„Ich bin der Meinung, dass der Stubenblues weiter Musik machen soll. Ich glaube, das hätte auch Willi nicht anders gewollt.“ – Stefan Schubert (Stubenblues 2.0) im mica-Interview

Mit dem Album „Wo Da Rauch Hiziagt“ und Live-Konzerten in neuer Besetzung wagt der Stubenblues 2.0. nach dem Tod von Willi Resetarits im April 2022 einen kompletten Neustart. Bandmitbegründer, Singer/Songwriter und Gitarrist Stefan Schubert erzählt im Mica-Interview welche Orte ihn beim Songschreiben besonders inspirieren, wie der Stubenblues ursprünglich entstanden ist, und warum er u.a. Schauspielerin und Sängerin Bina Blumencron neu in die Band dazu geholt hat.

Wie war zu Beginn deiner Karriere die Musikszene in Salzburg?

Stefan Schubert: Damals in den späten Achtziger bzw. frühen Neunziger-Jahren hat es kaum Auftrittsorte gegeben. Weder Clubs oder andere Kulturzentren, das war alles erst im Aufbau. Ein wichtiger Ort war die ARGE Nonntal (aktuell ARGEkultur Salzburg, Anm.), wo übrigens auch Willi Resetarits mit den Schmetterlingen damals öfters aufgetreten ist. Dort habe ich meine ersten musikalischen Gehversuche gemacht. Mit einer meiner ersten Bands, den Notorious Barflies, bin ich ab 1991 ein Mal pro Woche in einem Lokal namens Daimlers aufgetreten. Das gehörte Hans-Peter Daimler, einem Freund von Udo Proksch. Als Gage bekamen wir pro Auftritt ca. tausend Schilling. Das hat sich recht schnell herumgesprochen, und später sind die Leute bei unseren Konzerten in einer Schlange bis hinaus auf die Straße gestanden, weil das Lokal so voll war! Insgesamt sind wir im Daimlers etwa drei bis vier Jahre lang regelmäßig aufgetreten. Das war für uns als Band eine gute Grundlage und ich dachte mir, von dem Job kann man ja vielleicht leben.

Wie bist du ursprünglich auf die Idee gekommen, Musiker zu werden?

Stefan Schubert: Mit vierzehn Jahren wollte ich ursprünglich Förster werden und war schon für eine Schule in Baden bei Wien angemeldet. Dann hat mir ein Freund von meinem Vater eine Gitarre geschenkt. Das war eigentlich eine unspielbare zwölfsaitige Gitarre, an der ich mir in den nächsten Wochen öfters die Finger wundgespielt habe. Aber da kam mir der Gedanke, dass ich lieber Musiker werden wollte. Zusätzlich hatte ich schon als kleines Kind ein sehr gutes Gedächtnis, für die Lieder samt Texten die damals so im Radio gelaufen sind und habe schon in der Volksschule meine Lehrer bzw. Sitznachbarn mit dem Nachsingen von diversen Schlagern zu Tode genervt (schmunzelt).

Wie ging es dann weiter?

Stefan Schubert: Wie es so üblich ist, begann ich dann bald einmal Songs von Neil Young nachzuspielen. Meine musikalische Sozialisierung war eigentlich „Crosby, Stills, Nash & Young“, also diese ganze US-amerikanische Folk- und Rockabteilung. Mit ca. sechszehn Jahren ging es bald daran, eigene Songs zu schreiben und Bands zu gründen.

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„Der Name Stubenblues ist spontan bei einem Gig in Südtirol entstanden“

Kannst du kurz erzählen wie es zum Bandnamen „Stubenblues“ kam?

Stefan Schubert: Der Name Stubenblues ist spontan bei einem Gig in Südtirol entstanden. Wir haben dort bei einem Freund, der eine Jausenstation betreibt, im Trio eine Blues-Session gespielt, hatten aber keinen Namen. Worauf der Besitzer spontan meinte: das ist der Stubenblues! Ich antwortete: Passt, das ist ein super Name, falls du nichts dagegen hast, werde ich den Namen irgendwann für eine Band verwenden!

Wie hast du Willi Resetarits kennengelernt?

Stefan Schubert: Ich glaube, unser erstes persönliches Treffen war bei einem Benefiz-Konzert gegen den Krieg im Kosovo in Salzburg am Residenzplatz. Damals war ich in der Band Scheiblingseder, in der auch Schlagzeuger Peter Angerer mit dabei war, das war die Begleitband für diese Benefizveranstaltung. Willi war zu der Zeit gerade als Ostbahn Kurti sehr populär, doch seine Band die Chefpartie hatte an dem Abend keine Zeit, deshalb haben wir Willi bei dem Gig begleitet.

Das erste gemeinsame Projekt zwischen Willi Resetarits und dir waren dann Konzerte mit Liedern von Van Morrison, richtig?

Stefan Schubert: Ich wollte die Konzerte mit dem „Van Morrison-Songbook“ eigentlich nur im kleineren Rahmen in Salzburg aufführen. Willi hat dann aber Wind von der Sache bekommen, und wollte mit dabei sein. Aus dem Projekt hat sich dann der Stubenblues entwickelt. Natürlich bekam alles, an dem Willi beteiligt war, sofort mehr mediale Aufmerksamkeit und der Stubenblues stand auf einmal stärker im Rampenlicht. Wir haben das Van Morrison-Projekt im ersten Jahr des Bestehens der Band, noch weiter live aufgeführt, doch dann kam die Frage auf, wie machen wir weiter? Mein Gedanke war, dass es nur weitergeht, wenn man auch etwas Eigenes entwickelt, sonst ist das auch künstlerisch nicht interessant. So kam es zu der Idee, eigene Songs zu schreiben. Neben Willi und mir waren bei der ersten Besetzung noch Peter Angerer (Schlagzeug), Klaus Kircher (Bass) und Roland Guggenbichler (Klavier, Akkordeon) in der Band mit dabei.

„Der Tod von Willi war sehr tragisch. Wir haben am 22. April 2022, also zwei Tage vor seinem Tod, noch ein Stubenblues-Konzert in St. Pölten gespielt.“

Ihr wart dann mit dem Stubenblues von 2003 bis 2022, also fast zwanzig Jahre gemeinsam aktiv, bis dann im April 2022 Willi Resetarits überraschend verstorben ist. Jetzt gibt es Stubenblues 2.0. neu, formiert mit dir als Bandleader – wie kam es zu der Entscheidung, die Band weiterzuführen?

Stefan Schubert: Das Ende von Willi war sehr tragisch. Wir haben am 22. April 2022, also zwei Tage vor seinem Tod, noch ein Konzert in St. Pölten gespielt.  Ich hatte an dem Tag Geburtstag, es wurde ein Kuchen auf die Bühne gebracht und wir haben nach der Show noch ein bisschen gefeiert. Nach dem Tod von Willi hatten wir ein Band-Treffen, wo der Großteil der ursprünglichen Besetzung der Meinung war, dass es ohne Willi nicht weiter gehen kann. Ich habe das anders gesehen, da die Band zu einem großen Teil ja auch mein „Baby“ war. Zusätzlich bin ich der Meinung, dass der Stubenblues weiter Musik machen soll. Ich glaube, das das hätte auch Willi nicht anders gewollt. Nicht zuletzt war der Stubenblues finanziell auch Teil meiner Existenzgrundlage. Ich habe mich dann entschlossen, die Band weiterzuführen, und gesagt, wer mit machen will, ist willkommen.

Bild Stubnblues 2.0.
Stubnblues 2.0. (c) Edin Mustafic

Wie hast du dann die neue Besetzung von Stubenblues 2.0 zusammengestellt?

Stefan Schubert: Einer der ersten war Schlagzeuger Camillo Jenny, der schon lange Fan der Band war. Camillo kannte ich schon von anderen gemeinsamen Projekten. Dann kam die Idee, die Bassistin Marlene Lacherdorfer, die in der Szene derzeit sehr gefragt ist, zu fragen. Auch sie hat sofort zugesagt. Keyboarder Markus Marageter hat schon bei den jährlichen Stubenblues-Konzerten in Gamlitz, Steiermark immer mitgespielt, daher war es irgendwie logisch, ihn dazuzuholen. Die Mundharmonika bei Stubenblues 2.0 spielt Hubert Hofherr, der ein eigenes Blues-Projekt hat, bei dem ich schon einige Zeit selbst mitspiele. Ich dachte daran, bei der neuen Besetzung auf Bläser zu verzichten und stattdessen die Mundharmonika mehr in den Vordergrund zu stellen.   

„Jeder Mann als Sänger hätte dem Vergleich mit Willi nicht standgehalten. Darum wollte ich für die neue Stubenblues 2.0-Besetzung eine junge Sängerin engagieren.“

Mit Bina Blumencron gibt es jetzt eine Sängerin beim Stubenblues 2.0. War war deine Intention dahinter?

Stefan Schubert: Zum einen wollte ich nicht alle Stücke selbst singen, sondern mich mehr auf die Gitarrenparts konzentrieren. Was den Sänger betrifft, wollte ich zudem keinen älteren Haudegen wie Boris Bukowski oder Schiffkowitz in die Band holen. Ein männlicher Sänger hätte dem Vergleich mit Willi Resetarits nicht standgehalten. Daher entschied ich mich, für die neue Stubenblues 2.0-Besetzung eine junge Sängerin zu engagieren. Bina Blumencron macht das hervorragend! Ich kannte Bina vor allem als Schauspielerin vom Theater, aber unser ehemaliger Bassist Klaus Kircher erzählte mir, dass sie auch singt. Bina ist auf der Bühne eine starke Persönlichkeit, hat Schmäh und ist außerdem eine exzellente Sängerin.”

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2024 ist mit „Wo Der Rauch Hiziagt“ das Debütalbum von Stubenblues 2.0 veröffentlicht worden. Wie und wo sind die Songs dafür entstanden?

Stefan Schubert: Die Songs stammen fast alle aus meiner Feder. Im Januar 2023 habe ich mir in Triest für eine Woche eine Wohnung in einem Haus gemietet, in dem zufällig auch einmal James Joyce gewohnt hat. Zu dieser Zeit war es in Triest eiskalt, vor allem wegen der eisigen Bora-Winde. Deshalb bin ich kaum aus dem Haus gekommen und habe alle Songs, die auf dem neuen Album von mir stammen, dort verfasst.

Wer hat noch Lieder für das neue Album komponiert?

Stefan Schubert: Zwei Songs hat Camillo Jenny beigesteuert. Er hat das neue Album auch mitproduziert. Dann gibt es noch „Ma Siacht Si“, ein Stück das sich mit dem Tod von Willi beschäftigt. Das hat Markus Hackl, ein befreundeter Songwriter, komponiert.

Zusätzlich habt ihr für „Wo Der Rauch Hiziagt“ noch zwei ältere Stubenblues-Stücke neu aufgenommen. Wie kam es dazu?

Stefan Schubert: „Regn“ ist das allererste Lied, das ich gemeinsam mit Willi geschrieben habe. Es entstand auf einer Wanderung, auf dem Weg zu einer Hütte in Imst. Spontan hatte ich eine Idee für die Musik, und Willi schrieb über Nacht einen Text dazu. Der zweite Track, „I Sing für die Vastummtn“, ist aus politischen Gründen auf das Album gekommen. Damit wollen wir ein Zeichen gegen den Rechtsruck in Österreich setzen. Angesichts der aktuellen Situation finde ich es wichtig, sich zu dieser Entwicklung zu äußern, die sich in Österreich schon länger abzeichnet. Deshalb ist das Lied auch bei jedem unserer Konzerte ein Fixstarter.

Bild Stubnblues 2.0.
Stubnblues 2.0. (c) Edin Mustafic

Gibt es noch andere Songs auf dem Album, über deren Hintergründe du etwas mehr erzählen möchtest?

Stefan Schubert: Bei „Imma Nua Des Mea” stammt der Text vom steirischen Singer-Songwriter Georg Laube und handelt vom Tod eines lieben Freundes von uns, Michi Grassl. Michi war unter anderem Vizepräsident des Fußballvereins FC Grödig, ein toller Freund, ein Fan, und wir haben oft mit ihm Fußball gespielt. Leider ist Michi 2020 im Alter von nur vierzig Jahren verstorben.

„Ois kloa” ist ein leicht absurder Text. Ein Teil stammt von mir, der größere Teil jedoch von Christoph Michalke, dem Sänger der Wiener Dialekt-Band Remasuri. Der Song ist schon einige Jahre alt, war aber bisher unveröffentlicht. Die Geschichte dahinter spielt an dem Ort auf Kreta, wo ich regelmäßig Urlaub mache. Dort gibt es einen witzigen Typen namens ‘Kuchen-Uwe’, der am Strand, wo es normalerweise nichts gibt, selbstgebackenen Kuchen und Filterkaffee verkauft und damit eine goldene Nase verdient. ‘Kuchen-Uwe’ ist mittlerweile so berühmt, dass er sogar in Reiseführern erwähnt wird. Neben dieser Anekdote geht es im Song aber auch um eine Beziehung.

Ein wichtiger Teil des Stubenblues abseits der Bühne war und ist auch Tontechniker Chris Scheidl, der euch schon lange sowohl im Studio als auch live begleitet. Was schätzt du an Chris besonders?

Stefan Schubert: Chris ist einerseits ein unglaublich netter und wertvoller Mensch, und als Tontechniker kenne ich niemanden Besseren. Ich schätze das total entspannte und unkomplizierte Arbeiten mit ihm. Es ist ja bekannt, dass manche Tontechniker größere Diven sind als die Musiker selbst. Da wird die Frage ‘Könnte ich dieses und jenes auf dem Monitor etwas lauter haben?’ manchmal schon als Majestätsbeleidigung aufgefasst. Chris ist genau das Gegenteil davon und ein unglaublich wichtiger Teil der Stubenblues-Crew.

Es wurde schon erwähnt, dass du mit Willi Resetarits beim Stubenblues fast zwanzig Jahre zusammengearbeitet hast.  Was war eigentlich das Wichtigste, das du von ihm gelernt hast?

Stefan Schubert: Da gibt es so vieles, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es beginnt mit einer auf den ersten Blick so belanglosen, aber umso wichtigeren Aussage: ‘Egal, wo wir hinkommen, immer freundlich grüßen.’ Das war Willi! Jeden Menschen wahrnehmen, egal, wer es ist. Das sagt so viel über ihn aus. Willi gab sich nie als Star und behandelte jeden Menschen, dem er zum Beispiel auf unseren Konzertreisen begegnete, mit Respekt. Diese Haltung habe ich ein Stück weit für mich verinnerlicht.

Auch in puncto Musikalität habe ich viel von ihm gelernt: Willi war nicht nur ein großartiger Sänger, sondern auch ein toller Chorsänger und dabei sehr genau. Ich bin zwar kein schlechter Chorsänger, war aber eher ein bisschen schlampig (schmunzelt). In diesem Punkt habe ich viel dazugelernt.”

Zum Schluss noch eine ganz klassische Interview-Frage: Du kommst auf eine einsame Insel und darfst nur drei Alben mitnehmen. Welche wären das?

Stefan Schubert: Das klingt jetzt vielleicht angeberisch, aber die Neunte Symphonie von Beethoven – und zwar in der Version des Chicago Symphony Orchestra. Die Neunte hat ja kürzlich ihr zweihundertjähriges Jubiläum gefeiert, und da habe ich diese unglaublich tolle, groovige Version des Stücks gehört. Dann muss auf jeden Fall das Album 4 Way Street von Crosby, Stills, Nash & Young mit. Und zuletzt das neue Album von Danger Dan – ich finde, er ist ein großartiger Texter. Ansonsten käme mir auch Gisbert zu Knyphausen in den Sinn.

Vielen Dank für das Interview!

Robert Fischer

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Stubenblues 2.0 live:

Freitag 15. November 2024
Wels, Schlachthof

Dienstag 19. November 2024
Wien, Stadtsaal

Freitag 22. November 2024
Berchtesgaden, Kulturhof Stangass

Mittwoch 04. Dezember 2024
Bruneck, Stadttheater

Donnerstag 05. Dezember 2024
Neunkirchen, Cinetheatro

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Links:
Stubnblues 2.0 – Stubnblues2punkt0