Im Juni 2021 veröffentlicht WILLI LANDL sein viertes Album „Abstruse Gestalten“ (Wohnzimmer Records): er hat den Tonträger gemeinsam mit dem Pianisten MICHAEL HORNEK eingespielt, reduziert auf Klavier und Stimme. Im Gespräch mit Jürgen Plank erzählt LANDL, warum er vielleicht sogar selbst abstrus ist und wie persönlich seine Liedtexte sind. WILLI LANDL unterrichtet auch Gesang. Was eine Studentin bzw. ein Student von ihm wissen möchten, spricht er im Interview ebenfalls an.
Du hast das Album mit dem Pianisten Michael Hornek eingespielt, was hat er eingebracht?
Willi Landl: Michael ist schon lange mein musikalischer Partner und ist auf jedem der vier Alben vertreten. Insofern ist es eine Bank für mich, mit ihm zu spielen. Dieses Mal ist die Besetzung reduziert, weg von der Bandbesetzung hin zum Duo. Einfach, weil ich festgestellt habe, dass Michael eh für drei spielt. Die Bandbesetzung wird es auch wieder geben, aber zurzeit sind wir auf das Duo reduziert und ich komme mir vor wie ein Chansonnier. Für mich klingt’s super und ich könnte mir keinen besseren als Michael vorstellen.
Wie habt ihr die Lieder erarbeitet?
Willi Landl: Ich mache den Text und die Musik und Michael macht etwas daraus. Ich entwerfe das Grundkonzept: ich schreibe den Text, liefere eine Melodie und Akkorde und ein Songkonzept und er bringt das Ganze dann zum Leben. Ich bin mir auch nie ganz sicher, wenn ich eine neue Idee habe.
Inwiefern bist du bei neuen Ideen bzw. Liedern unsicher?
Willi Landl: Oft weiß ich gar nicht, ob ich meine eigenen Texte aushalte. Wenn Michael sagt, dass es super ist, ist es super. Er hat mir aber auch schon oft den Vogel gezeigt. Wenn er den Vogel zeigt, ändere ich etwas oder es heißt: weg damit! Michael ist mein erster Hörer, er muss etwas mit einem neuen Lied anfangen können.
Offenbar hat ihm das Eröffnungslied des Albums gefallen: „Ein Mann mit Brille und Glatze“. Diesen Titel könnte man auf dich beziehen, wie persönlich ist dieser Text?
Willi Landl: Ja, da kokettiere ich ein bisschen mit mir selbst. Das Lied ist wie eine Vorstellung. Das hat ihm von Anfang an getaugt, auch in Bezug auf das Spielen. Da habe ich versucht Slash-Chords einzubauen, der Bass-Ton ist derselbe und darüber liegen andere Töne und Läufe. Das hat ihn angesprochen und auch ein bisschen gefordert. Ich schaue auch darauf, dass Michael nicht langweilig wird.
Wie persönlich bist du sonst in deinen Liedtexten?
Willi Landl: Ich bin nicht der Typ Sänger, der sein Innerstes nach außen stülpt. Wie man das von Amy Winehouse kannte. Ich selbst komme in den Texten schon vor, aber ich muss keinen Seelenstrip machen, um mich auf der Bühne verstanden zu fühlen. Das brauche ich nicht.
„Ich habe keine Trennlinie definiert, aber man ist ziemlich schnell abstrus.“
Das Album heißt „Abstruse Gestalten“. Wann sind denn Gestalten abstrus?
Willi Landl: Ich habe keine Trennlinie definiert, aber man ist ziemlich schnell abstrus. Der Titel ist auf uns selbst bezogen, und auf die Figuren, die wir in diesen Liedern besingen. Früher hat es oft geheißen, ich bin ein Jazz-Sänger, aber ein wesentlicher Teil davon wäre die Improvisation und die wird ja bei uns nicht sehr hochgehalten. Insofern fühle ich mich im Jazz nicht allzu sehr zu Hause, ich glaube, Chansonnier trifft es bei mir am besten.
Ich habe irgendwo über dich auch das Wort Diva gelesen. Muss eine Diva nicht ein wenig abstrus sein, mit Diva-Gehabe? Was macht eine Diva aus?
Willi Landl: Ja, genau. Wenn man als Sänger auf der Bühne steht, begleitet von einem Flügel, wird man fast automatisch zur Diva. Da führt fast kein Weg daran vorbei. Ich möchte aber dazu sagen, dass ich eine Diva, aber nicht schwierig bin. Wenn ich meine eigenen Lieder singen kann, sind das Glücksgefühle hoch drei für mich selbst und hoffentlich auch für andere.
Ein Song heißt „Actionfilm“ und erzählt einen Filmplot nach. Referenziert das Lied auf einen konkreten Film?
Willi Landl: Nein, das ist eher eine Standardhandlung von Filmen. Wie in einem Computerspiel werden zuerst Unter-Bösewichte besiegt und danach der Ober-Bösewicht. Und das geht sich natürlich immer extrem knapp aus, aber man kann gewiss sein, dass es sich ausgeht. Das ist die Standardhandlung eines Action-Films und bezieht sich nicht auf einen speziellen Film.
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Du unterrichtest Gesang, was wollen denn deine Studenten und Studentinnen von dir wissen und was versuchst du, ihnen zu vermitteln?
Willi Landl: Als Gesangslehrer versucht man natürlich, technische Grundlagen zu vermitteln und was es heißt, Künstlerin und Künstler zu sein. Lustigerweise ist es aber so, dass die meisten nicht speziell von mir Unterricht bekommen wollen, sondern grundsätzlich unterrichtet werden wollen. Und sie kommen eher zufällig zu mir. Aber das passt schon, ich bin gerne Gesangslehrer und man lernt dabei lustige bis abstruse Leute kennen.
„Ich habe selbst kein fertiges Rezept, wie ich einen Song schreibe.“
Wollen die Studenten und Studentinnen auch wissen, wie man Lieder schreibt?
Willi Landl: Ja, klar, aber: ich habe selbst kein fertiges Rezept, wie ich einen Song schreibe. Es ist immer ein Ausprobieren, ein Herumjonglieren. Ich brauche eine Idee, an der ich einhaken kann. Am Ende sind die Lieder oft ganz woanders, als am Anfang gedacht. Es ist work in progress. Ich probiere vieles aus: zum Beispiel, dass ich zuerst einen Text habe und danach die Musik dazu mache. Oder umgekehrt. Oder am öftesten geht es Hand in Hand und Musik und Text entstehen gleichzeitig. Das ist ein ewiges Herumprobieren und Verwerfen. Bis ich so ein Lied fertig habe, dauert das eine Weile. Ich schüttle die Lieder nicht aus dem Handgelenk.
Künstlerische Werke werden oft mit dem Attribut Authentizität versehen. Wie sehr trifft das auf deine Lieder zu?
Willi Landl: Ich finde, es ist Musik, die nicht mit Verkaufbarkeit oder Erfolg liebäugelt. Mir kommt es sogar so vor, als wäre die Musik in dieser Besetzung etwas aus der Zeit gefallen. Insofern mache ich mir keinen Stress bezüglich Authentizität, weil ich einfach das mache, worauf ich Bock habe. Ob das jetzt zeitgemäß ist oder nicht und wie sehr das von Erfolg gekrönt ist, werden wir sehen. Ich mache immer das, was ich machen muss.
Als musikalische Pole sind mir zu deinem Album Gerhard Bronner und Konstantin Wecker eingefallen. Kannst du mit dieser Assoziation etwas anfangen?
Willi Landl: Ich kann damit etwas anfangen, allerdings habe ich beide nicht stark im Kopf. Ich habe andere Leute im Kopf, aber es ist gar nicht mein Ziel, mich an jemanden anzunähern. Ich kann mit Georg Kreisler viel mehr anfangen, oder mit Georgette Dee aus Deutschland. Es ist nicht mein Ziel, wie die Genannten zu sein oder einen ähnlichen Sound zu kreieren. Die Parallele ist diese reduzierte Besetzung mit Klavier und Gesang. Aber ich verstehe eine Assoziation zu Wecker oder Kreisler. Oder auch zu Rio Reiser, in späteren Jahren, da hat er auch nur Klavier gespielt und gesungen.
Mit welchem Stück des neuen Albums verbindest du eine besondere Geschichte bzw. einen besonderen Hintergrund?
Willi Landl: Ja, das ist das letzte Lied am Album, deswegen habe ich Bonustrack dazu geschrieben. Das so genannte „Häschenlied“ ist das privateste und persönlichste Lied und das einzige, das im Dialekt gehalten ist. Ich singe eigentlich lieber Hochdeutsch, habe bei diesem Lied aber wieder Mal Dialekt ausprobiert. Eigentlich geht es in dem Lied um meinen Freund und einen gemeinsamen Urlaub am Wörthersee. Trotzdem, das passt und mit seiner Erlaubnis ist das Lied am Album.
Wie geht es bei dir weiter?
Willi Landl: Ich konzentriere mich jetzt auf diesen Release. Wir haben vor dem Sommer nur zwei Konzerttermine, die anderen Termine haben wir auf den Herbst gelegt. Im Sommer wird nicht viel passieren. Aber wir wollen die Songs live spielen.
Wäre es eine Merchandising-Idee ein T-Shirt zu machen, auf dem ein Mann mit Brille und Glatze zu sehen ist, der ein T-Shirt trägt, auf dem ein Mann mit Brille und Glatze drauf ist usw., genau wie im Eröffnungstrack des Albums?
Willi Landl: Das T-Shirt wird gerade gemacht und rechtzeitig zum Veröffentlichungstermin fertig sein! Wie du richtig vermutest, drängt es sich auf, so ein T-Shirt zu machen, wie es eben im Lied „Ein Mann mit Brille und Glatze“ besungen wird.
Herzlichen Dank für das Interview.
Jürgen Plank
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Willi Landl live
18.06.21 Wien, Türkenschanzpark (Wir sind Wien)
25.6.2021 Gallneukirchen, Musikschulsaal
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Wohnzimmer Records