Eigentlich war der Liedermacher LUKAS STAUDINGER mit seinem Projekt WE LOVE SILENCE vor einigen Jahren recht erfolgreich. Seine Musik stieß durchweg auf positive Resonanz, insbesondere die Tour als Support für die allseits bekannte Songwriterin AVEC lenkte einige Aufmerksamkeit auf ihn. Nach dieser Tour, die 2018 stattfand, war vorerst einmal Schluss. Es schien irgendwie nicht mehr zu passen, insbesondere mit der musikalischen Richtung, in die sich WE LOVE SILENCE entwickelte, konnte LUKAS STAUDINGER nichts mehr anfangen. Resigniert zog er sich zurück. Mit seiner neuen EP „Forever Sky” lässt der sensible Liedermacher nach Jahren der Stille nun wieder von sich hören. Im Interview mit Michael Ternai erzählt der gebürtige Oberösterreicher von dem tiefen Loch, in das ihn die damalige musikalische Entwicklung gestoßen hat, wie er aus diesem wieder herausgefunden hat und wie wichtig es ist, man selbst zu bleiben.
Deine letzte EP ist 2018 erschienen. Wieso hat es für eine neue dann doch fast fünf Jahre gedauert?
Lukas Staudinger: Man kann sagen, dass mich eine persönliche Krise aufgehalten hat. Im November 2018 war ich als Support mit AVEC auf Tour, um meine damals neue EP vorzustellen. Die EP markierte für mich einen Versuch, musikalisch in eine etwas andere Richtung zu gehen, nämlich mehr in Richtung Elektronik. Hätte ich damals mit einer siebenköpfigen Band auf der Bühne gestanden, wäre die Umsetzung der Musik sicherlich großartig gewesen. Da das jedoch nicht der Fall war, sah ich mich gezwungen, einige Kompromisse einzugehen. Unter anderem wechselte ich von der Akustikgitarre auf die E-Gitarre, was für mich ungewohnt war. Auf halber Tour merkte ich dann, dass es zwar cool war, was wir taten, aber ich nicht mit vollem Herzen dabei war. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich mit dem damaligen Sound zu weit von dem entfernte, was mich musikalisch eigentlich ausmachte. Das war im Nachhinein ein echter Dämpfer, von dem ich mich lange nicht erfing. Ich hatte das Gefühl, mich irgendwie selbst betrogen und zu sehr auf die Meinung anderer gehört zu haben. Aus diesem Loch bin ich eine Zeit lang nicht herausgekommen.
„Mir wurde bewusst, dass meine kreativen Fähigkeiten wieder zum Leben erwachten.“
Was hat dir dann geholfen, aus diesem Loch herauszukommen, und wie ist das passiert?
Lukas Staudinger: Im Grunde hat alles mit dem Song „Five Stars” begonnen, der auch die erste Single meiner EP ist. Das war der erste Song, den ich nach einer langen Durststrecke geschrieben habe. Das geschah während der Pandemie, in der ich, wie viele andere auch, viel Zeit hatte. Ich habe diese Zeit genutzt, um neue Songs zu schreiben und vieles auszuprobieren. Ehe ich mich versah, hatte ich plötzlich zehn bis zwanzig neue Songs. Mir wurde bewusst, dass meine kreativen Fähigkeiten wieder zum Leben erwachten. Irgendwie kehrte mein Glaube an meine Fähigkeiten zurück.
Während dieser Zeit hat mir sicherlich auch ein Kinderliedprojekt geholfen, das ich neben meiner schulischen Tätigkeit gestartet habe. Durch dieses Projekt kehrte die Freude am Musikmachen mehr und mehr zurück. Es war diese freie Art des Musikmachens, die nicht von irgendwelchen Zwängen und Erwartungen beeinflusst wurde, die mir viel Freude bereitete.
Letztendlich wuchs von Tag zu Tag das Gefühl, dass es langsam an der Zeit war, wieder rauszugehen. All diese Erfahrungen haben mir den Auftrieb gegeben, um wieder auf die Bühne zu gehen und Konzerte zu spielen. Die wirklich positive Resonanz auf meine ersten Auftritte im Frühjahr zeigte, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Das hat mir psychisch richtig gutgetan. Es war für mich einfach wichtig, das zu tun, was ich so liebe.
Deine Musik steht für einen ruhigen und minimalistischen Ton, der viel Raum bietet. Inwieweit knüpfst du mit deiner neuen EP an die Zeit vor 2015 an?
Lukas Staudinger: Ein wenig tue ich das sicher. Ich habe in den letzten Jahren einfach gemerkt, dass dieser ruhige Sound mein Stil ist. Diese Tiefe und Stille haben für mich auch eine gewisse spirituelle Ebene. Der laute und krass produzierte Pop, der natürlich auch großartig sein kann, ist einfach nicht mein Ding. Er spiegelt mich und meinen Charakter einfach nicht wider. Meine Musik ist eine, die schon in die Tiefe geht und eine gewisse Verbundenheit mit mir selber und eine Erdung zum Ausdruck bringt. Genau diese Aspekte habe ich versucht, auf der EP umzusetzen, was nicht immer leicht war. Aber ich bin gerade dabei, wieder mehr und mehr zu diesem Sound zurückzufinden, zu dem ich auch voll und ganz stehe.
Was sind eigentlich deine musikalischen Inspirationen? Welche Musik hat dich zu deinem Stil geführt? Ich habe gelesen, dass auch die Klassik einen großen Einfluss auf dich ausübt.
Lukas Staudinger: Das Witzige ist, dass es musikalisch bei mir erst recht spät wirklich losging, obwohl Musik in meiner Familie eigentlich immer einen hohen Stellenwert genoss. Wir haben wirklich oft und viel gesungen. Aber in meinen Kinder- und Jugendjahren bestimmte noch mehr der Sport mein Leben. Ich machte von 8 bis 21 Jahren Judo und das schon fast auf Leistungssportniveau. Mit dem Gitarrespielen begann ich erst mit 19 Jahren auf der Maturareise. Später während meines Zivildienstes versuchte ich, es so gut wie möglich zu erlernen. Nach meinem Umzug nach Wien trat ich auch gleich auch einem Chor bei.
Irgendwann bin ich dann über das Buch und den Film „Schlaffes Bruder“ auf Bachs Choral „Komm, o Tod, du schlafes Bruder“ gestoßen und war von diesem Zeitpunkt an von diesem total gehooked. Mit der Musik von Bach entdeckte ich auch die klassische Gitarre für mich. Zudem hatten Bands wie Radiohead und Pink Floyd, zu denen ich über meinen Vater gelangte, einen großen Einfluss auf mich.
Ein Markenzeichen für deine Musik ist deine Stimme. Wann bist du draufgekommen, dass deine Stimme diese Qualitäten hat?
Lukas Staudinger: Nach meinem Umzug nach Wien habe ich recht bald in einem Chor gesungen, was ich schon immer tun wollte. Daneben begann ich Gesangsstunden zu nehmen, zuerst bei einer Jazzstudentin und dann auch beim koreanischen Chorleiter, bei dem ich klassischen Gesangsunterricht erhielt. Im Jahr 2012 sang ich bei einem Acappella-Konzert von Freunden mit, bei dem in mir zum ersten Mal das Gefühl aufkam, dass ich mit meiner Stimme Menschen berühren kann. Das war ein ganz besonderes Erlebnis, das mich schließlich dazu bewegte, in diese Richtung weiterzugehen, was ich dann auch tat. Während dieser Zeit schrieb ich auch die ersten Lieder für mein Debüt.
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Du berührst mit deiner Musik und Stimme auf jeden Fall die Menschen. war das etwas, das dir früher schon bewusst war?
Lukas Staudinger: Ohne jetzt arrogant wirken zu wollen, hatte ich schon irgendwie das Gefühl, dass ich die Leute ansprechen kann. Das lag einfach daran, dass ich dies in kleinen Kreisen immer wieder erlebt habe. Auf meine Musik habe ich von den Leuten in meiner Umgebung viel positives Feedback erhalten. Ich habe gemerkt, dass meine Musik das Potenzial hat, Menschen zu berühren.
Wenn man dir gegenübersitzt, wirkst du eigentlich genauso wie deine Musik: ruhig, bedächtig, zurückhaltend und doch auch emotional. Inwieweit spiegelt deine Musik dich tatsächlich wider?
Lukas Staudinger: Ich kann durchaus auch lauter sein, was in meinem Beruf hin und wieder erforderlich ist, da ich Sozialpädagoge in einer Schule bin. Aber diese Reaktion ist nicht wirklich mein Hauptantrieb. Vor allem auf der Bühne bin ich einfach ich selbst. Ich stelle keine bestimmte Figur dar, obwohl ich vielleicht noch lernen muss, eine solche zu sein. Im Grunde möchte ich mich nicht groß verstellen müssen. In der Sozialpädagogik ist es wie in der Musik: Du bist am authentischsten, wenn du du selbst bist. Wenn du dich zu sehr verstellst, merken es die Menschen sofort. Diese Erkenntnis hat mich auch dazu gebracht zu sagen, dass ich jetzt nicht versuchen muss, Radiohead eins zu eins nachzumachen. Die gibt es ja bereits. Ich bin Lukas Staudinger und mache das, was ich mache.
Welche Themen verarbeitest du in deinen Texten?
Lukas Staudinger: Es handelt sich um sehr persönliche Themen. Der Song „Five Stars” beispielsweise behandelt das Gefühl, ständig von anderen bewertet zu werden und deshalb damit beginnt, auf die Meinungen anderer zu hören. „Together” ist ein Liebeslied, das jedoch nicht in die melancholische Liebe abdriftet, sondern in die affirmative. Es dreht sich in dem Lied um Vertrauen und eine gemeinsame Vision. Die Songs sind also sehr eng mit mir, meinen Gefühlen und Erfahrungen verbunden.
Herzlichen Dank für das Interview.
Michael Ternai
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We Love Silence live
10.11. Aera, Wien – EP Release mit Band
16.11. Cafe 7*stern, Wien
24.11. Salzquelle, Wien – Duo – begrenzte Platzanzahl, Reservierung per Email
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