„Gerade in diesem Zwiespalt zwischen verkopft und emotional entsteht das, was mir Spaß macht und ein heiliges Anliegen ist“ – HUBERT WEINHEIMER (DAS TROJANISCHE PFERD) im mica-Interview

DAS TROJANISCHE PFERD wurde 2007 von HUBERT WEINHEIMER (Gesang, Gitarre) und HANS WAGNER (Cello, Bass) als Duo gegründet. Seit 2010 spielen sie mit RENÉ MÜHLBERGER (Keyboard, Schlagzeug), seit 2012 mit DAVID SCHWEIGHART (Bass, Schlagzeug). Direkt nach den Aufnahmesessions zum gerade erschienenen Album „Dekadenz“ (Monkey) hat HANS WAGNER (NEUSCHNEE, HANS IM GLÜCK) die Band verlassen. DAS TROJANISCHE PFERD ist damit wieder ein Trio. HUBERT WEINHEIMER sprach mit Clara Schmidl über „Dekadenz“, Text und Musik, die Post-Hamburger Schule, den Bezug zur Welt und darüber, was die Farbe Ocker mit einem Delfin-Wirbel zu tun hat.

Hans Wagner wurde einmal als Seele des Pferdes beschrieben, während Sie als Kopf dargestellt wurden. Was bedeutet es für DTP, dass die Seele aussteigt?

Hubert Weinheimer: Das war eine journalistische Formulierung. Zum Teil haben es die Leute so empfunden, als würde ich die Texte schreiben und der Hans die Musik, das hat aber zu keinem Zeitpunkt gestimmt. Der Hans hat bei den ersten beiden Alben – „Das Trojanische Pferd“ 2009, „Wut und Disziplin“ 2012 – die meisten Arrangements gemacht. Die Songs, die Akkorde und die Gesangslinien sind von mir.
Das mit der Seele des Pferdes trifft vor allem auf das erste Album zu; da hat ja alles der Hans gemacht: Recording, Mixing, Mastering im Wohnzimmer.
Wir waren sehr eng verbunden, fast brüderlich, haben gemeinsam an Songs gearbeitet – wir waren totale Rookies und hatten null Ahnung. Wir haben uns beide gegenseitig ein bissl das Laufen beigebracht, wobei er musikalisch immer sehr viel ausgereifter war als ich: Der Hans ist ja wirklich Musiker, ich bin in erster Linie Texter und Sänger. Ich konnte damals gerade mal unfallfrei ein paar Akkorde schrammeln.
Am Anfang war das eine sehr symbiotische Sache, die sich nach und nach aufgeweicht hat: Das zweite Album hat der Hans noch gemastert, beim dritten hat er nur noch bei der Band mitgespielt und mit dem Sound eigentlich gar nichts mehr zu tun gehabt. Ab Mitte 2013 haben wir zu viert für dieses Album aufgenommen. Ich hab insgesamt immer mehr losgelassen: René Mühlberger hatte bei vielen Dingen freie Hand, David Schweighart hat auch bei einigen Songs die definierenden Elemente eingebracht. Dann ist Hans unmittelbar nach den Aufnahmen zu „Dekadenz“ ausgestiegen. Insofern war es noch mal Glück im Unglück, weil wir dann ja bereits wieder eine stabile Dreier-Besetzung waren. Sonst hätte man jemanden in die Band nehmen müssen. Und dabei würde ich mich extrem unwohl fühlen. Das Trojanische Pferd ist für mich viel mehr als eine Band, wo es darum geht, dass man ein paar Noten runterdüdelt, sondern DTP ist ein ganz spezifischer Standpunkt, in den man reinwachsen muss.
Rückblickend war also sehr wichtig, dass wir diese nukleare Kapsel aufgesprengt haben: Jetzt haben wir als Band ein partnerschaftliches Verhältnis untereinander, wo aber jeder zusätzlich seine eigene Suppe kocht.

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Ich habe Robert Rotifers Artikel über die Wiener Singer-Songwriter-Szene („Borgts ma ana die Gitarr!“, 2012) gelesen. Da stellt er einen Trend fest: weg von Bandgefügen hin zur Vereinzelung und Entsolidarisierung der Musik-Acts. Beim DTP scheint es andersrum zu sein.

Hubert Weinheimer: Ich persönlich – vielleicht ändere ich irgendwann mal meine Meinung – finde es wahnsinnig schön, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten, insbesondere mit René und David. Da habe ich ein großes Glück. Mir geht’s ja nicht nur darum, dass sie tolle Musiker sind – das steht außer Frage –, aber bei DTP geht es um mehr als das. Wir denken da zum Teil in anderen Kategorien: Für mich persönlich ist die Band fast was Heiliges. Darum bin ich extrem vorsichtig und heikel, wenn es darum geht, wen ich da mitmischen lasse. Darum arbeite ich mit Leuten zusammen, denen ich so weit vertraue, dass ich weiß: Das passt.

Wie würden Sie „Dekadenz“ beschreiben? Wie viel „In-die-Goschn“ ist noch übrig?

Hubert Weinheimer: Ganz ehrlich: Ich bin froh, dass nicht mehr so viel davon drauf ist. Es hat auch damit zu tun, dass es mir im Moment privat sehr gut geht. Ich denke, das merkt man auch: „Lied für S.“ handelt von meiner Freundin. In „Es geht si aus“ geht’s um meine Freunde, denen ich zeigen will, dass ich hinter ihnen stehe. Bei der Schlussnummer „Idiotenlied“, wo ich selbst weiß, dass das musikalisch jetzt kein Meisterwerk ist, geht’s genau darum, dass man vier Akkorde schrammelt und dazu acht Zeilen singt, immer und immer wieder.
Dieses Repetitive und dieses Kindliche waren mir enorm wichtig, das hätte ich mich früher nie getraut, so eine Nummer zu machen! Jeder kann zwar ein bisserl deppert sein. Das ist aber eine Nummer, die ironisch ist und von Herzen kommt. Darum ist das „Idiotenlied“ eines der Schlüssellieder. Das sind lauter Facetten, die ich in der Form früher nicht zu Papier gebracht hätte. Darum bin ich so froh um das dritte Album. Jetzt, mit diesen drei Alben insgesamt, ergibt sich eine Art von schlüssigem Ausschnitt dessen, was ich als Leben betrachte. Das zweite Album ist mir persönlich, obwohl ich es schon gut finde, inzwischen etwas zu einseitig.

Hat sich die Grundstimmung verändert?

Hubert Weinheimer: Ja, „Wut und Disziplin“ war halt schwarz-weiß. „Dekadenz“ hat viel mehr zusätzliche Pastelltöne. Drum ist auch am Album-Cover dieser Knochen drauf, weil ich so ein Fan von Ocker bin. Wie die Kieselsteine da am Boden. Das ist für mich so eine schöne Mischung aus Farbe und Nichtfarbe. Das Cover wirkt zunächst ein bissl matt. Dann merkt man erst: Eigentlich ist es schon farbig. So soll sich das Album auch anfühlen, sehr organisch. Den Knochen hab ich aus Indien mitgenommen: Da ist ein Delfin gestrandet und fröhlich vor sich hin verwest. Am Tag vor unserer Abreise hab ich diesen Knochen aus der offenen Wirbelsäule rausgerissen.

„Wenn man der Meinung ist, dass es gut genug ist, um es aufzunehmen, wird man ja wohl hoffentlich auch dahinterstehen!“

Könnte man das Cover-Bild als Widerspruch zum Titel sehen?

Hubert Weinheimer: Aber Dekadenz bedeutet ja eigentlich Verfall! Das hat mir ja so Spaß gemacht, weil es so doppelbödig ist! Auf der einen Seite Abgehobenheit, auf der anderen Verfall, Niedergang! Ich finde, beides passt zum Pferd: Einerseits sind wir eine feierliche Angeberband, weil ich vieles, was rundherum musikalisch passiert, wahnsinnig schwach finde. Da ist vieles soundmäßig total auf „international“ getrimmt, aber das funktioniert dann nur in den seltensten Fällen.
Leisetretertum ist generell nicht angebracht: Wenn man der Meinung ist, dass es gut genug ist, um es aufzunehmen, wird man ja wohl hoffentlich auch dahinterstehen! Darum nehme ich mir das Recht heraus, einen Teil des Nachwuchses ein bisserl abzuwatschen. „Dekadenz“ auch deshalb, weil mir bewusst ist, was das für ein wahnsinniger Luxus ist, so viel Zeit für Kunst verwenden zu können. „Dekadenz“ aber auch als Befund unserer konsumorientierten Zeit.
Darüber hinaus auch die Verfall-Seite: Während wir die Platte aufgenommen haben, hat es in der Band extrem gekriselt. Eine Zeit lang sind die Wetten dagegen gestanden, dass dieses Album fertig gestellt werden kann – auch bandintern!

Die meisten Lieder singen Sie geradezu manieriert auf Hochdeutsch, aber drei Songs auf „Dekadenz“ sind im Dialekt. Was hat es damit auf sich?

Hubert Weinheimer: Mir war es wichtig, einen positiven Song für meine Freunde zu machen. Die Frage war: Was will ich ihnen in einem Satz sagen? – „Es geht si aus!“ Dann war klar, dass man bei diesem Idiom bleibt: ein Lied, das sich so anfühlt, als würde man sich mit einem guten Freund treffen. Dann wollt ich mich mit dem Gstanzl beschäftigen, so ist der „Bluadige Hund“ entstanden, mit Walther Soyka. Das war die erste Nummer, die aufgenommen wurde, schon im Sommer 2012. Da gibt es wirklich nur – das macht mir ja fast am meisten Spaß! – G-Dur und D-Dur. Das absolut Einfachste überhaupt! Und da hat der Walther Soyka an der Knöpferlharmonika eine absolute Meisterleistung hinbekommen. Ich wollt das bissigste und selbstherrlichste Gstanzl, was mir einfällt! Ich wusste, dass es Hardcore-Wienerlied-Verfechter gibt, die dann sagen: „Ja, was will denn der Weinheimer jetzt mit diesem Thema?“ Ganz besonders an diese richtet sich die dritte Strophe: „Die Weinheimer-Gstanzl san schee wia a Kranzl, aus Dornen am Schädl, so schneidig und edel“ (lacht)!

„Manche finden die Pferde-Band zu verkopft, andere finden, das wäre viel zu emotional! Sie haben eigentlich beide recht – das ist der Punkt.“

An die Kritikerinnen und Kritiker denken Sie auch gleich beim Schreiben der Texte?

Hubert Weinheimer: Nicht unbedingt an professionelle Kritikerinnen und Kritiker, aber an kritische Hörerinnen und Hörer. Manche finden die Pferde-Band zu verkopft, andere finden, das wäre viel zu emotional! Sie haben eigentlich beide recht – das ist der Punkt. Sie haben aber gleichzeitig insofern jeder für sich unrecht, als dass sie nur jeweils die Hälfte kapieren! Gerade in diesem Zwiespalt zwischen verkopft und emotional entsteht nämlich das, was mir Spaß macht und ein heiliges Anliegen ist.

Wieso sind eigentlich nicht alle Lieder im Dialekt?

Hubert Weinheimer: Das hat damit zu tun, wie man musikalisch sozialisiert wurde. Ich bin sehr stark geprägt von Bands wie Element of Crime oder Nils Koppruch (Fink), Surrogat, den Goldenen Zitronen oder Kante. Es gibt ja eine leicht steigende Tendenz bei den Dialektliedern zwischen zweitem und drittem Album, wobei ich im Moment noch ausschließen kann, dass ich ein Album ganz im Dialekt schreibe.
Das hat damit zu tun, dass ich beide Sprachen für das, was ich mache, sehr gut brauchen kann. Und ich will ja niemandem unrecht tun, aber einen wirklich analytischen Song, wo man richtig zerhackt, da würde ich mir im Dialekt schwertun! Da kommt bei mir wirklich ein bissl der Soziologe durch. Aber je intimer das Gespräch, desto mehr fällt man auf eine Vier-Augen-Kommunikation und die gesprochene Sprache zurück.

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„Ich persönlich – und zum Glück sehen das viele andere auch so – finde, dass „Dekadenz“ musikalisch gesehen am facettenreichsten ist. Es wird lange ein sehr spannendes Album sein – hoffe ich.“

Wenn man sich den Werdegang des Pferdes ansieht, sticht die Vielzahl an musikalischen Kontakten ins Auge. Gab es entscheidende Kristallisations- oder Vernetzungspunkte?

Hubert Weinheimer: Viele sind wirklich Freunde von mir: Ernst Molden, Nino, Stefan Redelsteiner, Raphael Sas, Daantje and the Golden Handwerk aus Deutschland, der Elegante Rest aus Leipzig oder die Candelillas aus München. Die beiden entscheidendsten Kooperationen waren sicher, als ich den Hans getroffen hab und dass der René seit 2010 mehr und mehr Sachen macht. So ist „Dekadenz“ soundmäßig spannender geworden. Ich persönlich – und zum Glück sehen das viele andere auch so – finde, dass „Dekadenz“ musikalisch gesehen am facettenreichsten ist. Es wird lange ein sehr spannendes Album sein – hoffe ich.
Aber um auf die Frage zurückzukommen: Viele Kontakte sind so um 2007/08 über Myspace zustande gekommen. Das war damals viel mehr eine Vernetzungsplattform für Kreative als Facebook heute: Man hat sich von Band zu Band angeschrieben: „Hey, ich mag deine Musik, woll ma’ mal ein gemeinsames Konzert spielen?” Das war der normale Kommunikationsweg. So sind wir zu Nils Koppruch, zum Eleganten Rest, zu Daantje, zu Gisbert zu Knyphausen gekommen. Ab und zu gab es Fan-Mails. Das hat sich bei Facebook total umgedreht, die Bands untereinander kommunizieren kaum. Da hat sich viel verändert.

Und in Wien?

Hubert Weinheimer: Die Homebase war lange die „Problembär“-Familie. Zu Beginn war „Problembär“ ja praktisch der Redelsteiner-Enthusiasmus-Verein! Ohne Stefan Redelsteiner, und das muss in dieser Deutlichkeit gesagt werden, wäre die Musiklandschaft in Wien sicher nicht die, die sie ist.

Wie kam es eigentlich zum Wechsel von Problembär Records zu Monkey Music?

Hubert Weinheimer: Weil der Stefan Ende 2014 sein Label verlassen hat. Er war immer unser Ansprechpartner. Auf einer anderen Ebene arbeiten wir mit ihm nach wie vor zusammen, es ist ja auch hinten am Album das Redelsteiner-Logo drauf. So hat sich für uns eigentlich nicht so viel verändert. Und Walter Gröbchen war immer schon Freund der Band, darum war klar, dass wir dann zu Monkey Music gehen.

Ihren Stil bezeichnen Sie selbst als Post-Hamburger Schule, was ist damit gemeint?

Hubert Weinheimer: Das ist nicht ganz ernst gemeint, das finde ich als Begriff einfach lustig! Eigentlich haben schon Kante und Die Goldenen Zitronen die Post-Hamburger Schule erfunden, weil die schon sehr viel weiter gegangen sind als Tocotronic und die Sterne. Hans Unstern hat das in letzter Zeit perfektioniert oder in Österreich Glutamat und die Laokoongruppe. Das sind alles Leute, die wirklich mit Musik als Ausdrucksform arbeiten, und nicht nur irgendeinen Soundbegriff abklopfen, der nächstes Jahr schon wieder überholt sein wird.

Und was bleibt bestehen?

Hubert Weinheimer: Ich hab das in Anklang an dieses Post-Punk-Fugazi-Ding gesehen: dass man Versatzstücke übernimmt, damit aber sehr viel radikaler umgeht. Nicht dieses Akkorde-Runternudeln und immer dasselbe besingen – wie es viele Hamburger-Schule-Bands gemacht haben. Es geht textlich sehr viel weiter: Ich gehe rein, lege den Finger in die Wunde, singe was Unbequemes. Ich glaube, dass wir auf einem Album mehr aussagen als manche Hamburger-Schule-Bands in ihrer ganzen Karriere. Und ich glaube auch, dass wir musikalisch etwas facettenreicher arbeiten. Die Hamburger Schule war über weite Strecken dann doch immer nur Bass-Gitarre-Schlagzeug, meine Güte, wie langweilig! Es war höchste Zeit, dass man das ein bissl aufbricht.

„Eine Platte behandelt man nicht so schludrig wie eine CD oder ein MP3, das man ja gar nicht behandeln kann!“

DTP hat schon früh Gratisdownloads zur Verfügung gestellt, gleichzeitig produzieren Sie seit 2010 auch auf Vinyl.

Hubert Weinheimer: Das erste Album von 2009 ist erst dieses Jahr im Februar als LP neu aufgelegt worden – 300 Stück, die ich auf eigene Faust, aus reinem Privatvergnügen, pressen hab lassen. Ich wollte, dass es das Gesamtwerk auf Vinyl gibt. Was ich an Vinyl spannend finde, ist erstens die Haptik: dass es Raum und Artwork hat, groß ist, dass man ein Objekt hat.
Das hat mit Fetischismus zu tun, jede Vinylsammlerin ist eine Fetischistin und jeder Vinylsammler ein Fetischist. Was mir außerdem Spaß macht, ist die Vorsicht. Eine Platte behandelt man nicht so schludrig wie eine CD oder ein MP3, das man ja gar nicht behandeln kann! Und du kannst nicht so schnell drüberskippen. Im Normalfall hört man eine Vinylseite durch. Das sind Faktoren, die die Wertigkeit eines Albums, eines Werks hervorheben. Da ist Vinyl eine super Sache!

Seit 2007 spielen Sie bei DTP, 2014 haben Sie Ihren Debütroman „Gui Gui oder Die Machbarkeit der Welt“ veröffentlicht. Was kann die Musik, was der Text allein nicht kann?

Hubert Weinheimer: Super Frage, das wird mir gerade erst bewusst: Einen Roman muss man ja ganz gezielt haben wollen – dann kann man ihn sich einverleiben. Man muss ihn kaufen, man muss sich hinsetzen, man muss ihn lesen. Das braucht alles seine Zeit. Bei einem Song, der mal im Radio läuft, ist es genau umgekehrt: Der kommt plötzlich zu dir. Vom Zugang her ist Musik daher viel schneller.

Auf der Band-Homepage steht, dass Sie Diskurspop machen …

Hubert Weinheimer: Nein, das hab ich anscheinend deppert formuliert. Eigentlich ist es ein Diss – gegen Blumfeld zum Beispiel, die größtenteils manierierten Kram gemacht haben. Diskurspop ist für mich ein schiaches Wort geworden. Wenn man’s aber insofern anwenden möchte, dass man sich wirklich mit der Welt beschäftigt – und nicht nur so tut –, dann könnte ich mich mit dem Begriff anfreunden.

„Da ist nicht nur ‚viel von mir drin‘, da bin ich drin!“

Apropos sich mit der Welt beschäftigen: Wie sieht das bei DTP aus?

Hubert Weinheimer: Es ist weitgehend ein Abbild meines Lebens, darum bin ich auch so vehement in dem, was ich über meine Musik sage. Das ist sozusagen mein Blut. Ich bin ja auf den Tonträgern konserviert – wie eine Mumie, fast. Da ist nicht einfach nur „viel von mir drin“, da bin ich drin – und noch mehr: Das ist das Leben, was ich da in diese drei Alben reingepackt habe. Wenn sich jemand einen Nachmittag hinsetzt und diese drei Alben in Ruhe anhört, kennt er mich halbwegs!
Das ist irgendwie bisschen verrückt von mir. Natürlich streue ich auch immer wieder mal falsche Fährten ein, sonst würde es ja keinen Spaß machen! Diesen Freiraum soll Kunst ja haben. Jeder Mensch soll sich das Album auch selbst „anziehen” können.

Wo bleibt der Bezug zur Welt?

Hubert Weinheimer: Gute Frage, genauer ausformuliert: Im Album ist meine Auseinandersetzung mit der Welt drin, oder um es weiter zu konkretisieren: Es ist weder nur der Hubert drin, noch ist nur die Welt drin, sondern das Wechselspiel aus beiden.

Wie sehr beherrschen finanzielle Fragen DTP?

Hubert Weinheimer: Gar nicht, null. Ich glaube, wir sind eine von relativ wenigen Bands in Wien, die nicht darauf ausgelegt sind, unbedingt Erfolg zu haben. Das Geld, das andere Leute für Demos ausgeben, haben wir in unserer ganzen Karriere für Studios ausgegeben. Wir kokettieren nicht mit irgendwelchen gerade angesagten Sounds, dafür sind mir die Lieder auch viel zu wichtig.
Wir haben das Glück, mit Leuten zu arbeiten, die unsere Musik so sehr mögen, dass sie das für Freundschaftspreise machen. Die auch wissen, dass wir das ohne Wenn und Aber tun. Die gern mit uns arbeiten, weil irgendwelche Bands, die „es schaffen wollen“, gibt es wirklich genug. Das lustige dabei ist: Bei 70 Prozent der Bands ist das schon das gesamte Konzept: „es schaffen wollen“. Da werden Zweck und Mittel komplett verwechselt, ich finde das immer ein bisserl zum Fremdschämen – aber bitte … Wir sind allerdings auch mit jedem Album vom SKE-Fonds gefördert worden und einmal haben wir sogar Geld vom Musikfonds bekommen. Das reicht zwar nicht aus, um eine ganze Produktion zu bezahlen, aber ein bisserl was kommt durch Konzerte und Radiotantiemen ja auch wieder rein, darum ist die Band insgesamt im Plus.

„Für mich ist wichtig, dass ich mich keinen Zentimeter verbiege.“

Und davon leben …

Hubert Weinheimer: Nein, nein. Leben kann man nicht vom Pferd. Zum Glück muss ich das auch nicht. Für mich ist wichtig, dass ich mich keinen Zentimeter verbiege. Ich glaube, dass wir langfristig eine von eher wenigen Bands sein werden, die auch später noch relevant sein könnte – zwar nicht für alle, aber für manche.

Was macht für Sie gute Musik aus?

Hubert Weinheimer: Dass man merkt, dass da ein Mensch ist, der Probleme hat, und mit ihnen arbeitet. Dass man das Gefühl hat, dass man einen guten alten Bekannten trifft, wenn man die Musik hört: wie bei Cohen oder Waits. Es würde mich freuen, wenn Leute die Pferd-Platte so hören würden.

Wie geht’s bei DTP weiter?

Hubert Weinheimer: Jetzt gibt’s erst mal ein paar Konzerte! Albumpräsentation ist zum Beispiel am 29. Mai in der Roten Bar.

Vielen Dank für das Gespräch!


DAS TROJANISCHE PFERD LIVE
Am 29. Mai um 21:30 in der Roten Bar: Album-Release Show
http://www.volkstheater.at/home/spielplan/1869/WIEN.MUSIK

Fotos Das Trojanische Pferd: Manuel Mädel