„ICH MAG ES, WENN DIE LEUTE SEHEN, DASs MEIN ZEUG DAS GEILSTE IST.“ – HIPHOP JOSHY IM MICA-INTERVIEW

Seine Joints „schmecken gut“ und sind „dick wie Rigatoni“, manchmal raucht er sich „den Kopf frei“ oder schiebt „Panik“. HIPHOP JOSHY haut 16er raus, in denen mehr Sugar steckt als in jedem Deutschrap-Eistee. Außerdem hat der Mitgründer des Wiener Labels HEISSE LUFT gerade sein Album „Konnex“ veröffentlicht. Das letzte unter altem Namen, wie er meint. Wieso er nicht mehr nur über Weed rappen will, warum ein strenges Elternhaus nicht automatisch cringy klingen muss und mit wem er nie zusammenarbeiten würde, hat JOSHY im Gespräch mit Christoph Benkeser erklärt.

„R.I.P HipHop Joshy“ steht auf deinem aktuellen Merch-Shirt. Was ist los?

HipHop Joshy: Ich trage HipHop Joshy bald zu Grabe – dann nenn ich mich nur mehr Joshy!

Blöde Frage: Wieso?

HipHop Joshy: Mir ist der Name mittlerweile zu blöd. Es war ein Witz, ein lustiger Name. Das ist er immer noch. Und er verpasst mir sofort den HipHop-Stempel. Trotzdem: Der Name muss weg. Auch weil ich das Gefühl habe, dass ich mich musikalisch wie inhaltlich im Kreis drehe.

Im Kreis?

HipHop Joshy: Es wurde mir zu oberflächlich. Ich habe zwar mit „Konnex“ versucht, es vom Ulkigen wegzubringen, aber das Projekt hat einfach diesen Stempel.

Man könnte es auch von der anderen Seite betrachten: HipHop Joshy steht für etwas.

HipHop Joshy: Aber für etwas, das ich nicht mehr haben will. Ich habe mehr zu erzählen als das. Das will ich vom Alten trennen, weil es sonst HipHop Joshy bedienen müsste. Das geht mir am Oarsch.

Das heißt, du rappst nicht mehr über Chilli Cheese Nuggets und …

HipHop Joshy: …Weed, genau. Es wird natürlich trotzdem vorkommen, weil das mein Alltag ist. Auf dem Album, das im Herbst kommt, erzähl ich aber mehr. Vor allem über mich.

Von nun an als Joshy. Dir geht’s um die Entwicklung, oder?

Joshy: Komplett! Ich erzähl’ meine Geschichte, indem ich meine pubertäre Phase perfekt begleite! Damit hoff’ ich, dass mich die Leute verstehen – zumindest ein bisschen!

Die Leute sollen Joshy verstehen?

Joshy: An HipHop Joshy gäb es nicht mehr viel zu verstehen.

Mac Miller hat am Anfang auch nur über Frozen Pizza und Weed gerappt.

Joshy: Ja, eben – am Anfang! Außerdem ist Mac Miller ein Name, der nicht automatisch albern klingt. Ich hätt’ einfach früher einen besseren Namen gebraucht. Dabei ist der Schritt von HipHop Joshy zu Joshy gar nicht so oarg, oder?

Nein, eh nicht. Es ist ein …

Joshy: …Erwachsenwerden! Davor hab’ ich mich versteckt.

„Ich will mich nicht mehr hinter diesen halbironischen Haha-Witzen verstecken.“

Versteckt?

Joshy: Ich will mich nicht mehr hinter diesen halbironischen Haha-Witzen verstecken. Wenn man inhaltlich ansteht, ist es nicht nur für einen selbst fad, sondern auch für den oder die Hörer*in! Das will ich nicht. Ich will die Leute überraschen.

Genug mit der Ironie und …

Joshy: Es wird immer noch ironisch und zynisch sein, aber mehr real talk geben!

Um was geht’s im real talk?

Joshy: Um meine Vergangenheit! Ein Großteil meiner Familie ist bei den Zeugen Jehovas. Mit dieser Realität bin ich aufgewachsen. Deshalb geht es um mein Ausbrechen, ums Austesten von Grenzen und ums Ausrasten, aber auch ums Hinterfragen – bis es am Ende auf Null hinausgeht.

Auf Null?

Joshy: Auf den Neustart.

Wie bist du ausgebrochen?

Joshy: Einen Tag nach meinem 18. Geburtstag hab’ ich mich von dem Shit verabschiedet. Ich hab’ zwar noch ein Jahr bei meinen Eltern gewohnt, nach der Schule bin ich aber direkt nach Wien gezogen – seitdem hab’ ich zu der Szene keinen Kontakt mehr. Ich muss aber dazusagen: Voll drin war ich nie. Ich hab’ mich zum Beispiel nie taufen lassen. Trotzdem: In meinem neuen Projekt geht es viel um den Konflikt. Um die Tatsache, dass Verlassenwerden scheiße ist. Und Drogen.

Wenn man sich wegballert, muss man sich selbst nicht konfrontieren. Das kann eine Zeitlang ganz gutgehen, oder?

Joshy: Voll, bis man an Grenzen stößt! Deshalb wird das Album auch „Lol, was mach ich eigentlich?“ heißen. Das wird urgut!

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Das bisherige Zeug war auch nicht schlecht.

Joshy: Eh, aber das waren Songs, die ich nebenbei gemacht hab. Das war kein Hirnfick, keine Therapie. Es waren halt Sessions mit anderen Leuten. Sich zu öffnen und zu erklären, das ist was anderes!

Ist das für dich eine Form von Therapie?

Joshy: Total, ich muss mich hinterfragen und bin auch in normaler Therapie. In den Texten geht es um Aktion und Reaktion und die Frage, was gewisse Sachen bei mir ausgelöst haben.

„Es wird keine Platte zum Nebenbei-Hören sein.“

Was meinst du mit „gewisse Sachen“?

Joshy: Eine Geschichte, die sich aus den einzelnen Songs zusammensetzt. Die Leute sollen darüber nachdenken. Es wird keine Platte zum Nebenbei-Hören sein.

Es wird also … deep.

Joshy: Sehr deep! Ich wusste immer, dass ich diese Platte machen muss, hatte bisher aber nicht den nötigen Abstand dazu. Außerdem war ich einfach nicht gut genug, um das g’scheit umzusetzen.

Zweifelst du an dir selbst?

Joshy: Es ist vor allem Ehrfurcht vor dem Thema! Ich will nicht, dass es cringy wird.

Wann wär’ es cringy?

Joshy: Es soll nicht so wirken, als suche ich damit nach Mitleid. Es muss trocken sein, gleichzeitig mit zynischem Humor rüberkommen.

Die Leute sollen also deine Geschichte hören, sich darin aber selbst erkennen können.

Joshy: Genau das! Deshalb endet das Album mit Hoffnung – ein strenges Elternhaus haben eh viele.

Grad in Österreich!

Joshy: Oder im Islam. Urstrenge Eltern gibt es überall.

Wie hast du dich davon befreit?

Joshy: Indem ich HipHop für mich entdeckt hab’! Mit zwölf wusste ich, dass ich niemals bei den Zeugen Jehovas sein will – weil alles, was cool ist, dürfen die nicht gut finden. Trotzdem war ich natürlich drin. Basically haben sie mir meine Jugend genommen. Damit hadere ich am meisten. Und deshalb hab’ ich auch Angst, älter zu werden. Ich hab’ einfach das Gefühl, dass ich ur viele wichtige Jahre verpasst hab.

HipHop Joshy: KONNEX (Mixtape-Cover)
HipHop Joshy: KONNEX, Mixtape, Cover (c) LM Witting

Da steckt viel Wut drin, oder?

Joshy: Extrem!

Deshalb Betäubung statt Konfrontation.

Joshy: Bisher, ja. Ich hab’ komplett übertrieben, weil ich schauen wollte, was geht. Klar kommt man dann komisch rüber, weil alle anderen die Erfahrungen viel früher machen konnten.

Man ist im falschen Alter …

Joshy: Und deine Freunde haben keinen Bock mehr drauf, weil die das alles schon viel früher erlebt haben, ja! Die denken sich dann, „was für ein Trottel.“ Ich denk mir: „Wo ist das Problem?“ Das clasht – ich bin dann verwirrt, gefrustet und fühl mich unverstanden.

Trotzdem hat es dich zu dem Menschen gemacht, der genau das Album machen konnte, das du gemacht hast.

Joshy: Das ist kein Trost, aber immerhin! Und es stimmt eh, ich hab’ durch den Scheiß viele Sachen gelernt, die andere nie lernen mussten.

Was zum Beispiel?

Joshy: Durchhaltevermögen und das Vertrauen, Sachen einfach zu machen.

Bist du ein Macher?

Joshy: Kommt drauf an, wie wichtig mir etwas ist. Wenn ich sag’, dass ich Sport mach, mach’ ich oft trotzdem keinen – weil ich die Priorität woanders setze. Dinge, die mir am Herzen liegen, setz’ ich aber schnell und gut um.

Ist das Überkompensation im Kleinen?

Joshy: Ich will, dass die Sachen klappen, deshalb vertrau ich mir und mach sie selbst. Das ist etwas, was ich immer gewohnt war. Ich musste mich auf mich selbst verlassen können.

Weil du in deiner Jugend niemanden hattest, dem du vertrauen hättest können?

Joshy: Na ja, mittlerweile hab’ ich schon meine Leute, denen ich vertraue. Trotzdem vertrau ich nicht jedem meiner Freunde blind – vor allem in Sachen Arbeit.

Ich meinte eher: Du hattest innerhalb der Sekte niemanden, dem du dich hättest anvertrauen können.

Joshy: Genau, man kann mit niemanden darüber reden, was man denkst. Es fängt bei dir an und endet auch dort. Ich hab’ also eine Art Doppelleben geführt. Zu Hause war ich Jonathan, in der Schule der Joshy.

Nennst du dich manchmal noch nach deinem echten Namen?

Joshy: Ja eh, meine Freundin nennt mich manchmal so. Damit hab’ ich kein Problem. Joshy passt trotzdem besser zu mir.

Weil du das sein möchtest?

Joshy: Nein, weil ich es bin. In Joshy steckt mehr fun. Das bin ich! Ich mag Spaß, ich mag Action. Jonathan klingt nicht danach. Aber so oft setz ich mich nicht damit auseinander.

Du meinst mit deiner Vergangenheit?

Joshy: Ja eh, es bringt mich nicht weiter, wenn ich darüber nachdenk’. An manche Dinge erinnere ich mich mit Wehmut zurück. Aber ich halt’ mich nicht darin auf, weil ich nichts mehr daran ändern kann.

„ICH HAB’ DURCHS KIFFEN WESENTLICH MEHR VORTEILE ALS NACHTEILE.“

Kiffst du eigentlich noch?

Joshy: Ja, ich hab’ aber erst spät damit begonnen, deswegen ist alles cool. Bei dir?

Ich hab’ aufgehört. Irgendwann hat sich’s nicht mehr gut angefühlt.

Joshy: Ich zieh aus dem Kiffen wesentlich mehr Vorteile als Nachteile. Auch weil ich nicht anfang’ zu denken. Es cleart eher mein Denken. Kiffen ist deshalb wie eine Nachspeise – ich brauch es einfach.

Joshy mag also die guten Sachen des Lebens.

Joshy: Ich hab’ eh schon so viele Sachen verpasst und ich weiß nicht, wie lange mir noch bleibt. Wieso soll ich mich also einschränken?

Das klingt ziemlich fatalistisch.

Joshy: Wahrscheinlich stolper’ ich irgendwann die Stiegen runter. Ich könnt’ aber auch einfach überfahren werden.

Das klingt furchtbar, wenn du die ganze Zeit daran denkst …

Joshy: Ich denk’ doch gar nicht dran. Auch weil ich generell kein großer Denker bin. Was ich mach’, kommt meistens intuitiv aus mir. Deswegen kann ich ein paar Sachen ganz gut, aber ur viel gar nicht.

Was kannst du nicht?

Joshy: Warten. Handwerken. Und mit Leuten reden, wenn ich keine Lust drauf hab’.

Dafür redest du eh viel mit mir.

Joshy: Weil ich Lust drauf hab’! Das ist mir schon wichtig. Ich versuch’, nur Sachen zu machen, auf die ich Lust hab’.

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Bei allem anderen käme auch nix G’scheites rüber.

Joshy: Voll, wenn ich keinen Bock drauf hab’, mach ich es nicht. Das lähmt mich leider manchmal, weil manche Sachen halt g’macht g’hör’n. Einen Kompromiss gibt’s aber immer.

Findest du gut zu Kompromissen?

Joshy: Nein, ich bin ein Sturkopf. Wenn ich weiß, dass ich etwas weiß, bringt mich niemand davon ab.

Wenn das jemand kritisiert, wird’s schnell zum persönlichen Angriff.

Joshy: Ich nehm’ eh zu viele Dinge persönlich! Ich tu mir auch mit Kritik schwer – selbst wenn es gute Kritik ist, weil … manche Kritiken sind auch so komisch formuliert.

Wie meinst du das?

Joshy: Leute kommen und meinen: „Ja der Track war nice, ich fand deinen Part viel besser als den vom Feature.“ Damit kann ich nichts anfangen, ich mein’: Es ist immer noch mein Track, und ich hab’ mich dafür entschieden, dass das Feature drauf ist, also was soll das heißen?

Die Leute glauben, sie tun dir einen Gefallen, wenn sie dich hervorheben.

Joshy: Es sind unnötige Halbkomplimente! Die könnten auch sagen: „Geiler Track, gefällt mir urgut, besonders dein Part.“ Das wär’ was Anderes, weil ich check’, dass sich die Leute damit auseinandersetzen!

HipHop Joshy: KONNEX
HipHop Joshy (c) @maromoves

Du bist schon streng.

Joshy: Ich wünsch’ mir, dass ich es manchmal nicht wäre. Die ständige Aufregung ist schlecht für meinen Blutdruck! Außerdem will ich nicht rumsudern, weil mir das am Oasch geht.

Gute Laune …

Joshy: Statt Hass! Dabei hate ich schon gern – aber im Privaten.

Wieso nicht öffentlich?

Joshy: Wer bin ich schon, um öffentlich zu sagen, was kacke ist?

Du machst dich jetzt absichtlich klein, oder?

Joshy: Nein, was hab’ ich davon, wenn ich jemanden niedermach?

Die Diskussion!

Joshy: Dann müsst’ ich mich ja erklären, das geht mir noch mehr auf die Eier!

Also lieber behind the back haten.

Joshy: Wenn jemand zu mir kommt, den ich nicht pack, sag ich schon: „Sorry, ich find dich scheiße!

Denkst du, dass du im Vergleich zu wenig Hype hast?

Joshy: Sicher, aber ich kenn auch die Antwort auf die Frage nach dem Warum.

Die da wäre?

Joshy: Ich könnt auch für Leute sprechen, die … na ja, ich müsst’ halt viel mehr Social Media machen und glatter nach außen hin auftreten, um …

Woker rüberzukommen?

Joshy: Das wär’ mir zu blöd, weil ich bin nicht so woke. Und auch nicht so schlau, um mich die ganze Zeit solchen Diskussionen auszusetzen.

Eigentlich möchtest du einfach dein Ding machen.

Joshy: Jeder soll sein Ding machen. Ich mag aber schon, wenn die Leute sehen, dass das, was ich mach, am geilsten ist.

Danke für deine Zeit!

Christoph Benkeser

Links:
HipHop Joshy (Instagram)
HipHop Joshx (Facebook)
HipHop Joshy (TikTok)