„Ich habe sehr viele den Hut schmeißen gesehen“ – CLARA LUZIA im mica-Interview

CLARA LUZIA hat ihr neues Album „When I Take Your Hand“ gemeinsam mit JULIAN SIMMONS komponiert und produziert. Im Interview mit Jürgen Plank erzählt die Liedermacherin von einem sehr effizienten Arbeitsprozess, der miteinander gefunden wurde, was ihr der Gewinn des Amadeus gebracht hat und wundert sich darüber, dass es in Deutschland die beiden antisemitischen Rapper bis zur Echo-Preisverleihung geschafft haben.

Sie waren eben in Österreich und Deutschland auf Tour. Wie war es auf Tour zu sein? Haben Sie Unterschiede in Bezug auf die Rezeption Ihrer Musik bemerkt?

Clara Luzia: Grundsätzlich ist es für mich angenehmer in Österreich auf Tour zu sein, weil das sozusagen mein Heimmarkt ist, wenn man das im Wirtschaftssprech sagen will. Deutschland hat halt schon total auf reine Tür-Deals umgestellt, was unangenehm ist, weil man so halt keine Tour planen kann, was die Kosten angeht. Das gibt es glücklicherweise in Österreich in dieser Konsequenz noch nicht.

Und in Bezug auf das Publikum?

Clara Luzia: Vom Publikum her merke ich in den beiden Ländern keinen Unterscheid, sondern immer nur ob das Konzert in der Großstadt oder im ländlichen Raum stattfindet. Da ist es tendenziell so, dass das Publikum am Land partyfreudiger ist als in der Stadt.

„Manchmal denke ich mir, es könnte zwischen den Ländern mehr Austausch geben“

Wenn Sie bitte versuchen, Ihre bisherige Karriere zu überblicken: wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Verlauf? Was waren Punkte, die Sie gut fanden?

Clara Luzia: Ich bin recht froh und dankbar, dass ich das schon so lange machen kann. Ich habe sehr viele den Hut schmeißen gesehen. Und ich habe auch immer gut nachvollziehen können, warum man den Hut schmeißt. Ich habe mir das auch oft überlegt und habe das dann halt doch nie gemacht. Insofern bin ich recht froh und dankbar und manchmal auch stolz. Sonst? Mein Gott, besser kann es immer gehen. Es kann aber genauso gut schlechter gehen.

Manchmal denke ich mir, es könnte zwischen den Ländern mehr Austausch geben. Zum Beispiel sind die ganzen Ost-Länder schwer zu erreichen und ich habe das Gefühl, dass es sehr wenig Interesse auf beiden Seiten gibt. Sowohl von Österreich aus dort hin zu fahren als auch umgekehrt, dorthin einzuladen. Gerade in Bezug auf Länder wie Tschechien, Slowenien, Slowakei und Ungarn finde ich das schade. Da passiert sehr wenig und ich verstehe das nicht ganz.

Sie haben auch schon den österreichischen Musikpreis Amadeus gewonnen. Hat das einen Effekt gehabt, den Sie karrieretechnisch bemerkt haben?

Clara Luzia: Direkt nicht, aber gerade für Promotion im Ausland ist es sehr gut. Ich schreibe das immer in die Pressetexte fürs Ausland hinein, weil das halt hilft, meine Stellung ein bisschen zu verorten. Weil das zum Beispiel internationalen Radiostationen die Information gibt, wo ich ungefähr hingehöre. Dafür ist der Preis gut und ich glaube schon, dass er insofern ein gewisser Türöffner ist. Es ist aber nicht so, dass man den Amadeus bekommt und plötzlich kommen die Konzertanfragen herein. Da müsste man aber eher meinen Booker fragen.

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„Ich finde es auch eine Katastrophe, dass man diesen Rappern einen Echo gibt, aber ich frage mich: wo waren die ganzen Menschen davor?“

In Deutschland ist ja der Echo-Preis abgeschafft worden, wegen der beiden Rapper, die antisemitische Texte hatten. Was sagen Sie zu diesem Fall, wie haben Sie den beobachtet?

Clara Luzia: Das habe ich peripher mitbekommen und ich muss sagen, mich interessiert das nicht so wahnsinnig. Oberflächlich habe ich nicht ganz verstanden, wie es überhaupt soweit kommt. Ich frage mich: wo war deren Plattenfirma? Wieso kommen die überhaupt bis zum Echo? Da sind schon so viele Augen zugedrückt beziehungsweise Ohren zugehalten worden. Ich fand es ein bisschen komisch, dass sich alle auf den Echo gestürzt haben, wobei das natürlich berechtigt ist. Ich finde es auch eine Katastrophe, dass man diesen Rappern einen Echo gibt, aber ich frage mich: wo waren die ganzen Menschen davor? Hat niemand bei der Plattenfirma zuvor gesagt: „Das könnt ihr doch nicht bringen!“

Wie groß sehen Sie den Einfluss des Produzenten auf Ihr neues Album? Oder haben Sie alleine bestimmt, wie das Album wird?

Clara Luzia: Bei diesem Album ist im konkreten Fall Julian Simmons’ Handschrift schon stark da, weil er für den Sound maßgeblich verantwortlich ist. Wäre er nicht dabei gewesen, würde das Album vermutlich schon anders klingen. Die Soundästhetik des Albums ist auf seinem Mist gewachsen. Ich habe dann nur gesagt: „Ja, das gefällt mir, bei dieser Richtung bleiben wir, die nehmen wir.“ Da hat er schon maßgeblichen Anteil.

Wie war die Zusammenarbeit ganz konkret?

Clara Luzia: Einen Großteil der Nummern haben wir gemeinsam geschrieben beziehungsweise er hat immer das Riff gemacht und ich habe dazu die Nummer geschrieben. Das Riff hatte immer schon einen sehr klaren Klang. Er verwendet immer spezielle Gitarren, Verstärker und Effektgeräte. Er hat mir ein Riff nie einfach nur auf der akustischen Gitarre vorgespielt, sondern immer in einem sehr bestimmten Klang und das war dann eine Inspiration für mich, die Nummern dann jeweils so zu schreiben. Ich hätte die Nummern ohne Julians Sound sicher anders geschrieben. 

„Ich habe die Lieder – ramba zamba – schnell herunter geschrieben“

Können Sie bitte den Hintergrund zu einem der Lieder erzählen? Gibt es zu den Liedern Geschichten, warum sie entstanden sind?

Bild Clara Luzia
Clara Luzia (c) Christoph Liebentritt

Clara Luzia: Eigentlich nicht, denn die sind in wahnsinnig kurzer Zeit entstanden. Ich war zwei Mal für jeweils drei Tage bei ihm und wir haben das ganze Album geschrieben. Insofern haben die Lieder keine große Geschichte. Ich habe die Lieder – ramba zamba – einfach schnell herunter geschrieben. Das klingt jetzt sehr unromantisch, war aber sehr effizient und für mich eine neue Art zu schreiben. Ich kann eigentlich nur für das ganze Album sprechen, weil es in einem Guss entstanden ist – oder in zwei Güssen. Zwei Nummern habe ich alleine geschrieben, sonst hatte er immer ein Riff, zu dem ich eine Nummer geschrieben habe. Währenddessen ist er einen Kaffee trinken gegangen. Er ist zurückgekommen und ich habe ihm die Nummer vorgespielt und er hat ein Demo eingespielt. Das war recht unspektakulär.

Was wünschen Sie sich für Ihr neues Album und wie könnte es überhaupt weiter gehen?

Clara Luzia: Ich bin keine Frau mit großen Visionen. Ich nehme immer alles so, wie es kommt. Insofern: alles, was bis jetzt schon passiert ist, finde ich total schön. Es gab durchwegs sehr wohlwollende bis euphorische Kritiken und Reaktionen auf das Album. Das kann ruhig gerne noch eine Zeitlang so weiter gehen. Ich finde es bei Alben inzwischen so schade, dass der Lebenszyklus so gering ist. Eben dadurch, dass es so wahnsinnig viel auf Youtube gibt, ist der Neuwertigkeitseffekt eines Albums sehr gering. Mittlerweile gilt das Album einen Monat nach der Veröffentlichung nicht mehr unbedingt als mein neues Album, sondern ist schon fast mein altes Album. Ich würde mir wünschen, dass so ein Album länger als neu gelten darf und in diesem Sinne noch länger präsent bleibt und etwas länger nachhallt. Das würde ich mir wünschen, denn ich mag das Album wirklich gerne.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jürgen Plank

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Clara Luzia (Facebook)
Asinella Records