Hesch wella, schleck d’Kella: Mit ROSI SPEZIAL gigagampft die Gsiberger Goschen über Jazz und seine Nebenschauplätze. Damit sorgen drei Urvorarlberger und „üser Quotenwiener” bei Fans und Freunden von Genrebezeichnungen für die abenteuerlustigen Abwandlungen seit Koenigleopold: „Free-Pop, Avantgarde-Volksmusik, Psychedelic-Schlager” – Kulturredaktionen ziehen bei, für und vor ROSI SPEZIAL alle Register. Auch weil den V-Style jenseits der zweiten Lautverschiebung niemand versteht. Isch egal, passt scho! Die selbsternannte Freejazzpopmusikkapelle fordert auf „Katza-Jazz” (via FÜDLA RECORDS) und Titeln wie „Ratzaköpfle” und „Sure Kätzle” sowieso die Austro-Zunge heraus. MICHAEL NAPHEGYI, MICHAEL BLASSNIG UND LUKAS SCHIEMER haben sich deshalb mit einem Ländlegesandten unterhalten – und erklärt, wieso die EAV nie in den Genuss von Mohrapfiffle kommen wird.
Mit eurer Musikkapelle seid ihr letzthin im Sumpf gewesen!
Michael Naphegyi: Bei der Kathi Seidler, das war super, sie hat sich wirklich Gedanken zu unserer Platte gemacht.
Michael Blassnig: Im Gegensatz zur Berichterstattung auf vol.at.
Michael Naphegyi: Die haben den thegap-Artikel nach Absprache übernommen – von der Überschrift bis zum letzten Satz. Immerhin ist der Text dort hinter der Paywall – sonst würd es wahrscheinlich ausarten in den Kommentaren.
Bullshit-Bingo auf Gsibergisch?
Michael Blassnig: Fix, die Leute regen sich dort gerne auf.
Für Rosi Spezial ist das doch eine Steilvorlage: Die Texte schreiben sich damit von selbst!
Michael Naphegyi: Wir recyceln die Trolle eh – sogar im Pressetext.
Michael Blassnig: Ja, für „A Saftiges Fax”, das vor ein paar Jahren rauskam, haben wir einzelne Kommentare einfach übernommen, so unterirdisch waren die.
Dabei müsst ihr das Vorgartenbürgertum Vorarlbergs gar nicht persiflieren.
Michael Blassnig: Genau, wir überspitzen nichts.
Michael Naphegyi: Es ist schräg genug.
Michael Blassnig: Wir geben uns aber Mühe, niemanden zu beleidigen.
Den Mandl Schorsch, euren Quotenwiener, habt ihr heute zu Hause gelassen.
Michael Blassnig: Bei der Aufnahme in Laterns war er aber dabei. Ihm hat das getaugt, auch weil er die Berge mag. Außerdem: Das Haus, die Stimmung! Die Platte fängt das ein.
Es entspricht dem schönen Narrativ einer Band, die sich in die Natur verzieht, um dann in einer entlegenen Holzhütte ihre Songs zu basteln.
Michael Blassnig: Stimmt, der Klassiker! Dabei haben wir gar nicht gebastelt, eher improvisiert.
Michael Naphegyi: Na, so viel improvisiert haben wir gar nicht!
Michael Blassnig: Es sind halt zwei lange Takes.
Michael Naphegyi: Das ist nicht so viel. Wir waren ja eine Woche in Laterns und haben auch andere Dinge als Musik gemacht, zum Beispiel eine Bergtour.
Michael Blassnig: Nachtwandern, ja! Und Tennis haben wir auch geschaut.
Michael Naphegyi: Bei unserem letzten Album „Alles isch Alles” wollten wir unbedingt ein Album machen – mit tatsächlichen Songs.
Michael Blassnig: Und haben dafür einen Monat aufgenommen – sogar mit Zeitplan.
„OB DAS VERTRAUEN FÜR EINE GANZE PLATTE REICHT, WAR ICH MIR NICHT SO SICHER.”
Michael Naphegyi: Eben, wir hatten Songideen. Die hat es bei „Katza-Jazz” eigentlich nicht gegeben, weil es zwar keine Freejazz-Platte werden sollte, aber eine, mit der wir zelebrieren, was wir auf die Bühne abziehen.
Michael Blassnig: Deshalb war ich vor der Woche in Laterns echt nervös, ob das klappen kann.
Weil ihr blank aufgenommen habt?
Michael Blassnig: Irgendwer hat das Vertrauen genannt. Ob die für eine ganze Platte reicht, da war ich mir aber nicht so sicher. Immerhin hat der Michi für „Hundeholz” so etwas wie eine Grundidee gehabt.
Michael Naphegyi: Alles andere war let’s see.
Bei Selbstironie erreicht man irgendwann die Grenze, wo es in Cringe kippt. Bei euch ist es nie cringe, aber doch ironisch. Weil ihr euch trotz Klamauk ernst nehmt?
Michael Blassnig: Es muss musikalisch taugen und spannend bleiben. Das geht, weil wir ein Grundniveau an unseren Instrumenten beherrschen. Darüber hinaus können wir es uns erlauben, uns nicht so ernst nehmen. Wenn man aber nur darauf vertraut, dass man lustig ist, wird’s …
Michael Naphegyi: Random!
Michael Blassnig: Außerdem bin ich nicht so lustig auf der Bühne.
Michael Naphegyi: Du hast deine Rolle als introvertierter Bassist.
Michael Blassnig: Sonst sind alle lustig: der Luki, du, der Barkeeper, der Schorsch eh auch irgendwie.
Michael Naphegyi: Hast du nicht mal ein Konzert ohne Hose gespielt?
Michael Blassnig: In der Poolbar! Vor Jahren! Und immerhin in Unterhose, weil ganz ohne trau ich mich nicht.
Michael Naphegyi: Das kommt noch! Im Kramladen?
Wien wäre dankbarer als Feldkirch.
Michael Blassnig: Wahrscheinlich, aber wenn: dann in Feldkirch.
Michael Naphegyi: Am besten bei der Preisverleihung für Sound©V.
Michael Blassnig: Dann nehmen sie uns den Preis wieder weg.
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Michael Naphegyi: Ah schau, da kommt der nächste Vorarlberger!
Lukas Schiemer: Seavas! Ich hab grad 25 Minuten Parkplatz gesucht!
Michael Blassnig: Nur damit wir alle einen Eindruck haben, wie das bei uns mit den Proben ist: Alle trudeln irgendwann ein.
Michael Naphegyi: Und wenn es alle geschafft haben, nehmen wir schnell auf.
Zum Beispiel eine Elektro-Guzzi-Nummer …
Michael Naphegyi: „Ratzaköpfle”, meinst du?
Michael Blassnig: Den Song haben wir wirklich als Elektro-Guzzi-Nummer bezeichnet.
Lukas Schiemer: Wir haben’s doch Elektro Gutschi genannt.
„DIE GEFAHR IST HOCH, DASS ES ZU BEMÜHT KLINGT, WEIL WIR ES NUR REPRODUZIEREN WOLLEN.”
Wie auch immer, ich stell mir das gut vor: irgendwo in den Bergen, plötzlich Techno.
Michael Naphegyi: Das war ein Abend-Jam, es hat was Dunkles, so wie „Frei Jass” – dabei haben wir den irgendwann in der Früh aufgenommen.
Michael Blassnig: Ich denk da eher an Morgendämmerung.
Michael Naphegyi: „Ratzaköpfle” war aber: Abend.
Da verspielen sich die Wahrheiten.
Michael Naphegyi: Spannend wird es jedenfalls, wie wir den Song live umsetzen. Der war ja komplett frei, die Leute müssen beim Konzert aber checken: Aha, jetzt spielen sie den!
Lukas Schiemer: Dabei gibt es ja Elemente, die den Song prägen.
Michael Blassnig: Deine Grillen zum Beispiel.
Lukas Schiemer: Ich hab keine Ahnung, wie ich die gemacht hab. Es war ein Loop, absurd oft oktaviert …
Michael Naphegyi: Also weißt du doch, wie es geht!
Lukas Schiemer: Na ja, es sollt ja auch klingen wie die Grillen!
Michael Blassnig: Dabei ist die Gefahr doch, dass es zu bemüht klingt, weil wir diese Elemente nur reproduzieren wollen.
Michael Naphegyi: Weil es bei den freien Sachen maßgeblich um die Energie geht.
Michael Blassnig: Genau, die Jams haben eine Grundstimmung. In die muss man live erstmal kommen!
Michael Naphegyi: Da hab ich aber Vertrauen in uns.
Also landen wir wieder beim Vertrauen.
Lukas Schiemer: Obwohl die Aufnahmen so chaotisch waren! Während den Jams hab ich oft gar keine Ahnung gehabt, was ihr gerade macht.
Michael Naphegyi: Wir haben ja auch einfach angefangen.
Ohne Alpenkraut?
Lukas Schiemer: Nur mit Mohrapiffle!
Michael Blassnig: Vom Automaten!
Lukas Schiemer: Ja voll, der hat immer nur eins ausgespuckt.
Für Hinterbergler: Ihr meint ein Bier, das aus einem Automaten kommt?
Lukas Schiemer: Ja, in Laterns gibt es einen Bierautomaten.
Michael Naphegyi: Die Vorarlberger Essentials!
Lukas Schiemer: Dabei hat die Karte vom Schorsch zuerst nicht funktioniert. Ich wollt schon bei der Bank anrufen, um mich zu beschweren. Wir sind aber draufgekommen, dass wir bei der Eingabe einen Fehler gemacht haben.
Michael Blassnig: Der Schorsch hat dann den ganzen Automaten leergekauft. Eins nach dem anderen. Bis ein Bier draußen war, hat es aber ewig gedauert.
Lukas Schiemer: Deshalb haben wir das erste gleich vor dem Automaten getrunken.
Und dann habt ihr also angefangen.
Lukas Schiemer: Genau, zum Beispiel die Gutschi-Nummer: Ich hab diese Jahrmarkt-Dudelei gespielt, alle sind eingestiegen …
Michael Naphegyi: Nur die Gitarre vom Schorsch haben wir nachträglich rausgeschnitt…
Michael Blassnig: So, ich muss los.
Na, wo’s gerade so spannend wird!
Michael Blassnig: Dafür bin ich morgen pünktlich. Um 11 proben wir.
Michael Naphegyi: Um 10!
Michael Blassnig: Ah ja, tschau!
Also, wir waren gerade in Laterns, oder?
Michael Naphegyi: Da haben wir aufgenommen, in meinem Elternhaus.
Lukas Schiemer: Einmal sind die Nachbarn reingekommen, während wir aufgenommen haben – ich hab da gerade die Blechgießkanne als Saxofon gespielt. Die waren völlig fassungslos.
Es kann ja nicht sein, dass man die Künstler nach Wien schickt und dann kommen sie zurück als Freejazzer!
Michael Naphegyi: Na ja, Freejazz …
Na ja, entfernt.
Lukas Schiemer: In den Jazzclub in Lustenau passen wir jedenfalls nicht.
Michael Naphegyi: Wir bedienen kein Genre. Das ist Fluch und Segen, weil die Leute dann sagen: Na ja, es passt halt nicht rein.
Koenigleopold haben auch nie reingepasst.
Michael Naphegyi: Trotzdem ist es immer mehr Voraussetzung, dass man als Musiker:in ein gewisses Genre bedient. Es darf nicht zu diffus sein. Sonst passt es nicht zu dem Label oder auf das Festival.
Deshalb spielt ihr wie zuletzt beim Poolbar Festival neben Helge Schneider – da geht dann alles.
Michael Naphegyi: Ich hab ihm übrigens kurz die Hand gegeben, hab aber keine Ahnung gehabt, was ich mit ihm sagen soll.
Lukas Schiemer: Nach seinem Auftritt ist er dann in seinem Sportwagen weggefahren. Der Auftritt war aber super.
Michael Naphegyi: Echt?
Lukas Schiemer: Ja, ja! Was ich aber sagen will: Wir bekommen laufend schräge Anfragen, zum Beispiel als Vorband für die EAV. Das haben sie aber abgesagt, weil sie davor ein schlechtes Erlebnis mit ihrer Vorband in der Steiermark gehabt haben.
Michael Naphegyi: Wahrscheinlich sehen die meisten Veranstalter:innen nur eines unserer Videos und glauben, dass wir bei ihnen reinpassen. Dann kommen wir – und sind ein Überraschungsei!
Lukas Schiemer: In irgendeinem Kaff hätten wir auch als Vorband für den Schlagzeuger Billy Cobham spielen sollen. Keine Ahnung, wie der Veranstalter auf uns gekommen ist. Jedenfalls hatte der Geburtstag …
Michael Naphegyi: Und war von unserer Live-Painting-Sache begeistert. Die Person, die bei uns dafür zuständig ist, konnte an dem Termin aber nicht. Also hab ich es gemacht. Es standen drei Leinwände um die Bühne. Bei ein paar Improvisationen bin ich aufgestanden und hab halt was gemalt.
Lukas Schiemer: Und Billy Cobham ist natürlich nicht gekommen.
Unfassbar.
Michael Naphegyi: Jedenfalls soll sich Rosi Spezial nicht einordnen lassen. Die Online-Plattformen setzen mittlerweile ohnehin genügend Grenzen.
Lukas Schiemer: Noch ärger ist: Wo schickt man so ein Album hin, damit es mal gespielt wird? Es gibt ja keinen einzigen relevanten Radiosender mehr, in dem solche Musik vorkommt.
Außer in den sogenannten Nischensendungen.
Lukas Schiemer: Abgesehen davon kann man sich FM4 aber nicht mehr anhören. Bei Ö1 geht sich unsere Musik auch nicht aus. Und bei Radio Vorarlberg meinen sie es zwar gut mit uns. In der Rotation landet „Hundeholz” trotzdem nicht, weil: Wir sind zu verrückt.
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Obwohl alles im Ländle-Dialekt isch.
Michael Naphegyi: Das war der Grund für Rosi Spezial: Der Dialekt ist knackig und zackig. Das ballert so – fast wie ein dadaistisches Gedicht. Das Wienerische ist dagegen viel runder.
Lukas Schiemer: Und wenn sich Ur-Vorarlberger aufregen …
Michael Naphegyi: Klingt das einfach geil! Das fällt mir übrigens erst auf, seitdem ich in Wien lebe. Die Distanz legt die Besonderheit offen. So ähnlich hab ich das auch bei FM4 gesagt, weil: Vorarlberg gehört nicht zu dem, was als Austropop deklariert wird.
Lukas Schiemer: Und Ländle-Pop klingt nach
Michael Naphegyi: Garagenpop-Coverband für …
Das sagen wir jetzt nicht. Aber danke für eure Zeit!
Christoph Benkeser
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Rosi Spezial spielen am 20.10.2023 im Kramladen in Wien die Album-Release-Show von „Katza-Jazz” .Alle Informationen findet ihr hier.
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