In der Bundeshauptstadt Wien nur Spezialisten bekannt, zählt er in seinem Heimatbundesland Oberösterreich zu den bekannten Gesichtern und viel Gespielten der Musikszene. Aktuell steht beim Linzer Brucknerfest seine Kammeroper „alea“ vor der Uraufführung. Mit dem Komponisten und Pädagogen MICHAEL HAZOD sprach Christian Heindl.
Die einaktige Kammeroper „alea“ wird am 25. September im Rahmen des Brucknerfestes Linz uraufgeführt. Es handelt sich dabei um einen Stoff aus der oberösterreichischen Geschichte, der verkürzt gesagt das Aufeinanderprallen von Katholizismus und Reformation im frühen 17. Jahrhundert thematisiert. Ging es Ihnen darin primär um das Nachzeichnen der historischen Begebenheit oder enthält das Werk symbolisch aktuelle Bezüge?
Michael Hazod: Es ist ja leider sehr traurige Realität, dass es zwischen Sunniten und Schiiten Kämpfe gibt, wie sie bei uns hunderte Jahre zurückliegen. Aber auch in Nordirland muss man ja immer noch auf der Hut sein. Insofern hat das Thema der Oper aktuellen Bezug. Mir ging es neben dem historischen Text auch darum – speziell in der dritten Szene – auf die Situation der Frau in der Kirche damals und heute hinzuweisen. Dabei bediente ich mich auch einiger Aussagen bzw. Zitate von Buchtiteln: „Religion ist zu wichtig um sie den Männern zu überlassen“ (Christa Mulak), „Gott hat nicht nur starke Söhne“ (Catharina J. M. Halkes), „Die Kirche sind Männer! Alte Männer!“ (Felix Mitterer), „Religiosität und Seele sind zutiefst weiblich.“, „keine Frauenkirche, keine Männerkirche, Glauben ist etwas Gemeinschaftliches.“, „Frauen haben zum Spirituellen eine besondere Beziehung, Beginn und Ende des Lebens.“ (Pastoralassistentin Johanna Strasser-Lötsch)
„Die Freiheit zu haben, nur das zu schreiben, wozu ich etwas zu sagen habe“
Wie ist die Idee zu diesem Werk entstanden?
Michael Hazod: Das ist eine längere Geschichte, die damit beginnt, dass mein Großvater, der Maler und Zeichner Johann Hazod, einen Entwurf für ein Fresko zum Frankenburger Würfelspiel zeichnete, der in der Familie teilweise erhalten ist. Ursprünglich war die Idee, dieses Ereignis aus der Sicht der Familie des evangelischen Pfarrers von Frankenmarkt, der vertrieben wurde, darzustellen. Ein Libretto dazu wurde aus mehreren Gründen nichts und so stieß ich bei Recherchen im Oberösterreichischen Landesarchiv auf die Originalaussagen von Georg Erasmus von Tschernembl und Adam von Herberstorff, die dann zu meiner Textmontage führten.
Die Oper ist wie alle Ihrer Werke im Selbstverlag entstanden. Sie sind einer jener vielen österreichischen Komponisten, die ihr Werk nicht durch einen Verlag vertreten lassen. Wie ist es Ihnen so vor allem möglich, Ihre Musik zu propagieren, sie an den Mann bzw. an die Frau zu bringen?
Michael Hazod: Es ist schwierig, meine Musik zu bewerben und es gelingt mir auch nur teilweise. Zum Glück muss ich nicht vom Komponieren leben und ein Motto von mir ist auch, sich nicht zu wichtig zu nehmen (das machen vielfach andere), denn letztlich sind wir nur ein Korn im Universum. Es wäre natürlich praktisch, seine Musik professionell redigiert zu haben, aber die Freiheit zu haben, nur das zu schreiben, wozu ich wirklich etwas zu sagen habe, ist auch ein großer Vorteil.
Musik als Ausbildung wichtig nehmen
Oberösterreich gilt österreichweit als ein Musterland hinsichtlich musikalischer Förderung. Das Musikschulwesen scheint exzellent zu funktionieren. Auch Musikschüler und Studenten werden bereits mit neuer Musik konfrontiert. Sehen Sie das als Musikschullehrer auch so und wie ist dabei Ihre Rolle als Komponist bzw. Vertreter heutigen Musikschaffens?
Michael Hazod: Ich stimme inhaltlich voll zu, Oberösterreich ist ein musikalisches Musterland – nur nicht auf dem Gebiet Neuer Musik, wie ich es als Leiter der IGNM-Oberösterreich/Linz verstehe. Hier liegt noch alles brach.
Sie unterrichten seit mehr als drei Jahrzehnten Gitarre. Gibt es aus Ihrer Beobachtung Veränderungen im Zugang der jungen Menschen zum praktischen Musizieren? Haben Computer, Handy und iPod das Musizieren in den Hintergrund gedrängt oder läuft das getrennt voneinander ab?
Michael Hazod: Neue Medien haben zwar Einfluss auf die große Masse, aber der Zustrom zu unseren Musikschulen zeigt, dass es doch viele Eltern gibt, die der zügellosen Bedienung etwas entgegensetzen wollen und Musik als Ausbildung wichtig nehmen. Die angesprochenen Medien und die Flut an weiteren Freizeitangeboten in einer Stadt bewirken allerdings einen Rückgang beim Konzentrieren, beim Üben etc.
Ständiges Abgleichen, Reflektieren, Neugierig-Sein
Wie würden Sie generell den Stand der zeitgenössischen Musik in Österreich bzw. spezifisch in Oberösterreich sehen? Die Wiener Symphoniker, eines der wichtigsten Orchester der Bundeshauptstadt spielt in Wien seit Jahren so gut wie gar keine neuere Musik. Das Brucknerorchester nimmt da zum Glück doch eine andere Rolle ein?
Michael Hazod: Wie auch schon hinsichtlich der Musikschulen angesprochen: Ich bewerte die Situation in Oberösterreich als gut, aber für ein „Sehr Gut“ gibt es noch viel zu tun!
Wieweit ist das Land Oberösterreich – Stichwort Heimat Anton Bruckners – für Sie als Komponist prägend? Wie sehr sehen Sie sich in OÖ kompositorisch zu Hause? Wie wichtig ist Ihnen Internationalität bzw. internationale Vernetzung?
Michael Hazod: Das habe ich in meinem Lebenslauf formuliert: Durch die Begegnung mit dem Welser Komponisten Ernst Ludwig Leitner wurde mir bewusst, in welchem Umfeld ich lebe, spiele und komponiere. Als Mitglied des Welser Bachchores wurden mir unter anderem Werke Johann Nepomuk Davids, Josef Friedrich Doppelbauers und eben Leitners bekannt und in der Folge viele Werke namhafter oberösterreichischer Komponisten bis hin zu Bruckner.
Durch die Tätigkeit in der IGNM ist mein Horizont weit über Oberösterreich hinausgewachsen. Das ständige Abgleichen, Reflektieren, Hören, Sehen, Neugierig-Sein, ständiges Lernen sind wichtige Elemente, die meine Arbeit über das Bundesland hinausbringen können, insofern ist Internationalität für mich wichtig.
Durch die Qualität Einfluss auf das Umfeld ausüben
Seit nunmehr fünf Jahren leiten Sie die IGNM-Sektion Oberösterreich. Welche zusätzlichen Möglichkeiten kann die Landessektion der neuen Musik verschaffen? Ist die Wirkung der Sektion auf OÖ beschränkt oder können Sie Ihre Anliegen auch national und international weitertragen?
Michael Hazod: Ich mache diese ehrenvolle Aufgabe als Nachfolger von Alfred Peschek, der enorm viel für Neue Musik in Oberösterreich getan hat. Unsere Aktivitäten beschränken sich auf Oberösterreich. Ich lebe in der Einbildung, dass wir durch die Programmierung unserer Konzerte, durch die Einladungen bestimmter Ensembles, Solistinnen und Solisten sowie letztlich durch die Qualität der Aufführungen einen Einfluss auf das Umfeld haben und somit glaube ich, dass wir dadurch eine wichtige Funktion haben.
In wenigen Tagen wird man „alea“ erleben können. Lassen sich darüber hinaus schon Projekte des Komponisten Michael Hazod verraten?
Michael Hazod: Leider nein. Die Arbeit an „alea“ war sehr zeitaufwendig, so dass ich erst wieder Ideen und Kräfte sammeln muss, um wieder etwas musikalisch sagen zu können.
Christian Heindl
http://www.michael-hazod.at