Dass JAMES HERSEY ein Händchen fürs Songwriting hat, weiß man nicht erst seit gestern. Den letzten schlagenden Beweis dafür, dass er richtig gute Nummern auf den Weg bekommt, liefert der Liedermacher auf seinem soeben erschienen Debüt „Clarity“. Der in Linz geborene Sohn eines Amerikaners über musikalische Freiheit, darüber, genau das zu tun, was man will, über seine Freude am Livespielen und die gute Laune, die seine Songs entfachen sollen. Das Interview mit JAMES HERSEY führte Michael Ternai kurz vor dessen Auftritt im Wiener FLEX am 14. März.
Sie haben gerade eine recht ausgiebige Tour durch die deutschsprachigen Lande absolviert. Mit dem Livespielen sind Sie damit aber noch lange nicht am Ende.
James Hersey: Ja, das stimmt. Wir haben jetzt erst einmal eine Headliner-Tour durch Deutschland und Österreich mit insgesamt neun Shows absolviert. Am kommenden Montag geht es dann weiter in die USA zum South by Southwest Festival, wo wir zwei Showcases spielen. Und anschließend eröffnen wir für Milky Chance auf deren Nordamerika-Tour. Das sind dann noch einmal fünfzehn Termine. Ich selbst spiele zum Abschluss alleine dann noch einen Club-Gig in Los Angeles.
Das hört sich ja nach einem intensiven Programm an. Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf der Tour bisher?
James Hersey: Sehr. Die Tour ist geil. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass unser Album vielleicht ein paar Wochen früher rausgekommen wäre, weil doch zu sehen war, wie exponentiell die Kartenverkäufe seit dem Release angestiegen sind, aber sonst kann ich mich wirklich nicht beklagen. Es war wirklich überall cool. Die Konzerte waren eigentlich nirgendwo leer und meistens voll (lacht).
Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass Sie nun auch beim South by Southwest Festival spielen?
James Hersey: Das war ganz lustig. Ich bin ja schon 2012 einmal hingeflogen, alleine und ohne irgendwas. Ich habe einfach an irgendwelchen Straßenecken gespielt. Das Ganze ist eigentlich eher inoffiziell abgelaufen. Auf jeden Fall habe ich einige Mixtapes verkaufen können. Zwei Jahre später ist dann eben eine Einladung gekommen, ein Showcase zu spielen. In Downtown, was cool ist, weil ich dort ja für einige Zeit einmal gelebt habe. Und weil wir schon einmal dort sein werden, sind wir auch gleich eingeladen worden, am Vortag einen Auftritt zu absolvieren. Gemeinsam mit der deutschen Band Milky Chance. Wir haben ja den gleichen Booking-Agenten und es so hingedreht, dass sich alles perfekt ausgeht. Wir spielen in einer großen Halle ein langes Set. Und das vor Milky Chance.
Ich habe die Jungs von Milky Chance ja Ende 2013 im Rahmen einer kleinen Tour kennengelernt, also in der Zeit, in der ich eigentlich schon voll an meinem neuen Sound gearbeitet und auch schon die ersten Songs beisammen hatte. Wir haben uns damals eigentlich sofort beim ersten Soundcheck in München musikalisch ineinander verliebt. Seither sind wie sehr gut befreundet.
„Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass ich jetzt wirklich alles machen darf.“
Seit dem letzten Output, dem Mixtape „Twelve“ (2012), sind nun knapp drei Jahre vergangen. Was hat sich in der Zwischenzeit getan? Musikalisch scheint es so, als ob Sie weitaus vielfältiger und musikalisch offener an die Sache herangegangen sind.
James Hersey: Als ich damals mit dem letzten Song von „Twelve“ fertig war, hatte ich plötzlich das Gefühl, dass ich jetzt wirklich alles machen darf und mich in keinster Weise mehr einschränken muss. Es war so, als könnte ich mir alle Türen offen halten und genau das machen, was ich wirklich will. Und genau dieses Denken habe ich auf „Clarity“ auch total ausgelebt. Vielleicht ist es genau deswegen so abwechslungsreich geworden. Es sind ja reine Akustik-Nummern genauso drauf wie Trio-Akustik-Nummern, auch manche vielleicht etwas zu radikal ausproduzierte Sachen sind vertreten.
Das zeugt von einer großen musikalischen Offenheit.
James Hersey: Oh ja, ich höre sehr verschiedene Musik und ich habe in allem auch irgendwie das Schöne gefunden. Daher kenne ich auch beim Produzieren keine Angst mehr. Das ist wirklich cool. Ich habe jetzt nicht mehr das Gefühl, dass ich mich an irgendwelche Sachen halten muss, außer an meine eigenen Vorstellungen.
Die Songs auf „Clarity“ sind in kompletter Eigenregie entstanden.
James Hersey: Genau. Ich habe alles selbst produziert und auch das gesamte Schlagzeug programmiert. Beim Durchhören nach dem Mastering haben wir uns dann dazu entschlossen, das Schlagzeug nochmals aufzunehmen, sprich, es live einzuspielen. Ich bin dann mit Julian, meinem Liveschlagzeuger, ins Studio nach Kassel gefahren, wo wir die Sachen dann wirklich ganz neu aufgenommen und auch gemeinsam weiterentwickelt haben.
Wie lange haben Sie für das Album, vom Schreiben der ersten Songs bis zur Veröffentlichung, eigentlich gebraucht?
James Hersey: Das Album begonnen aufzunehmen habe ich im Sommer 2013, wobei nicht wenige der Songs eigentlich schon davor entstanden sind.
Ihre Musik ist, zumindest von der Stimmung her, eine sehr positive klingende?
James Hersey: Ich will auf jeden Fall, dass die Leute spüren, wie sie selbst positiver sein können. Und ich glaube, dass es mir musikalisch auch gelingt, dies zu vermitteln. Meine Texte selbst sind zugegebenermaßen teilweise etwas intensiver, aber generell bin ich selbst ein doch sehr optimistischer Mensch. Ich kann schon auch nachdenklich sein, generell aber sehe ich das Leben aber mit hellen Augen.
„Ich würde sagen, ich mache eine Art Singer-Songwriting-Elektronik-Alternative-Pop.“
Und live dürfte diese positive Energie auch ganz gut rüberkommen.
James Hersey: Ich denke schon, dass die Songs sehr gut ankommen. Die Nummern haben viel zum Mitsingen, daher funktionieren sie live auch so gut. Unsere Shows sind irgendwie eine Art Hanging-out mit uns. Und das soll allen Spaß machen. Die Songs selbst spielen wir live eigentlich relativ brav runter, wobei die Solos manchmal ein wenig crazy sind (lacht). Aber das gehört dazu. Wenn man live spielt, muss man hin und wieder auch das Tier rauslassen.
Wo liegen eigentlich Ihre musikalischen Einflüsse?
James Hersey: Ich habe mein musikalisches Zuhause im Songwritertum gefunden. Verantwortlich dafür war zum großen Teil mein Vater, der, als wir Kinder waren, immer Songs von Künstlern wie Simon & Garfunkel gespielt hat. Wenn es dann ein wenig crazier sein sollte, war es eine Band wie Grateful Dead, die herhalten musste. Aber klar, ich habe mich im Laufe der Zeit musikalisch auch umgesehen. Nach einer Phase, in der ich mich vorwiegend mit Punk auseinandergesetzt habe, bin ich irgendwann mit Hip-Hop in Berührung gekommen. Schließlich bin ich dann beim Pop gelandet. Das war vor allem in der Zeit, in der ich noch unterrichtet habe. Da wollten die Kids vor allem Songs lernen, die nicht auf Gitarre geschrieben worden sind. Dabei habe ich auch viel gelernt.
Wenn sie Ihre Musik selbst beschreiben müssten, welche Bezeichnung würden Sie wählen?
James Hersey: Ich würde sagen, ich mache eine Art Singer-Songwriting-Elektronik-Alternative-Pop. Ich habe in erster Linie ja als Singer-Songwriter begonnen und dann kam irgendwann die Elektronik hinzu. Und ja, es ist schon Pop, aber gleichzeitig nicht ganz Mainstream, die Melodien sind schon eingängig, aber die Songs nicht durchdesignt.
Was machen Sie eigentlich lieber, an den Songs tüfteln oder auf der Bühne stehen?
James Hersey: Ich mache eigentlich beides sehr gerne, wobei ich sagen muss, dass das Produzieren manchmal schon sehr anstrengend sein kann, weil man dabei – zumindest in meinem Fall – oft alleine ist. In diesen Phasen kommt man oft in diese kreativen Tiefen hinein, in denen man fast alles, was man tut, irgendwie anzweifelt und schrecklich findet. Das kann schon sehr heftig sein. Auf Tour kommt man auch in diese Tiefen, nur hat man da Menschen um sich herum, was die ganze Sache etwas leichter macht.
Ich spare mir das Schreiben auch immer für eine bestimmte Zeit auf. Ich bin nicht unentwegt am Songschreiben. Mein nächstes Album will ich gezielt in drei bis fünf Monaten geschrieben haben. Jetzt im Moment will ich einfach die Tour und die Konzerte genießen.
Danke für das Interview.
Fotos James Hersey: Bastian Fischer