PATRICK KUMMENEKER aka TRICKY ist einer jener Audio Engineers, die hierzulande den Songs den richtigen Sound verpassen. Für seine Arbeit wurde er bereits mehrfach mit Gold und Platinum ausgezeichnet. Darüber hinaus hat er im vergangenen Jahr bei fünf “Best Sound”-Nominierungen beim Amadeus Austrian Music Award drei bekommen. Im Interview mit Michael Ternai erzählt Patrick KUMMENEKER über seinen Werdegang, seine Liebe für Technik und die Herausforderungen, die dieser Job mit sich bringt.
Zunächst einmal, wie bist du eigentlich zu dem gekommen, was du heute machst? Warst du vorher vielleicht musikalisch unterwegs. In der elektronischen Musik?
Patrick Kummeneker: Eigentlich gar nicht, auch wenn ich manchmal wie ein DJ aussehe. Aber es stimmt schon, ich war zunächst musikalisch unterwegs und das eigentlich schon von recht früh an. In der Volksschule begann ich, Klarinette zu spielen. Später im Gymnasium kam das Saxofon hinzu. Da ich das Wiener Musikgymnasium besuchte, erhielt ich auch die Möglichkeit in Bands zu spielen und einige Auftritte zu absolvieren. Das hat mir viel Spaß gemacht. Gleichzeitig war ich aber auch immer schon sehr an Technik interessiert, was vielleicht auch daran liegt, dass mein Vater Maschinenbauingenieur ist. Als ich dann 14, 15 war hat sich dann auch mehr und mehr der Wunsch entwickelt, etwas zu tun, das Musik uns Technik miteinander verbindet, nur hatte ich damals keine Ahnung, was das sein könnte. Meinen Magic Moment hatte ich dann schließlich mit 16, als ich mit einer Jazzbigband, die sich im Musikgymnasium gegründet hat, im Tonstudio des ehemaligen SAE war, um für einen Studenten die Abschlussproduktion einzuspielen. Es war mein absolut erstes Mal in einem Tonstudio. Als ich dann nach der Aufnahme hinter dem Tontechniker, der hinter diesen Riesen Mischpult gesessen ist und gemischt hat, stand, war mir sofort klar, was ich machen will. Nach dem Gymnasium habe ich dann 2006 an der SAE auch gleich mit der Tontechnikerausbildung begonnen. Das ist die Kurzfassung, wie ich zur Tontechnik gekommen bin.
Während des Studiums habe ich dann sehr viel Livetechnik gemacht, weil ich mir möglichst schnell Wissen aneignen wollte. Und dadurch, dass ich mit den Bands in doch einigen Locations gespielt habe, lernte ich andere Tontechniker kennen, wodurch ich in Folge auch etwas leichter zu Praktika kam. So kam es auch, dass ich schon relativ früh die Chance bekam, für Russkaja als Backliner zu arbeiten. Ich war mit der Band viel auf Tour. Wir hatten jedes Wochenende zwei, drei Shows. Das habe ich dann einige Monate gemacht. In Summe habe ich ungefähr acht Jahre Livetechnik gemacht. In dieser Zeit lernte ich unglaublich viele Leute kennen und kam so immer wieder in Kontakt mit Tonstudios.
2010 lernte ich dann den renommierten Musikproduzenten David Bronner kennen, dessen Mixing-Assistent ich dann bis 2014 war. David war mein Mentor, von dem ich, wenn man es so sagen kann, eigentlich alles gelernt habe. Er war auch derjenige, der Conchita Wursts Songcontest-Beitrag „Rise Like A Phoenix“ produziert und gemischt hat. Da ein Teil des Teams gewesen zu sein, war eine wirklich großartige Erfahrung.
Ab 2014 habe ich mich dann begonnen, meinen Fokus ganz auf das Mischen zu richten.
Das ist interessant. In dir steckt also im Grunde genommen auch ein Jazzer?
Patrick Kummeneker: Ja, in mir steckt wirklich auch ein Jazzer. Da hast du recht. Und es war auch nicht ganz unwahrscheinlich, dass ich mich vielleicht für diese Richtung entscheide. Nur war am Ende dann doch meine Liebe zur Technik stärker. Was noch dazu kam, war, dass ich 2005 – also noch bevor ich mit der SAE begann – beim ORF im Radiokulturhaus ein Praktikum absolvierte. Und zwar beim Ö1 Volksgruppenprogramm „Ö1 Campus“.
Da habe ich einen Monat lang jedes Wochenende Sendungen geschnitten. Das hat meinem damaligen Chef so getaugt, dass er mich gefragt hat, ob ich nicht Lust hätte, das auch während meiner Schulzeit zu machen. Und das habe ich natürlich gemacht. Diese Tätigkeit hat mich noch weiter darin bestärkt, weil ich durch sie noch mehr Bezug zur Tontechnik und das Verständnis für das Radio und wie es funktioniert, entwickeln konnte.
Ist es deiner Meinung nach Voraussetzung für den Tontechniker-Job, dass man davor Musiker war? Hat man dadurch ein anders Gehör für die Sachen?
Patrick Kummenecker: Ja, ich denke, dass es wichtig ist, zumindest ein musikalisches Grundverständnis mitzubringen, aber natürlich ist es klar von Vorteil eine Musikerin bzw. ein Musiker zu sein. Ich würde sagen, dass gute Musikerinnen und Musiker ein ausgeprägtes und sensibles Gehör haben. Zumindest ist das bei denen der Fall, die ich kenne. Ich glaube, das, was ich mache, eignet man sich mit der Zeit einfach an. Man lernt einfach, bei Sachen näher hinzuhören und bekommt mit der Zeit ein Gespür für guten Sound. Eine Musikerin oder ein Musiker hört meist auf das Große und Ganze. Mein Job ist es, jedoch noch einmal mit einer Lupe in die Tiefe reinzuhören.
„Für mich ist ein Rough-Mix wie eine Landkarte.“
Wenn jemand mit einem Song zu dir kommt, hörst du da schon im ersten Moment, was man machen muss?
Patrick Kummeneker: Ja. Ich mache mir schon ziemlich schnell ein Bild davon, was möglich ist und wohin die Reise gehen soll. Generell ist es ein Teil des Jobs, die Intention der Kundin oder des Kunden herauszuhören bzw. durch Gespräche zu erfahren. Für mich ist ein Rough-Mix wie eine Landkarte. Meine Aufgabe ist es, die Reise bis zum Ziel so angenehm und einfach zu gestalten. Bildlich gesprochen bedeutet ein Rough-Mix für mich, dass eine Künstlerin oder ein Künstler sagt, dass sie oder er mit dem Song nach Italien möchte und ich bestimme, dass es vom Sound her nach Rom geht.
Inwieweit ist es schwierig die eigenen Vorstellungen der Künstlerin oder dem Künstler zu vermitteln?
Patrick Kummeneker: So soll es ja nicht sein. Denn das würde heißen, dass ich dem Artist meinen Sound aufdrücke. Für mich ist es wichtig, immer im Hinterkopf zu behalten, dass es nicht mein, sondern deren Songs ist. Mein Job ist es, ihren Sound zu finden. Natürlich fließt auch ein wenig von mir mit ein, aber ich versuche immer, den Charakter jedes Artists, unverändert zu lassen. Ein Julian Le Play soll auch wie ein Julian le Play klingen.
Weil du gerade Julian Le Play genannt hast. Welche anderen Leute sind schon auf dich zugekommen?
Patrick Kummeneker: Neben Julian Le Play, für den ich zwei Songs seines letzten Albums gemacht habe, durfte ich auch schon mit Conchita Wurst, Filous, Avec, Josh, Lou Asril, Lisa Pac und Mathea zusammenarbeiten. Auch für internationale Acts wie Ray Dalton, Decco, Tokio Hotel und diverse Eurovision Song Contest Artists wie z.B. Cesar Sampson oder Ben Dolic habe ich schon Jobs erledigt. Im Grunde genommen sind es dann doch sehr verschiedene Sachen, die ich mache. Aber das gefällt mir an meiner Arbeit.
Du arbeitest hauptsächlich an Popmusik. Hat es dich nie gereizt auch andere Genres zu versuchen?
Patrick Kummeneker: Ich hatte eigentlich nie wirklich vor, mich nur auf ein Genre festzulegen. Es hat sich über die Jahre einfach ergeben, dass ich Popmusik mache. Ich persönlich mag ja Jazz, Soul, Hip Hop und Urban Music sehr und würde mich auch generell als Musikfan bezeichnen. Es gibt auch kein Genre, bei dem ich sage, das würde ich nicht machen. Aber irgendwie ist es dazu gekommen, dass ein ganz bestimmter Kreis von Musikerinnen und Musiker auf mich zukommt und meine Dienste in Anspruch nimmt. Wahrscheinlich hat das mit dem Output zu tun, den ich abliefere. Ich habe bereits für diverse Artists im Popbereich etwas gemacht und das dürfte auch der Grund dafür sein, dass ähnliche Artists oder Bands zu mir kommen.
„Diese ständige Erreichbarkeit plus dem Wunsch nach sofortiger Erledigung ist schon eine große Challenge.“
Was sind die größten Herausforderungen in deinem Job?
Patrick Kummeneker: Eine Herausforderung bei diesem Job ist sicher das hohe Arbeitspensum. Es ist vor allem die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit, die hier eine erschwerende Rolle spielt. Wenn du einen Mix verschickst, bekommst du innerhalb kürzester Zeit auch schon eine Antwort mit bestimmten Änderungswünschen. Diese ständige Erreichbarkeit plus dem Wunsch nach sofortiger Erledigung ist schon eine große Challenge. Das Mischen an sich ist für mich easy. Es dauert aber natürlich Jahre, bis es easy wird. Ich denke, was in der ganzen Kreativbranche wichtig ist, den Biss und das Durchhaltevermögen zu haben, einfach zu wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist und man einfach nur machen muss. Man muss jeden Tag versuchen, das Beste zu geben. Ich kenne im Musikbusiness keine erfolgreichen Musikerinnen oder Musiker, die wenig arbeiten.
Wobei ich sagen muss, dass ich das, was ich tue jetzt nicht als Beruf ansehe, sondern als Passion. Grundsätzlich werde ich für Musikhören bezahlt. [lacht]
Gibt es etwas Spezielles, das man braucht, um in diesem Bereich erfolgreich arbeiten zu können? Ich denke, dass es nicht wenige gibt, die eine Ausbildung in Richtung Audio Engineering abgeschlossen haben.
Patrick Kummeneker: Ja, das ist sicher so. Ich denke auch, dass ich doch auch in gewisser Weise ein wenig Glück hatte, oft die richtigen Leute kennenzulernen. Aber eine generelle Aussage darüber zu treffen, wie man dorthin kommt, wo ich jetzt bin, traue ich mich jetzt nicht wirklich. Es gibt sicher verschiedene Wege.
Du bist in den letzten Jahren für deine Arbeit ja auch schon mehrfach für den Amadeus Award in der Kategorie „Best Sound“ nominiert worden. Welchen Effekt hatten diese Nominierungen? Klopfen jetzt mehr Leute bei dir an? Musst du mittlerweile Sachen ablehnen?
Patrick Kummeneker: Wenn wir etwas nicht machen, hat das meistens den Grund, dass die Produktion noch nicht so weit ist. Dann rate ich den Leuten, dass sie noch einmal den Song überarbeiten. Da bin ich schon ehrlich, weil Mischen einiges kostet. Kommt wirklich einmal jemand mit einem Song an, mit dem ich nichts anfangen kann, dann empfehle ich jemand anderen für den Job.
Zum Abschluss vielleicht ein Versuch eines Blickes in die Zukunft. Wie glaubst du wird der Job in zehn, fünfzehn Jahren aussehen? Wirst du da noch dieselben Knöpfe drücken?
Patrick Kummeneker: Ich denke, zu einem gewissen Grad schon. Wenn man sich die letzten zehn, fünfzehn Jahre anschaut, da hat sich schon einiges verändert. Ich habe noch auf einem Mischpult zu mischen gelernt. Heute verwende ich eigentlich fast ausschließlich die Maus. Es wird auf jeden Fall, und das wage ich zu behaupten, noch digitaler. Die große Frage, die sich viele stellen, ist, welchen Effekt wird künstliche Intelligenz haben? Die hat schon heute einigen Einfluss. Es gibt zum Beispiel Online-Mastering Plattformen, auf denen Songs innerhalb von fünf Minuten gemastered werden. Das basiert auf Algorhythmen. Das Programm erkennt die Höhen und Tiefen, die Lautstärke, die Stimmen, die Arrangements usw. und leitet aus Erfahrungen ab, was es zu tun hat. Aber ich denke, was das Audio-Engineering betrifft, dass es immer so bleiben wird, dass man Menschen braucht, weil keine Software Emotionen empfinden kann. Und Musik ist Emotion.
Michael Ternai
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Patrick Kummeneker / Tricky
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