„ICH BIN IMMER AN ANDEREN KULTUREN UND AN ANDERER MUSIK INTERESSIERT” – MICA-INTERVIEW MIT ELDIS LA ROSA

Der Saxofonist Eldis La Rosa stammt ursprünglich aus Kuba, er lebt und arbeitet als Musiker in Wien. Demnächst veröffentlicht er das Album “Tiptoe Walking”, das er mit seiner Begleitband Colores im Waldviertel aufgenommen hat. Jürgen Plank hat mit La Rosa über musikalische Wegbegleiter wie Hans Tschiritsch und Otto Lechner gesprochen. Außerdem erzählt der Musiker von der Melancholie der traditionellen chinesischen Instrumente, die auf “Tiptoe Walking” zu hören sind und warum er auch mit Bratpfannen Musik macht. 

Wie hat dein Musikmachen begonnen?

Eldis La Rosa: Ich habe im Alter von 7 Jahren mit dem Musikmachen begonnen. Das System in Kuba ist so, dass man sehr intensiv daran arbeiten muss, wenn man Musiker werden will. Ich habe also mit dem Cello begonnen und dann Klarinette gespielt. Als ich 11 Jahre alt war, habe ich mit dem Saxofon begonnen. Später habe ich Komposition studiert und mein ganzes Leben – bis jetzt – besteht aus Musik.

Stammst du aus einer Musikerfamilie?

Eldis La Rosa: Mein Vater war Sänger, er war ein Bekannter von Eliades Ochoa vom Buena Vista Social Club. Die beiden haben einander gekannt als sie jung waren, damals war Eliades noch nicht berühmt. Und meine Mutter hat für das Symphonie-Orchester von Santiago de Cuba gearbeitet. Aber ich bin der Einzige in der Familie, der Musiker geworden ist.

Deine aktuelle CD ist im Jazz verortet, und sie beinhaltet auch Weltmusikeinflüssen. Hast du jemals traditionelle kubanische Musik gespielt?

Eldis La Rosa: Natürlich. Ich komme aus Santiago de Cuba und das ist ein Zentrum für traditionelle kubanische Musik und diese Musik habe ich seit frühester Kindheit mitbekommen. Das ist auch mein Leben, obwohl ich jetzt musikalisch eine große Mischung mache, weil meine Musikerinnen und Musiker aus verschiedenen Ländern stammen. Ich habe viele Einflüsse, aus Europa, Afrika, auch aus den U.S.A. aufgenommen.

Wie bist du zum Jazz gekommen?

Eldis La Rosa: Die U.S.A. sind ein Nachbarland von Kuba und der kulturelle Einfluss ist sehr groß. Jazz ist daher sehr präsent in Kuba und das hat mich stark beeinflusst.

„In Havanna gibt es sogar ein China-Town, die chinesische Kultur ist mir also nahe”

Wie hast du deine Mitmusikerinnen und Musiker in der Formation Colores gefunden?

Eldis La Rosa: Ich bin immer an anderen Kulturen und an anderer Musik interessiert. Ich habe zum Beispiel Chiao-Hua Chang über Hans Tschiritsch gefunden, Hans ist ein großer Freund von mir. Ich habe ihr Instrument, Erhu, eine Laute, gesehen und mir sofort gedacht: damit möchte ich etwas machen. Der Sound ist besonders. Sogar in Kuba gibt es chinesische Einflüsse, wir benützen in der traditionellen Musik während des Karnevals die so genannte Corneta China, das ist eine chinesische Trompete. In Havanna gibt es sogar ein China-Town, die chinesische Kultur ist mir also nahe. 

Wie sieht das mit Bulgarien aus? Von dort stammt Victoria Kirilova. die Bassistin deiner Band.

Eldis La Rosa: Genau, wegen des Kommunismus hatte Kuba viel mit Bulgarien zu tun. Victoria Kirilova und ich verstehen uns musikalisch sehr gut, weil wir beide ein ähnliches System der Ausbildung gehabt haben. Wenn ich mit Victoria musikalisch rede, dann ist das als würde ich mit einem kubanischen Musiker kommunizieren. Ich will mit meiner Musik kein Klischee bedienen, denn die Leute denken bei Kuba sofort an Salsa und Chachacha, auch an Makuta und ich habe auch schon einen Bolero geschrieben. Diese Einflüsse haben wir auf dem aktuellen Album, aber wir haben auch klassische Musik und Jazz als Einflüsse. Man könnte sagen, dass das Weltmusik ist. Für mich sind das einfach Farben, eben Colores.

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Was ist das Besondere an den chinesischen Instrumenten, die nicht nur eine eigene Klangfarbe, sondern auch eigene Melodien einbringen?

Eldis La Rosa: Diese Traurigkeit der Erhu, macht mich noch einmal neugierig, denn ich glaube, dass ihr Klang irgendwo zwischen Geige und Bratsche liegt. Außerdem hat sie diese besondere Traurigkeit, die mich stark getroffen hat. Ich wollte mein Tenor-Saxofon mit diesen Klängen in einer höheren Lage kombinieren. Das Tenor-Saxofon klingt auch eher traurig, aber das ist für mich nicht negativ. Traurig ist für mich auch positiv, denn ich bin sehr melancholisch. Ich lache viel, aber es kann sein, dass ich Musik höre, die mich zum Weinen oder zum Lachen bringt. genau das ist für mich die Erhu: Lachen und Traurigkeit.

Du hast mit Otto Lechner gespielt, wie war diese Zusammenarbeit?

Eldis La Rosa: Wenn ich mit Otto Lechner gespielt habe, war fast immer Hans Tschiritsch dabei, wir drei. Vielleicht machen wir wieder etwas zusammen im heurigen Sommer, das ist noch nicht ganz sicher.

Hans Tschiritsch baut selbst Instrumente und experimentiert mit Musik. Wie erlebst du das?

Eldis La Rosa: Ich habe ein Saxofon, das Hans für mich aus einer Fahrradpumpe gebastelt hat. Das muss ich noch üben! Und er hat für mich aus zwei Kochpfannen ein Instrument gebaut, das ist so ähnlich wie Congas. Die Idee war, diese Pfannen im Karneval zu spielen. Solche Instrumente hat er für mich gebaut. Die Musik von Hans hat mich auch beeinflusst, denn seine Kompositionen sind oft in ungeraden Takten. Deswegen habe ich auf unserem Album mit Colores einige ungerade Takte. Mit Hans spiele ich seit ungefähr 20 Jahren.

Bild Eldis La Rosa & Colores
Eldis La Rosa & Colores (c) Stephanie Mohr

Und du hast eine Kindermusik-CD gemacht, mit der du einen Musikpreis gewonnen hast. Worum ging es für dich bei diesem Projekt?

Eldis La Rosa: Ich wollte mit vollem Respekt für Kinder eine CD machen, dafür haben wir eine lustige Formation zusammengestellt. Mit Cello, Perkussion, Saxofon, Gitarre, Kontrabass und Gesang. Ich habe auf dieser CD in deutscher und spanischer Sprache gesungen und ich habe selbst Stücke komponiert und traditionelle Kinderlieder aus Kuba interpretiert. Für die Kindermusik-CD habe ich einen Preis in Kuba gewonnen, weil die CD lustig ist und die Arrangements ungewöhnlich sind. 

Es hätte letztes Jahr einen Auftritt von dir in Taiwan geben sollen, der wegen der Corona-Lage abgesagt worden ist. Was war geplant und wird dieser Auftritt nachgeholt?

Eldis La Rosa: Das wäre super, aber wegen Covid 19 muss man noch abwarten. Wer weiß. Aber die Idee war, meine Musik mit einem Symphonie-Orchester aus Taiwan zu spielen. Ich wollte auch chinesische Instrumente dabei haben, meine Band wird nicht komplett dabei sein, aber Chiao-Hua Chang schon. Sie stammt ja aus Taiwan. 

„Wir haben unsere CD in einem Stadl aufgenommen. Das war kein normales Studio, sondern am Land, im Waldviertel. La pampa!”

Wie habt ihr die neue CD produziert? Gibt es dazu eine besondere Geschichte?

Eldis La Rosa: Ja, es gibt viele Geschichten. Wir haben unsere CD in einem Stadl aufgenommen. Das war kein normales Studio, sondern am Land, im Waldviertel. La pampa! Unser Freund Alexander Spitzendorfer wohnt dort. Wir haben uns getroffen und ich habe ihm davon erzählt, dass ich das Album machen möchte. Alexander hat vorgeschlagen, die Aufnahmen in seinem Stadl zu machen. Ich habe mir sofort gedacht: warum nicht! Dann habe ich mit den Musikerinnen und Musikern gesprochen und die haben gut darauf reagiert. Wir waren fünf Tage in der pampa, wie ich immer sage, weil dort wirklich nichts ist. Wegen des Stadls haben wir einen besonderen Sound, dort war viel Holz. Das war kein richtiges Tonstudio, das war also ein Experiment, aber es hat geklappt. Der Sound ist besonders und passt gut zu unserer Musik.

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Hast du mit deinen europäischen Formationen bereits in Kuba gespielt?

Eldis La Rosa: Ich habe in Kuba beim Jazzfestival in Havanna gespielt, das ist normalerweise immer im Jänner, heuer hat es nicht stattgefunden. Als ich dort zum ersten Mal gespielt habe, bin ich mit einem Pianisten aus Schottland aufgetreten, der in Österreich wohnt. Letztes Jahr habe ich dort mit einem kolumbianischen Akkordeonisten gespielt, der auch in Wien lebt. Aber mit meiner Band war ich noch nicht in Kuba live unterwegs. Das ist etwas kompliziert, wenn man zu viert anreist. Deswegen spiele ich in Kuba eher im Duo und mit lokalen Musikern. Letztes Jahr wollte ich mit Otto Lechner und Hans Tschiritsch nach Havanna fliegen, das hat leider nicht geklappt. Aber ich hoffe, das passiert irgendwann.

Herzlichen Dank für das Interview.

Jürgen Plank

 

Live:
4.3.2021, Porgy & Bess, Riemergasse 11, 1010 Wien, www.porgy.at

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