CHRISTOPH PEPE AUER hat sich für sein neues Soloalbum Zeit gelassen. Viel Zeit. Ganze sieben Jahre sind seit seiner bislang letzten Veröffentlichung ins Land gezogen. Mit „Songs I Like“ meldete sich der Tiroler Ende April mit neuem Material zurück. Der Bassklarinettist im Interview mit Michael Ternai.
Ihre letzte Veröffentlichung ist mittlerweile sieben Jahre her. Was hat Sie so lange aufgehalten? Ist die Labelarbeit (Session Work Records) doch etwas mehr geworden, als Sie es sich zu Beginn gedacht haben?
Christoph Pepe Auer: Ja, das auch. Die Labelarbeit verlangt einem doch einiges ab. Aber mit der Zeit bin ich natürlich schon auch cleverer geworden. Ohne Hilfe von anderen geht es nicht mehr. Ich delegiere heute gewisse Sachen schon auch an andere Leute. Der Hauptgrund aber, warum es so lange gedauert hat, war ein anderer. Ich war in den letzten Jahren ja keineswegs untätig. Ich war in diverse Projekte involviert und habe auch viel live gespielt. Nur bin ich nie an den Punkt gelangt, an dem ich mir gesagt hätte: „So, jetzt nehme ich eine CD auf.“ Stücke waren aus den Projekten eigentlich genügend da, nur hat es mich musikalisch immer wieder woanders hingetrieben, sodass ich die Nummern ständig aufs Neue umgebaut habe.
Und jetzt war es dann eben so weit.
Christoph Pepe Auer: Ja. Was sich im Vergleich zu vorangegangenen Veröffentlichungen dieses Mal aber verändert hat, war, dass ich zuallererst an die Musik und die CD gedacht habe. Ich habe erst einmal die Stücke geschrieben und komponiert und mir erst dann überlegt, mit welchen Instrumenten man diese umsetzen kann. Bei der Wahl der Musikerinnen und Musiker war mir wichtig, dass ich Leute um mich habe, die irgendwie mit mir zu tun haben und die ich kenne. Ich wollte nicht mit Gastmusikerinnen und Gastmusikern zusammenarbeiten, die schnell einmal etwas einspielen und sich dann auch schon wieder verabschieden. Es sollten Leute sein, mit denen ich schon einmal gemeinsam etwas entwickelt habe. Aus diesem Zugang heraus haben sich schließlich von Stück zu Stück immer andere instrumentale Besetzungen herausgebildet, was letztlich auch die entstandene musikalische Vielfalt erklärt.
„Die stilistische Ausrichtung? Ich würde doch schon sagen, dass meine Musik immer noch vom Jazz kommt.“
Wenn man Ihre Projekte der letzten Jahre ansieht, kann man doch sagen, dass Sie sich auf „Songs I Like“ von Ihrem musikalischen Ursprung, dem Jazz, doch sehr weit entfernt haben. Wirklich viel mit Jazz haben die Stücke ja nicht mehr zu tun. Es geht deutlich mehr ins Kammermusikalische und Elektronische. Inwieweit haben Sie diese musikalische Richtungsentscheidung bewusst getroffen?
Christoph Pepe Auer: Eigentlich wollte ich immer schon hin zu dieser Art des Musizierens. Nur wusste ich lange nicht, wie ich es schaffe, dorthin zu gelangen. Der große Türöffner für mich war Gregor Hilbe, der ja auch der Co-Produzent der Platte ist. Er ist in der Elektronikszene ja schon lange aktiv und weiß, wie man mit Electronics auf spannende Weise umgeht. Er bringt genau die Soundvorstellung mit, die ich immer geliebt habe, aber von der ich nicht wusste, wie man sie umsetzt.
Die stilistische Ausrichtung? Ich würde doch schon sagen, dass meine Musik immer noch vom Jazz kommt. Was ich aber bewusst eingeschränkt habe, ist die Improvisation, die doch ein stilbildendes Element des Jazz ist. Was ich wollte, war, die Dinge auf dieser CD kompakt wie möglich zu halten. Im Livekontext kann man die Nummern eh wieder aufmachen und durch Improvisation lebendiger gestalten.
Ich bin in den Stücken ein wenig nach einer Art Best-of-Prinzip vorgegangen. Ich habe wirklich nur die Töne und Parts verwendet, die ich selbst am coolsten gefunden habe. Die anderen habe ich einfach weggestrichen. Wären die Songs in ihrer originalen Version auf die Platte gekommen, sie wäre wahrscheinlich doppelt so lang geworden. Im Schnitt dauern die Nummern jetzt drei bis fünf Minuten, was eigentlich eher jazzunüblich ist und eher dem Pop- oder Elektronikformat entspricht.
Man hört den Stücken auch an, dass Sie gemeinsam mit Gregor Hilbe sehr am Sound gefeilt haben.
Christoph Pepe Auer: Das stimmt. Die Komplexität liegt auf dieser CD nicht in der Struktur oder in der Improvisation, sondern wirklich im Klang. Gregor und ich haben lange hineingeforscht. Fast schon wie Wissenschaftler, die mit einer Lupe oder einem Mikroskop tief in den Klang hineinblicken. Dabei sind Dinge zum Vorschein gekommen, die man nicht sofort sieht und erst wirklich freilegen muss. Genau diesen Zugang ermöglicht die Elektronik. Du kannst richtiggehend in den Klang hineinzoomen und genau die Details herausarbeiten, die du verwenden willst. Das war das wirklich Spannende an der Arbeit.
Inwieweit würden Sie sich als Perfektionist bezeichnen?
Christoph Pepe Auer: Also auf dieser CD hatte ich schon eine ausgeprägtere Tendenz zum Perfektionismus. Aber es hat großen Spaß gemacht, an den Dingen zu feilen.
Die Nummern entstammen – wie Sie gesagt haben – aus verschiedenen Projekten. Wie schwer war es, sie im Sound zu vereinheitlichen?
Christoph Pepe Auer: Es hat schon ganz gut funktioniert. Ich bin ja von der Bassklarinette ausgegangen. Besser gesagt, vom Klang der Bassklarinette, der ja im Unterschied zum Sound eines zum Beispiel Saxofons – der ja sehr schrill sein kann – eher ein warmer, knarrender und holziger ist. Und das war schon die Vorstellung, in welche Richtung die Platte klangmäßig gehen soll. Ich habe natürlich schon sehr darauf geachtet, dass die anderen Instrumente, die in den Songs zu hören sind, auch die gleiche Klangfarbe beziehungsweise -qualität hineinbringen. Daher, glaube ich, klingt die ganze Sache auch so rund.
„Es gibt viele junge Leute, die irrsinnig gut spielen.“
Hört man sich durch die Nummern dieses Albums, kommen einem doch Namen wie Cinematic Orchestra und Jaga Jazzist in den Sinn. War das die Musik, die Sie früher gehört haben und die Sie geprägt hat?
Christoph Pepe Auer: Ja, Cinematic Orchestra habe ich damals gemeinsam mit Manu Delago tatsächlich sehr viel gehört. Besonders diese eine Platte, deren Titel mir gerade nicht einfällt. Die ist in unserer Innsbrucker Clique, in der wir aufgewachsen sind, wirklich rauf und runter gelaufen. Und ja, es gibt schon einen gewissen gemeinsamen Sound. Dieser ist emotional behaftet. Man hört diese Musik nicht rein intellektuell. Sie macht etwas mit einem. Sie bleibt hängen.
Und genau das tut ja auch „Songs I Like“.
Christoph Pepe Auer: Das hoffe ich. Ich wollte aber auch eine Platte machen, die man selbst gerne auflegt und sich anhört. Als Musiker ist das ja nicht immer leicht. Das können ja nur wenige. Und eigentlich, so blöd das auch klingt, müsste rein theoretisch deine eigene Musik deine liebste sein. Vorausgesetzt natürlich, dir gelingt es, alles umzusetzen, was du in deinem Kopf hast.
Vielleicht eine Frage zu Ihrer Rolle als Labelchef. Session Work Records hat sich mittlerweile als eine bedeutende Anlaufstelle für die junge heimische Jazzmusik etabliert. Inwieweit sehen Sie sich in Ihrer Arbeit bestätigt?
Christoph Pepe Auer: Ja, das Label ist in der Szene zu einer wichtigen Schnittstelle geworden. Es gibt viele junge Leute, die irrsinnig gut spielen. Und einige von diesen haben auch schon ihre künstlerische Idee, was ja die Voraussetzung für den nächsten Schritt ist. Nur fehlt es dann aber an der Anlaufstelle. Und diese übernimmt eben zum Teil Session Work Records. Das Label soll Dinge ermöglichen, die man alleine nicht erreicht.
Ich frage mich oft aber auch, warum ich in diese Rolle gerutscht bin. Es hat wahrscheinlich mit meiner persönlichen Einstellung zu tun, anderen helfen zu wollen. Ich will halt den anderen auch etwas weitergeben.
Danke für das Interview.
Michael Ternai
Fotos Christoph Pepe Auer: pepeauer.com