Sie ist in Barcelona geboren, hat dort am Konservatorium studiert und lebt und musiziert seit sechs Jahren in Wien: die Pianistin und Sängerin MIRIAM LUNA. Schon mit ihrem 2019er-Debüt „Piano & Soul“ konnte sie einiges an Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wie musikalisch vielfältig sie in der Lage ist zu agieren, zeigte ihre letzte Single „You Thrill Me“ auf eindrucksvolle Art und Weise.Im Interview mit Michael Ternai erzählte MIRIAM LUNA, warum sie sich von der Klassik hin zu modernen Musikformen gewendet hat, und sie sprach über ihre musikalische Sozialisation und wie es sie nach Wien verschlagen hat.
Du hast 2019 mit „Piano & Soul“ ein viel beachtetes Debüt veröffentlicht, mit dem du dich aber sehr weit weg von deinen musikalischen Wurzeln, der Klassik, bewegt hast.
Miriam Luna: Ich habe am Konservatorium in Barcelona zunächst klassisches Klavier studiert. Später kam noch klassischer Gesang hinzu. Nach dem Abschluss des Studiums realisierte ich aber, dass mich im Grunde genommen die moderne Musik mehr begeistert. So begann ich, in unterschiedlichen Projekten, die musikalisch sehr verschieden waren, zu singen. Später gründete ich eine eigene Band und begann, auch eigene Sachen zu komponieren. Dafür musste ich mir aber erst einmal den modernen Spielstil am Klavier aneignen. Die Akkorde und Akkordabfolgen in der Klassik sind ja anders als in den modernen Musikformen. Das habe ich mir alles selber beigebracht.
Live wollte ich aber zunächst nur singen und nicht Klavier spielen. Das ergab sich eigentlich eher zufällig, nachdem bei einem Konzert ein Bandkollege von mir nicht spielen konnte und ich seinen Part übernehmen musste. Obwohl ich anfangs skeptisch war, fand ich es dann doch cool, beides zu tun. Das machte mich flexibler und ermöglichte es mir, freier zu agieren und eigene Entscheidungen zu treffen. Ich konnte in Bands spielen und auch solo, mal in die Richtung gehen, mal in eine andere. Ich fand das sehr aufregend. Das war dann auch der Zeitpunkt, an dem ich begann, mir Gedanken über ein Album zu machen. Letztlich war es auch mein Publikum, dass mich darin bestärkte, eines aufzunehmen. Die Leute sind immer wieder auf mich zugekommen und sagten, dass es super wäre, meine Musik nicht nur bei Konzerten zu hören, sondern auch zu Hause. So entstand „Piano & Soul“.
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Was dein Debüt ausgezeichnet hat, war dieser ruhige und sehr intime Ton, der wahnsinnig viel Stimmung erzeugte.
Miriam Luna: Das ist der besondere Reiz an der Kombination Klavier und Stimme, sie ist voller Emotion und auch voller Energie, sie berührt Leute. Meine Musik ist sehr persönlich, sie zeigt, wie ich bin. Und auch wenn das Setting mit dem Klavier und meiner Stimme doch sehr reduziert ist, klingen in den Liedern doch viele Einflüsse aus verschiedensten musikalischen Richtungen und Kulturen durch: spanischer Bolero, Chanson, Jazz, Pop und vieles mehr. Ich denke, dass meine Lieder allen etwas zu bieten haben.
Du bist, wie schon erwähnt, in der Klassik ausgebildet worden. Wann hat sich bei dir eigentlich die Begeisterung für andere Musik entwickelt?
Miriam Luna: Es begann eigentlich schon sehr früh. Mein Vater hörte immer schon Musik aus allen möglichen Richtungen. Und das färbt natürlich ab. Irgendwie entwickelte sich bei mir im Laufe der Zeit auch das Interesse, in jedes Genre auch wirklich einzutauchen. Ich wollte die Musik wirklich kennenlernen. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Bevor ich nach Österreich kam, spielte ich in Spanien viel Soul-, Pop- und Funksachen. Hier in Wien kam ich dann plötzlich sehr viel mit Jazzmusiker:innen in Kontakt, was ich als sehr bereichernd empfand, auch weil ich den Eindruck gewann, dass meine Stimme eigentlich gut zu diesem Musikstil passt. Diese Art von Scat-Gesang, das Improvisieren, das sind Dinge, die mir wirklich Freude bereiten. Ich spiele auch immer wieder mit brasilianischen Musiker:innen zusammen, mit denen es mich in die Welt des Bossa nova und Samba verschlägt. Man kann sagen, dass sich all diese Einflüsse in der einen oder anderen Form auch in meiner Musik wiederfinden.
Ein sehr schönes Beispiel für deinen sehr offenen Zugang ist die 2022er-Single „You Thrill Me“. In diesem Song vereinen sich alle deine musikalischen Vorlieben auf wirklich sehr schöne und vor allem catchy Art. Und dann noch das Feature von Jahson The Scientist, der dem Ganzen zusätzlich noch einen coolen Anstrich verpasst. Spiegelt der Song jetzt deinen Sound wider?
Miriam Luna: Der Song zeigt auf jeden Fall, wo ich hinwill. Für mich ist Musik eine Reise. Du entdeckst immer wieder etwas Neues und erfindest dich als Künstler:in immer wieder neu. Ich selber kann nur schwer immer in ein und derselben Box bleiben. Manche tun das und sind auch glücklich damit. Aber ich bin eine kreative Person und will mich weiterentwickeln. Ich bin ständig auf der Suche nach etwas Neuem. Aktuell arbeite ich an einem Projekt, in dem ich Musik, Tanz und Bewegung verbinde. So gesehen entwickelt sich auch mein Sound immer weiter. Und das auf einem sehr natürlichen Weg.
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„Man kann aus der Natur so viel positive Energie für das Leben ziehen.“
Welche Dinge inspirieren dich beim Musizieren und Komponieren?
Miriam Luna: Es sind sehr oft eigene Erlebnisse bzw. Dinge, die ich beobachte. Ich bin eine sehr naturverbundene Person und daher spielen Natur und Umwelt ebenfalls eine große Rolle. Man kann aus der Natur so viel positive Energie für das Leben ziehen. Mein Ziel ist es, das Beste aus den Menschen herauszuholen und ihnen mit meiner Musik ein gutes Gefühl zu geben. Wenn ich auf der Bühne stehe, merke ich, dass mir das auch gelingt und dass sich diese positive Energie auch auf das Publikum überträgt. Für diese Stunde werden wir zu einer Familie.
Deine Musik hat sehr positive Vibes. Kannst du überhaupt einen dunklen, traurigen Song schreiben?
Miriam Luna: Das ist witzig. Ich habe gerade einen Song produziert, bei dem die Musik jemand anderer geschrieben hat. Ich war nur für den Text verantwortlich. Es fehlt nur noch das Video, das gerade fertiggestellt wird. Der Song ist ein sehr tiefgründiger und trauriger Song. Er handelt von Trauer und vom Verlust von geliebten Personen. Für mich war dieser Song eine sehr harte Erfahrung, weil davor innerhalb kurzer Zeit meine Großeltern gestorben waren. Bis ich wirklich in der Lage war, den Song einzusingen, verging fast ein Jahr. Davor musste ich bei jedem Versuch weinen. Ich bin eine sehr emotionale, sensible und empathische Person, daher war es für mich eine große Herausforderung. Der Song zeigt auf jeden Fall eine andere Seite von mir.
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Du stammst aus Barcelona. Wurdest dort geboren und hast dort studiert. Wie und warum hat es dich nach Österreich verschlagen?
Miriam Luna: Das ist eine Frage, die mir alle stellen. Ich war von Wien immer schon angetan, weil die Stadt als die Hauptstadt der klassischen Musik gilt. Nur hat es sich davor nie ergeben, hierherzukommen.Es war eigentlich ein Konzert von mir und meiner Band in Barcelona, wo alles seinen Anfang nahm. Von dort wurde ich für ein Konzert in Wien gebucht. Nach dem Konzert lernte ich ein paar österreichische Musiker:innen kennen. Wir entschieden, ein gemeinsames Projekt zu starten. So kam ich immer wieder für Aufnahmen nach Wien und später auch für Konzerte, die immer mehr wurden. Irgendwann spielte ich dann fast jede Woche ein Konzert in Österreich. Gleichzeitig an den Wochenenden Konzerte in Barcelona. Ich reiste vier Monate lang jede Woche zweimal hin und her. Irgendwann musste ich eine Entscheidung treffen, weil so ein Leben auf Dauer sehr anstrengend war. Nachdem ich dann die Vor- und Nachteile beider Städte abgewogen hatte, entschied ich mich, nach Wien zu ziehen. Das war 2016. Seitdem lebe ich hier und reise von hier aus zu Konzerten in Europa. Letztlich war es also die Musik, die mich hierhergebracht hat. Irgendwie sollte es so sein.
Hattest du damals irgendeine Ahnung von der österreichischen Musikszene?
Miriam Luna: Nein, überhaupt nicht. Ich hatte auch keinerlei Verbindungen. Ich kannte nur die Leute, die mich bei dem Konzert in Barcelona angesprochen haben. Erst als ich hier mit dem Konzertspielen begann, sprachen mich die Leute an. Es gefiel vielen, was ich mache, und das, glaube ich, hat auch damit zu tun, dass ich für sie vielleicht ein wenig exotisch bin und ich diese positive Energie versprühe. Für sie ist es wahrscheinlich so, als würde ich die Sonne von Barcelona nach Wien bringen. Wien ist so eine wunderschöne Stadt und ich liebe es, hier zu leben. Ich treffe so viele fantastische Musiker:innen, mit denen ich zusammenarbeiten und neue Projekte entwickeln kann. Da bin ich wirklich gesegnet.
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Was darf man von dir in naher Zukunft erwarten?
Miriam Luna: Im Moment arbeite ich an einem neuen Song, den ich auf Spanisch singe. Er trägt den Titel „Puro Sentimiento“, was übersetzt „Pures Gefühl“ heißt. Der Song handelt davon, dass man freudig in den Tag startet, sich selber schätzt, sich um sich kümmert und die Dinge, die geschehen, einfach genießt. Darüber hinaus werde ich sicher noch die eine oder andere Single veröffentlichen. Auch werde ich eine Reihe von Konzerten spielen. Die Termine findet man unter www.miriamluna.com/live.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Michael Ternai
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Miriam Luna live
15.04.2023 BABÜ Wolkersdorf
Herbst METROPOLDI (date to be confirmed)
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Links:
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