„Ich hatte schlaflose Nächte.” – Toni Juric von Club Village im Interview

Mitten in Favoriten liegt sich die erste Adresse für clubtaugliche Musik aus Ex-Jugoslawien, vielleicht sogar Wiens größter Balkan Club. Als langjähriger Geschäftsführer des CLUB VILLAGE hat TONI JURIC entsprechend viel zu Corona, Türpolitik und den richtigen Mix zu sagen.

Wann warst du zum ersten Mal in einem Club?

Toni Juric: Ich bin in Kitzbühel geboren, meine Mutter hat jahrelang in einer Diskothek geputzt, in die ich schon mit 13 Jahre durfte. Ich war dann immer cool mit den Haberern. Das hat mich immer fasziniert, die Musik, die Leute, die Lichter, das alles. Ich war dann lange Kellner, später Clubmanager, Mitte der 2010er war ich Geschäftsführer in der Box bei Wien Mitte, danach bin ich rüber in den Club Village.

Welche Musik läuft dort?

Toni Juric: Wir haben eigentlich alles, was aktuell ist, auch genug internationale Lieder. Muss man lassen. Aber wir sind der größte Balkan Club in Wien. Die meisten unserer Gäste kommen vom Balkan. Deshalb ist der Mix an Liedern ungefähr bei 60-40 oder 70-30. Die Österreicher sind fasziniert, wie gut und ausgelassen wir feiern.

In Wien seid ihr die erste Adresse für Konzerte aus dem ex-jugoslawischen Raum.

Toni Juric: Wir haben sehr viele Stars vom Ex-Balkan, Buba Corelli und Jala Brat zum Beispiel, dann gibt es Rasta, er ist Trap mäßig, und natürlich auch viele Sängerinnen. Wir haben in den letzten Jahren viel Deutschrap veranstaltet, weil er sehr in ist, dazu viel Jugo, auf Deutsch gesagt. Für solche Konzerte haben wir genau die richtige Größe. Ein Konzert mit ein paar tausend Leuten, bekommst du nicht so leicht hin. Mit den Jahren hat sich die Uhrzeit verschoben. Die Leute gehen immer später fort und der Club füllt sich um halb zwölf, Konzerte beginnen um halb eins oder eins zur Rush Hour. Zur späten Stunde wird es immer höher und deftiger. 

MC Yankoo spielt oft bei euch.

Toni Juric: Genau. Er ist ein guter Freund und kommt oft privat vorbei. Er ist einer der Vorreiter für den neuen Stil in der Jugo-Szene gewesen.

Ihr habt einen großen VIP-Bereich, in dem laufend Flaschen mit Sprühkerzen bestellt werden.

Toni Juric: In den neuen Liedern geht es viel um Wodka, Belvedere, Grey Goose, Champagner. Die jungen Leute kopieren das. Sie wollen einen guten Service, schön sitzen und sich präsentieren. Heute fragt keiner mehr nach einer Tanzfläche. Es ist alles Poser-mäßig geworden. Als ich gekellnert habe, gab es nie leere Flaschen auf dem Tisch. Heute gilt, je mehr Flaschen desto besser. 

Man will zeigen, was man hat und was man sich leisten kann.

Toni Juric: Genau.

„Die Leute kommen gerne, weil sie sich gut fühlen.”

Kommen die Leute eher um zu feiern, für Konzerte oder um sich kennenlernen?

Toni Juric: Von allem etwas. Wenn der Club keine scharfen Hasen hat, kannst du zusperren, ist klar. Wir haben Gott sei Dank fesche Männer und ein schönes weibliches Klientel. Der VIP-Bereich ist super und die Konzerte sind sehr gefragt. Der Mix macht es aus. Die Leute kommen gerne, weil sie sich gut fühlen.

Dresscode?

Toni Juric: Wir sagen fashionable, modern muss es sein. Das hat sich natürlich extrem verändert über die Jahre, früher waren Jogginganzüge ein NoGo, jetzt ist das modern, manche kosten 2000 oder 3000 Euro. Da kann ich nicht sagen, du kommst nicht rein. Es muss stylisch und gepflegt ausschauen. Man sieht mit der Zeit einfach, wer reinpasst.

Wer kommt nicht rein?

Toni Juric: Wir sagen immer sehr freundlich, guten Abend. Hallo. Servus. Und dann bekommt man was zurück. Und wenn jemand aggressiv oder angesoffen ist, lassen wir die Person nicht rein, sonst sind Probleme vorprogrammiert. Selektieren ist ein harter Job. Zehn Prozent oder ein bisschen mehr weisen wir ab.

Gibt es sog. Ausländerquoten?

Toni Juric: Wie meinst du das, wir sind ja ein Ausländer-Club. 

Im Bieber hieß es vor einigen Jahren, Türsteher würden in manchen Wiener Clubs teils Gruppen bestimmter Nationalitäten abweisen.

Toni Juric: Wir lassen alle rein, die normal sind. Wenn wir jemanden nicht persönlich kennen, kann es sein, dass wir an der Tür Nein sagen. Wenn du ein paar falsche Leute hast, kannst du dir viele Probleme machen damit. Wir sind ein friedliches Volk und feiern gerne, aber die Mischung muss schon passen. Rassistische, nationalistische Sprüche sind ein NoGo. Das geht bei uns nicht. Denn wir haben einen Mix sind aus Kroaten, Serben, Bosniaken, Montenegriner, auch Albaner, eigentlich alles.

Es wird viel über Clubkultur geredet und geschrieben. Melden sich Medien bei euch?

Toni Juric: Wir haben oft Medien bei uns gehabt, ATV oder Kronen Zeitung haben berichtet, nur Positives. Wir präsentieren den Club gerne in dem Licht, in dem es sich gehört. Vor Jahren hatten wir einmal Schwierigkeiten, die nicht so extrem waren, wie sie geschildert wurden. Dass Jugos immer Probleme machen und solchen Blödsinn. Die drei, vier Raufereien waren schnell geregelt. Es gibt Lokale im Ersten, die haben das jede Woche.

„Razzien sind normal.“

Wie ergeht es euch mit Behörden?

Toni Juric: Man muss vorbereitet sein. Wir haben alle Genehmigungen immer rechtzeitig wie vorgeschrieben gehabt. Die Leute vom Magistrat haben uns meistens für einen Termin vorher angerufen. Razzien sind normal. Sie müssen ja irgendwann eine Aktion scharf machen, dass das Finanzamt kommt, die Krankenkasse, dass alle angemeldet sind. Wir haben immer von uns aus geschaut, dass wir alle Befunde für die Begehungen haben, dass alles Picobello ist.

Wie war Corona? In ganz Wien soll es dort und da illegale Parties gegeben haben.

Toni Juric: Ich hatte schlaflose Nächte. Wir mussten auf das Präventionskonzept und die Abstände von Tisch zu Tisch schauen, auf Desinfektionsmittel und Masken. Jeden Freitag und Samstag ist die ganze Partie zu uns gekommen, fünf Magistratler, Finanzamt und 20 Polizisten. Die haben kontrolliert, ob wir alle Corona Maßnahmen einhalten. Ich habe pro Nacht sicher hundertmal zu Gästen gesagt, bitte setzt die Masken auf. Sagt der zu mir, komm, ich bin Stammgast hier. Ich weiß eh, aber ich muss es dir vom Gesetz aus sagen, weißt, sonst habe ich einen Riesenstress. Das war extrem stressig und psychisch eine extreme Belastung. Wir sind bekannt dafür, dass wir viel am Schank sind, teilweise konnten wir das nicht machen und umsatzmäßig will ich gar nicht reden. Du musst erst einmal fünf Monate durchhalten, bis du ein Geld von den Coronahilfen siehst. Der Umsatzersatz war dafür dann das Beste, was sie gemacht haben.

Wie soll man euch eigentlich bezeichnen? Balkan Club? Migrantischer Club? Du sagst manchmal auch Jugo Club?

Toni Juric: Das sagen wir umgangssprachlich, weil wir alle aus Jugoslawien sind, egal ob Kroaten, Bosnier, Serben. Aber Balkan Club ist die richtige Bezeichnung.

Clubs kommen und gehen. Ihr seid schon wirklich lange da.

Toni Juric: Mit zehn Jahren ist der Club Village schon in ganz Europa bekannt. Wir renovieren laufend, man muss mit der Zeit gehen, die Lage ist gut, wir stören niemanden und haben einen Parkplatz. Es ist perfekt. Mittlerweile kommen schon Kinder von Gästen, die am Anfang bei uns waren. Ich sehe eigentlich eine sehr gute Zukunft.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Stefan Niederwieser

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