Gnigler stellen sich vor

Eines muss man schon sagen, das bei Listen Closely erschienene Debüt der siebenköpfigen Formation Gnigler ist ein richtig lässiges Stück Musik geworden. Stilistisch nicht einordenbar, immens abwechslungsreich wie vielschichtig und darüber hinaus auch noch instrumental erfrischend eigenwillig besetzt, macht die Truppe rund um den der Band seinen Namen gebende Tenorsaxophonist Jakob Gnigler auf eindrucksvolle Art vor, dass in der Ausrichtung und Interpretation des Jazz nicht alles immer in Stein gemeißelt sein muss und es sehr wohl immer noch möglich ist, von der üblichen Spur abzugehen. Was auf dem Erstlingswerk auf dem Programm steht, ist eine spannende und in aller Offenheit betriebene Zusammenführung der unterschiedlichsten musikalischen Sprachen in ein lebendig-pulsierendes und buntesten Farben leuchtendes Ganzes.

Alleine schon die Namen der an diesem Projekt beteiligten Protagonisten sollten eigentlich Aufschluss darüber geben, in welche musikalische Richtung es diese Gruppe verschlägt. Jakob Gnigler (Tenorsax, Komposition), Philipp Harnisch (Altsax, Komposition), Alex Kranabetter (Trompete, Es-Horn), Jakob Rieder (Tuba), Judith Ferstl (Kontrabass), Simon Frick (E-Geige, Effekte) und Niki Dolp (Schlagzeug), allesamt längst keine unbekannten Vertreter der jungen österreichischen Jazzgeneration mehr, lösen sich in ihrem Tun von allen erdenklichen vorgeschriebenen Strukturen, Ordnungen und stilistischen Fragestellungen. Was sie praktizieren, ist das von allen Scheuklappen befreite Agieren im endlosen musikalischen Raum mit ungewissem Ausgang.

Dies impliziert klarerweise auch die Annäherung an den Jazz aus verschiedensten Perspektiven. So geht es in den Nummern ebenso experimentell, innovativ und verspielt zur Sache, wie auch gediegen-elegant und ruhig oder auch richtig schön brachial. Das Kunststück, das Gnigler wirklich in imposanter Manier zu Wege bringen, ist, alles auf den Punkt zu bringen. Bei so vielen Einflüssen, aus denen die Kompositionen nähren, kann es ja schon mal vorkommen, dass es an den Rändern unklar wird. Nicht aber in diesem Falle. Jeder Ton, jede Melodie, jeder Ausbruch, jede Improvisation, jede spontane und unvorhersehbare Wendung hat in dem sich über weite stimmungsvolle Spannungsbögen erstreckenden Gesamtsound seinen Sinn und seine Berechtigung.

Wiewohl es auf diesem Erstlingswerk schon auch recht komplex zugeht, so richtig wahr nimmt man diesen Aspekt erstaunlicherweise nicht. Es befindet sich alles in einem steten Fluss, in einem, der wirklich auch eine eigene Note anzubieten hat. Ein wirklich schönes erstes musikalisches Ausrufezeichen.
Michael Ternai

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