“Gib mir ein Liebeslied” – Künstler:innen stellen Liebeslieder vor

Am 14. Februar ist Valentinstag. Klischees, um diesen zu zelebrieren, gibt es genauso viele wie Mythen über dessen Herkunft. 
Wir haben uns im Vorfeld auf die Suche gemacht und Musiker:innen, Komponist:innen und Songwriter:innen nach den, ihrer Meinung nach, gelungensten Liebesliedern befragt. Was macht ein gutes Liebeslied aus? Welche Geschichte verbirgt sich dahinter und was berührt einen daran? Anworten darauf geben BIPOLAR FEMININ, ANNA ANDERLUH, CLARA LUZIA, JULIA LACHERSTORFER, ALFREDO OVALLES, MAVI PHOENIX, SOPHIE ABRAHAM uvm. Hier geht es zur Playlist auf YouTube.

Bipolar Feminin 

„Haifischbaby“ – France Gall

Ein Lied, zu dem viele Nächte mit vielen geliebten Menschen getanzt wurde. Ein Hit auf jeder Party und ein Eisbrecher beim gemeinsamen Gestehen der Liebe. Textlich wird vielleicht nicht die gesündeste Form von Beziehung beschrieben, aber das ist verzeihbar, wenn man ein Haifischbaby, ein Baby Baby Baby ist.

Bipolar Feminin (Facebook)

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Anna Anderluh 

„Laura“ – David Raksin

Eines meiner liebsten Liebeslieder ist „Laura“ von David Raksin. Es ist die Titelmelodie eines Filmes aus 1944 (den ich zugegebenermaßen nicht gesehen habe) bei dem ein Kriminalbeamter während der Ermittlungen immer mehr in den Bann des Mordopfers gezogen wird. Jonny Mercer hat danach die Lyrics dazu geschrieben. „Laura is the face in the misty light. Footsteps that you hear down the hall“. Überall sieht der Protagonist Laura, die er eigentlich gar nicht kennt und am Ende zerplatzt der Traum. Ich mag diese Schwärmereien, die oft in der Fantasie aufregender sind als in der Realität. Die Melodie mäandert wunderschön herum und scheint nie anzukommen, immer bleibt es mysteriös. Sehr empfehlen kann ich die Version von Jeanne Lee und Ryan Blake.

Anna Anderluh
Anna Anderluh (Musikdatenbank)

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Clara Luzia 

 „Now You Know” – Anais Mitchell

Sie zeichnet darin lyrisch unprätentiös und unkitschig einen Circle of Life und lässt in all der Größe eines menschlichen Lebens doch das You das sein, worum sich letztlich alles dreht. Ganz große Kunst in meinen Augen.

Clara Luzia
Clara Luzia (Musikdatenbank)

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Julia Lacherstorfer

 „I mecht landen“ – Maria Bill  

Für mich war’s spontan: „I mecht landen“ von Maria Bill (Text & Musik: Maria Bill, Christian Kolonovits).
Meine Liebe zu dem Lied hängt sicher auch damit zusammen, dass ich so viel mit Maria Bill’s Stimme verbinde – meine Schwester und ich können „Valerie und die Gute-Nacht-Schaukel“ immer noch auswendig, so oft haben wir das in unserer Kindheit gehört. 
Ich finde aber auch den Text so herrlich unprätentiös, und so am Punkt! Auch die Interpretation ist so unmittelbar, kraftvoll und berührend – die landet bei mir, kann ich nur sagen. Meine Lieblingszeile aus dem Text ist: Host du a Ahnung, sicht ma mir an, wos mi do überschwemmt? Du worst für mi wie i für di, bis vorhin no a relatives Hemd.
Besonders lieb’ ich auch dieses 2-stimmige 80ies E-Gitarren Intro und die Akkordwendung von der Bridge und wo der Refrain dann harmonisch hingeht, da geht mir wirklich das Herz auf! So gut!

Julia Lacherstorfer
Julia Lacherstorfer (Musikdatenbank)

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Alfredo Ovalles 

„Vielleicht bist es eh du“ – Felix Kramer

Mixtape by Alfredo Ovalles (in no particular order):

Portishead – „Glory Box”
Foo Fighters – „Everlong”
Fleetwood Mac – „The Chain”
Led Zeppelin – „Since I’ve been loving you”
Pearl Jam – „Black”
Tool – „Pushit”
Whitney Houston – „I have nothing”
Seal – „Kiss from a rose”
ABBA – „The day before you came”

Das Thema Songs und Songwriting liegt mir sehr am Herzen liegt – auch, wenn es darum geht, sie zu bewerten und über ihre Vorzüge zu diskutieren. Bei meiner Auswahl habe ich mir gedacht, ich stelle ein Mixtape zusammen, wie ich es in meiner Jugend getan hätte. Zehn Songs, die die Liebe auf unterschiedliche Weise darstellen. Von der Erfahrung des Frauseins in Portisheads „Glory Box“ oder Whitneys „I Have Nothing“ bis hin zu poetischen Bildern wie in „Kiss From a Rose“, Herzschmerz oder völlig gestörten Beziehungen.

Für mich ist ein großartiges Liebeslied eines, das auf verschiedene Arten interpretiert werden kann, das nicht zu spezifisch ist – auch ein Lied, das das Thema Liebe nicht unbedingt auf oberflächliche Weise behandelt und manchmal die nicht so glänzenden Seiten der Liebe anspricht: Sie ist schön, aber sie kann chaotisch sein, sie kann wehtun, sie kann unerwidert sein, aber sie wird immer kompliziert sein. Nachdem ich all das über den Text gesagt habe, sollten Liebeslieder einen einprägsamen Refrain haben  – obwohl mindestens zwei Songs aus meiner Auswahl keinen traditionellen Refrain haben.

Alfredo Ovalles
Alfredo Ovalles (Musikdatenbank)

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Nava Hemyari 

„Liar” – Marie Byrd Land

Her tears are fake, her smile, her smell Being with her is being in hell
And yet…
One thing she says is true
That she…loves you

Ein Walzer mit unnötig glorreichen Glocken, der in gewisser Weise all diesen gefälschten Glamour und dieses Lächeln widerspiegelt. So fängt das Lied an.
Ich nehme an, für mich muss alles, was mit Liebe zu tun hat, verdreht sein. Das ist die Natur der Liebe.
Ironischerweise ist es für mich eine der nervigsten Angewohnheiten der Menschen, prätentiös zu sein. In dem Lied ,,Liar’’ beschreibe ich jedoch eine Kreatur, deren Existenz nur auf Lügen basiert, aber deren Gefühle jedoch gegenüber der Person, die sie liebt, echt sind.
Ich denke, es hat etwas romantisches zu wissen, dass man einer nicht vertrauenswürdigen Person, jedoch in einer Sache vertrauen kann – nämlich dass sie einen liebt.

Nava Hemyari
Nava Hemyari (Musikdatenbank)

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Katharina Hohenberger

„Alanech fia dii” – H.C.Artmann / Willi Resetarits

Ein wunderschönes Liebeslied für mich ist die Nummer “Alanech fia dii”  H.C.Artmann/ Willi Resetarits in der Fassung mit Sabina Hank am Klavier und Willi Resetarits Stimme. (Abendlieder)
Was mich an diesem Lied besonders berührt, sind die schlichten, poetischen Vergleiche, was Liebe alles bedeutet, wenn man jemand bedingungslos liebt. Dieses geniale Artmann Gedicht dann auch noch in solch einer sanften und schönen Art zu vertonen, ist absolut großartig. Die Schlichtheit der Akkorde, der leise zarte Beginn, bis hin zur Mehrstimmigkeit, dann wieder ein Zurücknehmen der Stimmen, wieder nur die Leadstimme, leise in den Höhen, verletzlich und behutsam. Der Wiener Dialekt macht das Lied noch weicher, sprachlich blumiger und bringt die Stimmung auf den Punkt.
Liebeslieder, in denen es zur Mehrstimmigkeit kommt, berühren mich besonders. Die Stimme verbirgt nichts, sie ist für mich der direkte Zugang zur Seele.
Besonders mag ich’s, wenn Stimme und Klavier allein zu hören sind, da ist der Ausdruck dann ganz unmittelbar und pur.
Ein richtig gutes Liebeslied, berührt und erwischt dich beim ersten Mal hören, da ist sofort die Gänsehaut da, nichts blendet oder gibt an, es ist einfach was es ist:)
So geht’s mir bei „Alanech fia dii”, weil Willi Resetarits singt dieses Lied voller Wahrhaftigkeit, aus ganzem Herzen.

Katharina Hohenberger
Katharina Hohenberger (Musikdatenbank)

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Alicia Edelweiss

„Wooden Bag” – Richard Dawson 

Was ich an diesem Lied besonders liebe, ist, dass es eigentlich von einer Tasche und deren sehr detailreich beschriebenen Inhalte handelt, die der Protagonist nicht wegwerfen kann, und dadurch indirekt eine sehr tiefe Liebe zu einem Menschen ausdrückt, der nicht mehr da ist.
Ganz am Schluss kommt erst ein „How I miss you, I can feel it in my molecules“. Ich liebe auch den speziellen und rohen Sound von Richard Dawson’s Gitarre gepaart mit seiner teilweise unglaublich zarten und dann wieder schreienden und leidenden Stimme, aber immer echt, was so richtig unter die Moleküle geht. Ich habe auch das Gefühl, dass der Text sowie die Melodie komplett gleichberechtigt sind und gemeinsam die Geschichte erzählen, voll von ungewöhnlichen Melodien, poetischen Bildern, überraschenden Momenten und ein herzzereißender und genialer Text, in den sich glaube ich alle, die jemals einen geliebten Menschen oder ein geliebtes Tier, auf irgendeine Art und Weise verloren haben, hineinversetzen können.

Alicia Edelweiss
Alicia Edelweiss (Musikdatebank)

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Mavi Phoenix

„Gibraltar“ – Bilderbuch

Ich denke, ein großartiges Liebeslied hat die Fähigkeit, das Gefühl zu vermitteln, als sei es für die eigene persönliche Situation geschrieben worden. Es überrascht dich und hilft dir, deine Gefühle zu ergründen und vielleicht zu erkennen, dass du noch unbewusste Gefühle für jemanden hast.
Für mich ist „Gibraltar” von Bilderbuch ein erstaunliches Liebeslied, weil es wirklich rührend und herzzerreißend ist, aber niemals kitschig. Ich erinnere mich, dass ich 2017 mit dieser besonderen Band auf Tour war und dieses Lied fast 2 Wochen lang jeden Abend live gehört habe. Ich habe mich total in den Song verliebt und er bringt immer noch gute Erinnerungen und Nostalgie zurück, wenn ich ihn jetzt höre. 
Musikalisch und produktionstechnisch hat er alle Komponenten einer klassischen Rockballade, aber es gibt auch Elemente in der Instrumentierung, im Text und in der gesanglichen Darbietung, die für das Genre sehr ungewöhnlich sind – was ihn für mich zu einem echten Evergreen macht.

Mavi Phoenix

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Sophie Abraham 

„Don’t leave“ – Ane Brun

Zu Beginn etwas Persönliches. Dieses Lied hat mich in einer wichtigen Phase begleitet. Es hat eine noch fast unbewusste Verliebtheit von mir so angefacht, dass ich mich Hals über Kopf und Riesengroß in jemanden in Amsterdam verliebt habe. Ich habe das ‘Changing of the Seasons’ Album per Post von ihr zugeschickt bekommen. Wir hatten ein halbes Jahr Briefkontakt bevor wir uns dann das erste Mal getroffen haben. Dann passierte bei mir sowas wie ein persönlicher (Liebes-)Urknall. Und zum Glück nicht nur bei mir. Wir haben beschlossen Amsterdam und Graz einzutauschen in ein gemeinsames Wien, sind mittlerweile verheiratet und haben zwei sehr coole Kids. Aber genug Persönliches!
Zum Song:
Der Text leitet anfangs in eine andere Richtung als gedacht.
‘Don’t ever Leave’ 

Es ist als ob die Sängerin das zu wem sagt. Aber nein, es folgt:
That is what you asked of me
Do you know what it means
When you plead?

Don’t you ever leave
That is what you said to me
Do you know what that can do
To someone like me?

It won′t do us no good

Dieser Text beschreibt etwas was wir alle in einer gesunden Liebesbeziehung brauchen: Freiheit. Vertrauen. Ane Bruns Texte sind nie glatt, sie sind echt. Und ihre Musik ist es auch. Einfach aber doch nie vorhersehbar. Ich bin immer ein Fan davon, wenn die Ausführende auch die Komponistin und Text Dichterinnen ist.

I have no plan to be
Anywhere else to but here
Or to become someone that leaves
I didn’t even know there was an exit here
Darling, don′t you try
To capture me
I am here now
I′m right here by your side
I’ll lay my hand on the couch next to you
You can hold it if you would like to

It will do you good

Sophie Abraham
Sophie Abraham (Musikdatenbank)

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Mirela Ivičević

„Suzanne” – Leonard Cohen

Viele Lieder können effektvoll sein, wenn man Hals über Kopf verliebt ist. 
Für mich jedoch sind die besten diejenigen, die das triggern können wenn einem dazu gar nicht zumute ist.

Zum Beispiel „Darkest Dreaming“ von David Sylvian.
Das Credo lautet hier definitiv “less is more”. Eine einfache Melodie, ein paar Akkorde und makellose Kombination der Klangfarben und Harmoniefolgen die einem Oxytocin ins Ohr flüstern.
Ähnliche Wirkung hat auch Amira Medunjanin‘s Version des bosnischen Sevdalinka „Ah što ćemo ljubav kriti“
Die meisten Österreicher:innen werden den Text nicht verstehen. Das ist aber nicht so wichtig, denn die Musik ist so kraftvoll.
Oft findet man gerade in der Volksmusik so einfache aber effektiven Liebeslieder. Die gibt es überall auf der Welt, und es ist im Prinzip das schönste Produkt des Konzepts “Volk”.

Wenn man Ennio Morricone ist, braucht man nicht mal die Gesangstimme um den gewünschten Effekt zu erzielen. Das „Love Theme“ aus Cinema Paradiso funktioniert auch instrumental.
Oder man loopt (mit ein paar Rückungen hin und her) den Refrain einfach zwei Minuten lang. So in „Se Telefonando“, das er für Mina komponiert hat.

Der Favorit aus meinem Umfeld ist definitiv Felix Kramer mit „Vielleicht bist es eh du“. 
Die Liebe ist hier alles andere als perfekt ist, und das sollten wir alle im Bewusstsein integrieren. 

Und Jelena Popržan und Rina Kaçinari als Catch-Pop String-Strong mit dem Cover von „Srela sam se s njim“ (im Original aus 1973 von der kroatischen Sängerin Josipa Lisac gesungen) 
Hier ist es wirklich Schade, dass nicht jeder den Text versteht. Hier ist nicht der Schmerz, sondern die Freude im Mittelpunkt. Das bevorzuge ich persönlich bei Liebesliedern.

Und zuletzt Leonard Cohen’s „Suzanne“. Eines der romantischsten Lieder über die Anziehungskraft des Geistes, das einer wahren Suzanne gewidmet ist. Soweit man dem Internet glauben kann, hat er es eigentlich nie geschafft, sie aufzureißen. Trotzdem bekam sie das Lied von ihm. Eines seiner besten. Love is a mental thing, und diejenigen, die das wissen, machen (und bekommen) die besten Liebeslieder.

Mirela Ivičević

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