Der Hans Koller Preis ist ein, seit 1997 vergebener, österreichischer Jazzpreis, benannt nach dem österreichischen Jazzsaxofonisten Hans Koller (1921 – 2003). Vergeben wird er in den Sparten “Musiker des Jahres”, Newcomer des Jahres”, “Sideman des Jahres”, “Album des Jahres” und “European Jazz Prize”. Die diesjahrige Preisverleihung findet am 14. Dezember im Porgy & Bess statt. Das Konzert des European Jazz Prize – Trägers am 15. Dezember ebenfalls dort.
Wir freuen uns, die Preisträger des Hans Koller Preis 2007, einer Initiative des Bundeskanzleramtes, der Stadt Wien, der Bank Austria – Creditanstalt (BA-CA), des SKE-Fonds und dem Austrian Music Office (AMO) bekannt geben zu dürfen.
European Jazz Prize 2007 : Stefano Bollani (Italien), piano
Jurybegründung:
Der 34jährige italienische Pianist Stefano Bollani gehört zu jenen jüngeren europäischen Musikern, die sich ebenso selbstverständlich in der amerikanischen Jazztradition bewegen wie in der europäischen Musik und im Pop, die allen diesen unterschiedlichen Einflüssen aber einen unverkennbar eigenen, individuellen Stempel aufprägen. Dabei setzt der technisch hoch versierte Pianist weniger auf fulminante Virtuosität als vielmehr auf Transparenz, auf eine im Detail immer wieder überraschende Harmonik (oder Reharmonisationskunst) und auf seine sichere Gestaltungskraft, die überzeugend Balance hält zwischen offenen Strukturen und einem klaren Formwillen. Stefano Bollani repäsentiert – durchaus in der Tradition von Keith Jarrett und Michel Petrucciani, aber auch der romantischen europäischen Klaviermusik – jene “komplette” Pianistik, die eher den “orchestralen” Gesamtklang” in den Vordergrund rückt als das Feuerwerk spektakulärer Virtuosität. Die raffinierte Verschränkung von prägnanten Bassfiguren und ausgesuchten Harmonien einerseits und kaum je auswuchernder Melodik prägen Bollanis individuellen Stil und zeichnen ihn aus als einen der überzeugendsten Pianisten der jüngeren Generation. Dazu kommen insbesondere bei seinen Solokonzerten und Auftritten mit seinen diversen Kleinensembles eine verspielte Ironie und einen nahezu enzyklopädischen Umgang mit Musiken unterschiedlichster Herkunft; sein Repertoire umfasst Jazzstandards bis zurück zum Ragtime und Stridepiano, Themen aus der klassischen Klavierliteratur ebenso wie italienische Canzoni, schwedischen Volksliedern, Tangos und Popballaden. Nicht zufällig wurde Bollani in Italien zuerst bekannt als witziger, auch singender Entertainer, als Parodist italienischer Liedermacher und als Begleiter etwas des italienischen Rockmusikers Javanotti, bevor ihn der italienische Trompeter Enrico Rava 1996 gleichsam von der Strasse weg als Pianisten engagierte. Einer breiteren europäischen Zuhörerschaft wurde Bollani zwar erst mit seinem Soloalbum “Piano Solo” bekannt, in Jazzkreisen aber hat er sich längst zuvor mit seinen eigenen Gruppen und als gefragter Pianist in den Ensembles von Rava, Paolo Fresu, Richard Galliano, Phil Woods, Pat Metheny und anderen mehr einen Ruf als “Rising Star” gemacht. In den vergangenen zwei Jahren hat Stefano Bollani mit den CDs “Tati” (mit Rava und Paul Motion), “Gleda – Songs von Skandinavia” (mit seinem dänischen Trio), “I Visionari” (mit seinem italienischen Quintett) und “Piano Solo” sowie zahlreichen Tourneen, Festivalauftritten und Einzelkonzerten seinen Ruf als einen der kreativsten und interessantesten Stimmen der europäischen Jazzszene gefestigt.
Musiker des Jahres 2007 : Christian Muthspiel, trb, composer
Jurybegründung:
Christian Muthspiel kann eigentlich nicht für seine Verdienste innerhalb eines bestimmten Jahres gewürdigt werden: Die Arbeit des Posaunisten, Komponisten und Dirigenten streckt sich über längere Zeiträume, ständig forscht, erkundet, entwickelt er. Das Anliegen, die Grenzen zwischen notierter und improvisierter Musik zu überwinden und starre Aufführungstraditionen aufzubrechen, formuliert der 1962 in Judenburg geborene Musiker immer wieder neu – mal im Konzertsaal, mal im Jazzclub, mal in neu entdeckten Veranstaltungsorten wie dem Wartesaal des Bahnhofs in Neuberg an der Mürz. Dort gastierte Muthspiel unlängst mit seinem Projekt “für und mit ernst”, einer Performance mit Texten von Ernst Jandl. Mit seinem Trio interpretiert Muthspiel Musik von Harry Pepl und Werner Pirchner (siehe auch “CD of the year”), dazu erarbeitet er Mozart-Interpretationen (“Mozart Loops”), Klanginstallationen und Lesungen mit Musik. Für den Herbst studiert der Vielbeschäftigte u.a. mit Alegre Corrêa und dem Staatsorchester Hannover ein Brasilien-Programm ein. Wer denkt, all das sei schon vielseitig genug, dem zeigt Muthspiel seine “Fensterbilder”-Malereien, die der Musiker bisher “geheim” angefertigt hat.
Newcomer des Jahres 2007 : Christoph Pepe Auer, sax
Jurybegründung:
Fast wäre er Heavy-Metal-Schlagzeuger geworden – doch kurz bevor er aus Tirol zum Studium nach Graz übersiedelte, entschloss sich Christoph Pepe Auer dann doch, sich auf das Saxofon zu konzentrieren. Als Schüler von Klaus Dickbauer, Heinrich von Kalnein und Karl-Heinz Miklin entwickelte Auer einen klaren, lyrischen Ton, der sich im Neo-Bebop-Umfeld ebenso gut bewährt wie in abenteuerlichen, freieren Improvisationen. Seinen Horizont erweiterte der heute 26-Jährige 2006 bei einem zweimonatigen Aufenthalt in New York, der durch ein Koller-Preis-Stipendium ermöglicht wurde. Wie ein Schwamm sog der junge Musiker Einflüsse auf, vernetzte sich mit Musikern, spielte und spielte. Das Album “The New York Sessions” ist das verdichtete Resultat des Austauschs im Big Apple. In Österreich führt Auer ein Quartett mit Peter Kronreif (drums), Martin Reiter (piano) und Matthias Pichler (bass) an. Als Mitglied des Drum’n’Bass-Ensemble “Damensattel” und der HipHop-Band “Chillin’ con Karma” zeigt der Musiker, dass seine Entscheidung für Jazz und das Saxofon keinesfalls eine Entscheidung für Scheuklappen-Purismus war.
CD des Jahres 2007 : “Things Change – the 50th Anniversary Box” Wolfgang Puschnig (Universal)
Jurybegründung:
Wo gefeiert wird, wird auch musiziert – dieser Tradition folgt die Box aus 3 CDs und einer DVD, die anlässlich des 50. Geburtstags von Wolfgang Puschnig die überschwängliche Kreativität des Künstlers dokumentiert. Dass Puschnig aus Herzenslust musizieren darf, ist gleichermaßen ein Geschenk an seine Fans wie an ihn selbst – nur eine CD, “Remains of The Days”, besteht aus bisher unveröffentlichten Aufnahmen, sonst probierte der Kärntner Neues aus oder vertiefte sich in lang gepflegte Leidenschaften. “Meiner Sö/Moj Duh”, aufgenommen mit dem Ensemble “Schnittpunktvokal”, enthält elf Kärntnerlieder, bei denen Puschnig in neuen Arrangements den “Blues-Geist” der Musik noch stärker hervorkehrt. Auf “3D” tritt Puschnig erstmals ausschließlich als Flötist auf, begleitet von Paul Urbanek am Piano und Patrice Heral am Schlagzeug. Die DVD “Visual Inflictions” zeigt Puschnig und Mitmusiker beim freien Improvisieren in Wohnzimmern und Proberäumen, auf Wiesen, im Wald – die spontanen Aufnahmen, später von Urbanek arrangiert und komplettiert, zeigen, dass Puschnig mit zunehmendem Alter noch viel Wanderlust und kindliche Neugier in sich hat.