Durch Corona war plötzlich alles anders. Anstatt die erfolgreich laufende Tour durch Deutschland ebenso erfolgreich abzuschließen, waren der Salzburger Rapper DAME und sein Team gezwungen, diese aufgrund der sich zuspitzenden Lage abzubrechen. Die Gesundheit der Fans ging einfach vor. Für andere wäre der Abbruch vermutlich der Grund gewesen, sich erst einmal grün und blau zu ärgern. Nicht so für DAME. Zurück in Wien hat sich der gebürtige Salzburger gemeinsam mit dem Produzenten JOHANNES HERBST gleich daran gemacht, sich einen schon langehegten Traum zu erfüllen, und zwar jenen, die Gitarren auch mal in seiner Musik laut erklingen zu lassen. Auf seiner „Rock EP“ zeigt der Rapper einmal mehr eindrucksvoll, dass bei ihm musikalisch nichts wirklich in klassischen Bahnen abläuft. DAME im Interview mit Michael Ternai, über seine Liebe zu rockigen Klängen, die Krise als die Möglichkeit, Dinge neu aufzustellen, und die Notwendigkeit, auch einmal die nicht so schönen Seiten zu zeigen.
Zunächst einmal, wie ist es dir bzw. euch in der Corona-Krise ergangen?
Dame: Wir sind von der Krise natürlich überrumpelt worden. Wir befanden uns zu diesem Zeitpunkt gerade auf Tour und haben schon mitbekommen, dass sich die Situation mehr und mehr verschärft. Es war irgendwie seltsam. Wir haben in Städten gespielt, in denen zwei Tage nach unserem Auftritt ein Konzertverbot ausgesprochen worden ist. Irgendwann haben wir dann auch begonnen, uns die Frage zu stellen, ob wir die Tour überhaupt weiterführen sollten und haben im Team entschieden aus moralischen Gründen abzubrechen. Am Ende des Tages wollen wir niemanden in Gefahr bringen und die Gesundheit unserer Fans nicht aufs Spiel setzen. Wir mussten unser Zeug also zusammenpacken und nach Wien zurückkehren. Natürlich sind durch den Abbruch der Tour Kosten entstanden. Aber wir haben die Tour Gott sei Dank in den Jänner verschieben können, wobei natürlich immer noch nicht ganz klar ist, ob und unter welchen Umständen sie stattfinden kann.
Ich bin auch gleich in Wien geblieben, weil bei uns soundso auf dem Plan stand, mit dem Produzieren zu beginnen. Wobei man sagen muss, dass das auch nicht so leicht war. Vieles war und ist nicht mehr so möglich wie vor der Krise. Besonders was die Videodrehs anbelangt. Aber die Situation hat die Kreativität gefördert. Zudem hat sie uns Zeit verschafft, die ganze Firma neu zu strukturieren. Es hat in der Vergangenheit einige Sachen gegeben, die nicht mehr so reibungslos abgelaufen sind. Und es war eh an der Zeit, sich dieser anzunehmen und sie neu aufzustellen. So gesehen war es für uns eine sehr spannende Zeit und auch eine produktive, weil wir uns wieder auf das Wesentliche konzentrieren konnten.
Auf der anderen Seite war es schon hart, das Schicksal von Kolleginnen und Kollegen mitzuverfolgen. Manche hat es schwer erwischt. Vor allem im Veranstaltungs- oder Tontechnikerbereich, wo viele von Heute auf Morgen plötzlich keinen Job mehr gehabt haben. Das tut natürlich weh.
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Wie weit hat die Situation, wie du vorher erwähnt hast, die Kreativität gefördert?
Dame: Die Situation hat die Kreativität insofern gefördert, als dass ich mich an meine Anfangszeiten zurückerinnert habe, in denen vieles nicht so einfach war und ich schauen musste, wie ich mit wenigen Mitteln die Dinge, wie etwa Videos, doch hinbekomme. Es ging darum, sich Lösungen zu überlegen. Und genau das ist jetzt auch der Fall.
„Ich bin ja unter anderem auch ein Rockfan.“
Die EP geht, wie es der Titel schon verrät, in eine rockige Richtung. Hast du immer schon einmal vorgehabt, dich auch in dieser Richtung einmal auszuprobieren?
Dame: Den Wunsch, in die Richtung zu gehen, hatte ich schon lange. Ich bin ja unter anderem auch ein Rockfan. Meiner Liebe zum Soul habe ich vor paar Jahren mit der „Soul EP“ Ausdruck verliehen. Ich liebe es einfach sehr, diese musikalischen Ausflüge zu machen. Dass es mit der „Rock EP“ so lange gedauert hat, lag einfach daran, dass die Zeit nie da war. In den letzten Jahren hat sich bei uns ein Rad zwischen ständigem Touren und der Arbeit an neuen Alben herausgebildet, das nur schwer zu durchbrechen war. Es machte es einfach unmöglich, andere Projekte zu realisieren. Die Corona-Zeit hat uns jetzt die Möglichkeit eröffnet, die EP endlich umzusetzen.
Nachdem alle Aufträge weggebrochen waren und wir alle Zeit hatten, haben wir uns dazu entschlossen, die Zeit einfach dafür zu nutzen. Johannes Herbst und ich haben uns dann ins Studio eingesperrt und die Songs einfach losproduziert. Einmal ist noch ein Schlagzeuger hinzugekommen, der in einem separierten Raum die Drum-Tracks aufgenommen hat.
Inwieweit empfandest du es herausfordernd, im Sound in diese Richtung zu gehen?
Dame: Überhaupt nicht. Ich bin Gitarrist und spiele auch Piano. So gesehen war es nicht wirklich ungewohnt. Ich schreibe meine Songs generell auf Gitarre und Klavier und habe auf meinen bisherigen Alben auch schon solche musikalischen Ausflüge gemacht. Meine Nummern waren nie wirklich immer klassisch Hip-Hop oder Pop.
Ich finde, es kommt immer darauf an, was ein Song braucht. So einen musikalischen roten Faden habe ich bei einem Album eigentlich noch nie gehabt. Bei dieser EP ist es das erste Mal, dass es einen solchen wirklich gibt. Es hat auf jeden Fall großen Spaß gemacht, mit Johannes, der ja selbst einmal in einer Rockband gespielt hat, an den Songs zu arbeiten, weil er die gleiche Leidenschaft zu der Musikrichtung teilt.
„Meine Fans sind es von mir gewohnt, dass ich viele solcher musikalischen Ausflüge unternehme oder mal ganz andere Wege gehe.“
Wie, glaubst du, werden die Fans dein musikalisches Experiment annehmen?
Dame: Es ist jetzt schon ersichtlich, dass sie die EP gut annehmen. Meine Fans sind es von mir gewohnt, dass ich viele solcher musikalischen Ausflüge unternehme oder mal ganz andere Wege gehe. So gesehen bin ich recht optimistisch, dass es ihnen gefallen wird. Aber klar, wenn man etwas Neues macht, birgt das immer ein gewisses Risiko. Wir haben ganz bewusst „Hauptsache echt“ als erste Single herausgebracht. Der Song geht stark in die Nu-Metal-Richtung. Und ja, es hat auch ein paar negative Kommentare geben, aber so ist das eben. Auch das Feedback zu „Einsamer Wolf“ war bisher sehr positiv. Für meine Fans sind die Texte wichtig und ich denke, dass es für sie nicht entscheidend ist, ob jetzt einmal eine Rockgitarre oder ein Reggae-Sound zu hören ist, solange der Song nach mir klingt.
Woran sich nichts geändert hat, ist dein Zugang zu den Texten. Du gibst dich oftmals nachdenklich, das Partyfeiern überlässt du anderen.
Dame: Ich denke, gerade in der Zeit, in der wir leben, ist es manchmal wichtig, auch negative Seiten anzusprechen. Schaut man nur ins Internet auf soziale Plattformen, wie zum Beispiel Instagram, sieht es so aus, als wäre das Leben eine ständige Party. Alle sind gut drauf, ein Urlaubsfoto ist schöner als das andere und, und, und. Die nicht so schönen Seiten, die Baustellen dahinter werden nicht gezeigt. Dieses ständige Gut-drauf-sein-Müssen löst sicher ein Druckgefühl auf die Jugend aus. Ich finde es gut, wenn man einmal anspricht, dass es nicht immer super läuft und dass es sehr wohl Sachen gibt, die nicht passen.
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„Ich habe mich mit meiner Musik immer etwas in der Nische bewegt und bin schon oft gegen den Strom geschwommen.“
Weil du vorher den Song „Einsamer Wolf“ erwähnt hast. Inwieweit siehst du dich in der Musikszene ein wenig als ein solcher?
Dame: Das ist unterschiedlich. Einerseits sehe ich mich schon ein wenig als einsamer Wolf. Seitdem ich mich erinnern kann, war es so, dass ich gegen den Mainstream ankämpfen musste. Ich habe mich mit meiner Musik immer etwas in der Nische bewegt und bin schon oft gegen den Strom geschwommen. Und dabei ist man manchmal einsam. Andererseits ist „Einsamer Wolf“ ein Song, der mir sehr geholfen hat, weil ich mit diesem eine Trennung verarbeitet habe.
In meinen Texten schwingt immer ein Stückerl Wahrheit mit, entweder aus dem Bekanntenkreis oder Geschichten aus dem Leben, die einfach passieren. Für mich war das Texten immer eine Art Therapie. Daher sind sie mir persönlich sehr wichtig.
Du hast gerade gesagt, dass du eigentlich in der Nische unterwegs warst und bist. Wenn man das bedenkt, bist du doch mehr als erfolgreich geworden.
Dame: Das ist alles Schritt für Schritt passiert. Wenn man fleißig ist, hat man natürlich größere Chancen darauf, dass einmal etwas funktioniert. Wenn man nur zwei Songs im Jahr releast, wird es schwer, in die Charts zu kommen. Wenn man dreißig Songs veröffentlicht, ist die Chance, das zu erreichen, klarerweise höher. Sicher hatte ich damals mit dem Computerspiel-Song ein wenig Glück, weil der gerade zu jenem Zeitpunkt einfach gut funktioniert hat. Ich denke, jeder Song hat so seine Zeit. Es kann ja sein, dass eine Nummer erst zehn Jahre nach der Veröffentlichung durch irgendeine Werbung, in der sie verwendet wird, richtig bekannt wird. Planen kann man so etwas nicht. Wichtig ist, dass man das, was man macht, gerne macht und den eigenen Weg verfolgt.
Ich kenne sehr viele Künstlerinnen und Künstler, die sich daran orientieren, was gerade in ist, welche Instrumente oder welches Soundbild gerade verwendet werden, was im Moment im Radio läuft oder wie lang ein Radiosong sein muss. Wenn man nur so arbeitet und vergisst, was einem Spaß macht, und sich nicht die Zeit nimmt, um zu jammen und den eigenen Stil zu finden, geht etwas ganz Wichtiges an der Musik verloren. Ich glaube, die Leute merken einfach, wenn etwas von Herzen kommt.
Warum, glaubst du, hat es für dich in Deutschland so hervorragend geklappt? Und vor allem viel besser als zunächst in Österreich.
Dame: Es ist immer wieder lustig, dass manche Künstlerinnen und Künstlern den Umweg über Deutschland nehmen und dort früher bekannt werden als im eigenen Land. Bei uns war es auch so. Und das wirklich massiv. Wir hatten zu Beginn bei den Konzerten in Deutschland viermal mehr Besucherinnen und Besucher als in Österreich. Das hat sich erfreulicherweise mittlerweile eingependelt. Aber das hat schon ein wenig gedauert. Warum das so ist, kann ich nicht wirklich sagen. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass es dort einfach viel mehr Musikmedien in die Richtung gibt. Oder vielleicht sind die Leute dort einfach etwas offener. Wie gesagt, wirklich genau weiß ich das nicht.
Wie sehen deine Pläne aus? Mit Konzerten wird es wohl eher nicht so einfach?
Dame: Im Moment nutzen wir die Zeit, um zu produzieren und vorzuarbeiten. Wir hoffen natürlich, dass wir unsere Tour fortführen können werden, weil sich die Fans wirklich auf die Konzerte gefreut hatten. Es war schon ein ganz komisches Gefühl, die Konzerte absagen zu müssen, aber die Gesundheit steht immer über allem. Wir werden sehen. Natürlich hoffen wir, bald wieder auf der Bühne stehen zu können, aber das wird sich eben weisen. Sollte das nicht der Fall sein, muss man eben andere Wege finden, wie man weitermachen kann.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Michael Ternai
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