„Ich denke, wir haben mit den Jahren einfach die Berührungsangst zu anderen Genres verloren“ – GEORG AICHBERGER (COBARIO) im mica-Interview

„Weit weg“, so der Titel des neuen Albums des Trios COBARIO, ist einmal mehr eine bunte und ereignisreiche Reise durch die unterschiedlichsten musikalischen Welten geworden, wobei sich HERWIG SCHAFFNER, GEORG AICHBERGER und JAKOB LACKNER dieses Mal stilistisch überhaupt keine Grenzen mehr gesetzt haben. GEORG AICHBERGER, einer der beiden Gitarristen des Trios, sprach im Interview mit Michael Ternai über die abgelegte Scheu vor anderen Genres, die Entscheidung, in den Stücken auch Gesang zuzulassen, und die Erfahrungen, die man auf den vielen Konzertreisen durch andere Länder gemacht hat.

Euer letztes Album ist vor drei Jahren erschienen. Das ist doch eine etwas längere Zeit für euch. Warum hat es dieses Mal so lange gedauert? 

Georg Aichberger: Der Grund ist sicher der, dass wir viel unterwegs waren und wirklich viel gespielt haben. Wir mussten erst die Zeit finden, an den Nummern zu arbeiten, sie auszukomponieren und aufzunehmen. Wir nehmen uns für das Aufnehmen und Nachbearbeiten doch sehr viel Zeit. Da sind wir sehr akribisch. Insofern brauchte es diese Zeit.

Was am neuen Album auffällt, ist, dass es stilistisch noch einmal breiter geworden ist und ihr an noch mehr Genres angestreift seid. Manchmal geht es, wie etwa in der Nummer „Sary Arka“, fast schon in eine rockige Richtung.

Georg Aichberger [lacht]: „Rocksong“ war auch der erste Arbeitstitel dieser Nummer.

„Früher hätten wir bei einem Lied wie „Mei Wien“ wahrscheinlich gesagt, das geht sich nicht aus.“

Wie ist es zu dieser stilistischen Erweiterung gekommen? War sie beabsichtigt oder ist sie auf natürlichem Wege zustande gekommen?

Bild Cobario
Cobario (c) Pressefoto

Georg Aichberger: Ich denke, wir haben mit den Jahren einfach die Berührungsangst zu anderen Genres verloren. Auf unserem letzten Album verfolgten wir beim Schreiben der Stücke vor allem einen filmmusikalischen beziehungsweise orchestralen Ansatz. Aus diesem Grund haben wir das Album in einem Live-Set in einem großen Konzertsaal aufgenommen. Auch weil die Kompositionen es verlangt haben und sie auf einen großen und breiten Sound ausgelegt waren.

Beim Komponieren für das neue Album hat sich mit der Zeit ein anderer Weg herauskristallisiert. Anders als noch zuvor haben wir es dieses Mal zugelassen, jeder Idee, die aufgekommen ist, auch Raum zu geben. Wir haben uns nicht eingeschränkt. Ist einmal eine Idee zu einem Riff gekommen, haben wir uns einfach gesagt: „Ja, warum nicht? Schreiben wir eine Rocknummer.“ Wir haben uns vorgestellt, wie eine Nummer von Metallica mit einer Geige und zwei Gitarren klingen könnte. Dann wieder war plötzlich die Idee für ein Lied da, das mehr in die Wienerlied- und Schlagerrichtung geht. Früher hätten wir bei einem Lied wie „Mei Wien“ wahrscheinlich gesagt, dass sich das nicht ausgeht. Oder wir wären ein solches wahrscheinlich nicht mit der gleichen Ernsthaftigkeit angegangen, wie wir es dieses Mal taten.

Du hast gerade „Mei Wien“ erwähnt. Dass ihr auf dem Album nun auch singt, ist ebenfalls eine Neuerung.

Georg Aichberger: Wir versuchen, immer etwas zu finden, woraus wir uns neue Kraft holen können. Da wir jetzt schon über zehn Jahre unser Ding machen, wollen wir uns so wenig wie möglich wiederholen. Daher stand es auch nicht wirklich zur Debatte, dass wir auf dem neuen Album nochmals in die gleiche Richtung wie auf dem letzten gehen. Wir haben beim Schreiben der neuen Stücke auch gemerkt, dass die Musik im Grunde genommen doch auch ein Stück von diesem Ansatz weggegangen ist.

Und ja, wir wollten dieses Mal auch dem Gesang Raum bieten. Wir haben beim Schreiben von „Mei Wien“ gespürt, dass das eine Nummer ist, die Gesang erfordert. Anfangs haben wir uns noch gedacht, dass wir für die Lieder jemanden für den Gesang holen sollten, weil wir uns das Singen zunächst noch nicht zugetraut haben.

Aber irgendwie ist das Selbstvertrauen dann gekommen. Und das hat sich auch am besten angefühlt. Dadurch sind wir auch auf den Geschmack gekommen, mehrere Lieder mit Gesang zu machen. Und so sind auch andere Lieder entstanden. Das war super, weil sich dadurch wieder eine ganz neue Tür für uns aufgemacht hat. Bei dem Album habe ich wirklich das Gefühl, dass wir neue musikalische Türen aufgemacht haben und unsere Berührungsängste zu anderen Genres ganz verloren haben. Wir machen jetzt wirklich das, was uns Spaß macht.

Ist der Gesang in euren Liedern eine Idee, die auf dieses Album beschränkt bleibt?

Georg Aichberger: Ich glaube, dass diese Idee auch weiterhin Platz finden wird. Gesang in unseren Liedern zu verwenden, ist für uns ja noch relativ neu. Das Feld werden wir mit Sicherheit noch weiter erforschen.

„Wir wollten dieses Mal einen Studiosound haben.“

Das neue Album ist im Gegensatz zum vorhergehenden im Studio entstanden.

Georg Aichberger: Genau, das neue Album haben wir in einem Studio aufgenommen. Wir sind mit bereits auskomponierten und ausarrangierten Nummern ins Studio gekommen. Wir sind von der Idee abgekommen, dass die Stücke so klingen müssen, wie wir sie live spielen. Wir wollten dieses Mal einen Studiosound haben. Wir haben uns extrem viel mit Mikrofonierung beschäftigt. Jede Gitarre ist mit sechs Mikrofonen aufgenommen worden und herausgekommen sind zig Spuren pro Instrument.

Dann haben wir eben geschaut, wie wir diese am besten miteinander verbinden können, damit die Stücke auf CD wirklich voll klingen. Bei uns stellt sich ja manchmal die Schwierigkeit dar, dass wir kein Bassinstrument in unserer Besetzung haben. Es gibt zwei Gitarren und eine Violine, also Instrumente, die eher im hohen Bereich klingen. Daher müssen wir manchmal tricksen, um einen wirklich schönen, vollen Klang hinzubekommen. Und ich glaube, das haben wir auf diesem Album wirklich schön und rund hinbekommen.

Habt ihr eigentlich schon einmal daran gedacht, eure Besetzung zu erweitern?

Georg Aichberger: Wir haben immer wieder schon einmal mit dem Gedanken gespielt. Und es kann gut sein, dass wir bei den nächsten Projekten Feature-Gäste einladen. Ich glaube, so etwas würde ein nächstes Album wieder in eine andere Richtung führen. Das wäre eine spannende Sache.

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Was ist eigentlich die Grundidee dieses Albums? Gibt es eine übergeordnete Geschichte, die sich durch alle Nummern erzählt? 

Georg Aichberger: Es ist zwar so, dass die Nummern alle einzeln entstanden sind, nur wurde uns relativ rasch klar, dass das Album „Weit weg“ heißen soll. Wir waren in den letzten Jahren viel unterwegs, in den verschiedensten Ländern. Und das hat uns beim Schreiben der Stücke natürlich inspiriert. Manche Stücke haben wir auf unserer Konzertreise durch Mexiko geschrieben, ein anderes – „Sary Arka“ – in Kasachstan. Dieses gedankliche Weit-weg-Sein hat die Lieder in ihrer Entstehung stark geprägt. Auf der anderen Seite ist aber auch das Nah-Sein ein Thema. Das schon vorher erwähnte Lied „Mei Wien“ hätten wir uns früher wahrscheinlich nicht getraut zu spielen. Aber da wir so viel unterwegs und so weit weg waren, hat sich auch das Gefühl des Nach-Hause-Kommens einen anderen Wert bekommen, was wiederum eine Inspirationsquelle für uns war.

„Man taucht in andere Kulturen und zum Teil in andere Lebensweisen ein.“

Was habt ihr von euren Konzertreisen mitgenommen? Welche Eindrücke waren prägend?

Georg Aichberger: Die Gelegenheit zu bekommen, kulturell so unterschiedliche Länder zu bereisen, ist schon etwas sehr Besonderes. Wir waren im Iran, in Kasachstan, in Mexiko, in Albanien. Man taucht in andere Kulturen und zum Teil in andere Lebensweisen ein. Man tauscht sich mit den Menschen dort aus und bekommt so mit, wie sie leben, wie ihr Alltagsleben aussieht und auch wie die Kulturarbeit in den jeweiligen Ländern funktioniert. Wir haben diese Länder nicht nur bereist, um Konzerte zu spielen, sondern wir wollten mit den Leuten dort bewusst auch in Kontakt treten. Wie etwa in Tunesien, wo wir Meisterkurse gegeben haben. Dieser Austausch hat unseren Horizont einfach um ein Vielfaches erweitert. Wenn man viel von der Welt sieht, erweitert es einfach der Horizon, sowohl musikalisch wie auch menschlich.

Bild Cobario
Cobario (c) Pressefoto

Wie lässt sich ein typischer Cobario-Fan beschreiben?

Georg Aichberger: Das Publikum ist wirklich ganz breit gemischt. Es kommen Eltern mit ihren Kindern in unsere Konzerte, Jugendliche und Studierende, Leute mittleren Alters und solche älteren Semesters. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Leute, die zu unseren Konzerten kommen, Menschen mit musikalisch offenen Ohren sind und sich auf die Musik einlassen können. Es sind Menschen, die sich nicht nur berieseln lassen, sondern etwas mitnehmen wollen.

Ihr seid mit Cobario mittlerweile schon einige Jahre unterwegs. War nie die Gefahr da, dass die Luft einmal draußen ist?

Georg Aichberger: Natürlich gibt es Phasen, in denen man sich schwerer tut. Aber ich denke, die Art, wie Cobario über die Zeit gewachsen ist und wie wir mit dem Projekt mitgewachsen sind, hat es uns leichter gemacht, solche Phasen zu überwinden. Die erste Zeit verbrachten wir ja fast ausschließlich als Straßenmusikanten. Wir haben im Sommer immer Straßentouren gespielt, im Winter haben wir studiert. Nach und nach sind mehr und mehr Konzerte hinzugekommen. Die Entwicklung war eine sehr natürliche. Den großen Kampf hatten wir eigentlich nie. Klar gibt es dazwischen immer wieder auch Durststrecken. Es kann schon vorkommen, dass die Luft einmal draußen ist. Dann geht es darum, sich zusammenzusetzen und miteinander zu reden. Oder man unternimmt gemeinsam einen Ausflug oder etwas anderes. Man widmet sich in diesen Phasen mehr der menschlichen als der geschäftlichen Seite des Projekts. Und ich denke, wir sind damit bislang gut gefahren.

Ihr spielt mit dem neuen Album in den kommenden Wochen eine ausgiebige Tour durch Deutschland, die Schweiz und Österreich. Sind in diesem Jahr auch weitere Konzertreisen geplant? Vielleicht auch außerhalb des deutschsprachigen Raumes? 

Georg Aichberger: Es gibt schon Pläne, weitere Konzerte zu spielen. Die sind aber noch vage. Wir konzentrieren uns jetzt einmal auf den deutschsprachigen Raum, weil wir diesen einfach am meisten bespielen können. Diesen können wir mit dem Auto noch gut abfahren. Außerdem haben wir uns gerade in Deutschland eine treue Fanbase aufgebaut, womit eigentlich klar ist, dass wir uns zunächst auf dieses Land fokussieren.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Michael Ternai

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Cobario live

22.Jan. 2020 Hamburg / Kunstkate
23.Jan. 2020 Hamburg / Kunstkate
24.Jan. 2020 Venne / Linnenschmidt
25.Jan. 2020 Leipzig / Neues Schauspiel
26.Jan. 2020 Neumarkt i.d.OPf / Festsaal der Residenz
05.Feb. 2020 Linz / Central
06.Feb. 2020 Nürnberg / Villa Leon
07.Feb. 2020 Ludwigsburg / Musikhalle
08.Feb. 2020 Rottenburg / Zehntscheuer
09.Feb. 2020 Donaueschingen / Alte Hofbibliothek
12.Feb. 2020 Luzern / Marianischer Saal
13.Feb. 2020 St. Gallen / Hofkeller
14.Feb. 2020 Engelburg / Alte Turnhalle
15.Feb. 2020 Landshut / Rathausprunksaal
27.Feb. 2020 Hallein / Pan Café
28.Feb. 2020 Lenzburg / Cholechäller
29.Feb. 2020 Chur / Postremise
01.Mrz. 2020 München / Nockherberg
06.Mrz. 2020 Regensburg / Leerer Beutel
07.Mrz. 2020 Würzburg / Residenz
08.Mrz. 2020 Aschaffenburg / Hofgarten Kabarett
10.Mrz. 2020 Hildesheim / Vier Linden
12.Mrz. 2020 Erfurt / Haus Dacheröden
13.Mrz. 2020 Jena / Lisa
14.Mrz. 2020 Rudolstadt / Lutherkirche
20.Mrz. 2020 Ingolstadt / Neue Welt
21.Mrz. 2020 Treuchtlingen / Pfarrheim
22.Mrz. 2020 Rosenheim / Ballhaus
27.Mrz. 2020 Wien / Musikverein
02.Apr. 2020 Gersthofen / Ballonmuseum
03.Apr. 2020 Küttigen-Rombach / Kulturlokal
04.Apr. 2020 Feldbach (CH) / Kulturschopf
23.Apr. 2020 Mödling / Klangbogen
24.Apr. 2020 Traun / Schloss Traun
25.Apr. 2020 Göstling a.d. Ybbs / Kulturverein
07.Mai. 2020 Passau / Scharfrichterhaus
09.Mai. 2020 Abensberg / Aventinum
24.Mai. 2020 Eislingen / Stadthalle

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