. Die Wirkung ist halt eine andere. Ich führe zum Beispiel einen privaten Instagram-Account und da dokumentiere ich schon ab und an meine Tour- und Konzert-Eindrücke. Aber das mache ich nicht, um möglichst viel Zustimmung zu bekommen. Es ist einfach lustig, sich damit die Zeit zu vertreiben.
Abgesehen von Liveauftritten, wo ist diamond seas sonst noch gut aufgehoben?
Martin Konvicka: Zu Hause im Wohnzimmer mit einer Tasse Tee. Oder in einer Strandbar [lacht]. Optimal wäre natürlich, wenn das Wohnzimmer am Strand liege und das Album dort bei Sonnenuntergang aufgelegt werden würde.
Welche Rolle spielen die Bühnenauftritte?
Martin Konvicka: Das Album-Release-Konzert im rhiz wird das erste Konzert mit der Band sein und ich bin gespannt, wie das funktionieren wird. Aber diamond seas ist sehr offen und leichtfüßig angelegt, also bin ich sehr zuversichtlich, dass wir es schön haben werden. Ich freue mich auf das Konzert und darauf, dass wir hoffentlich halbwegs gut besucht sein werden!
Danke für das Gespräch!
Julia Philomena
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