Früh übt sich – Rodney Hunter im Porträt

An Rodney Hunters Lebensgeschichte, kann man gut erkennen, wie multikulti Musikszenen sind. Obwohl man manchen Genres und Bewegungen gerne einen geographischen Stempel aufdrückt und dann ganz stolz auf das vermeintliche Monopol ist, kommen die Einflüsse meist aus aller Welt. Natürlich fungieren Orte als Schmelztiegel, bestimmte Menschen im bestimmten Umfeld als „Leidensgenossen“ und die zeitliche Komponente als Feuer, dass den Topf zum glühen bringt.

Rodney Hunter ist in Deutschland geboren, wuchs aber zu Beginn seines Lebens in Amerika auf. Der Vater war ein bekannter Disc Jockey, der es sich nicht nehmen ließ, den Burschen an den Arbeitsplatz mitzunehmen. Wie Hunter selber beschreibt, war das Erlebnis in der Disco einer der bewegendsten Momente seines Lebens. Die Liebe zur Musik war geweckt und ab jenem Zeitpunkt konnte den jungen Rodney nichts mehr davor zurückhalten selber zu Musizieren.

Und da kommen wir auch schon zur Sache mit dem Schmelztiegel: Nach einigen Jahren zog die Familie nach Wien. Dort lernte Hunter gleich mal eine Handvoll spätere Koryphäen der österreichischen Musikszene kennen. Gleichzeitig spielte er mit 14 E-Bass in der Rockkapelle Mordbuben AG. Die wilde Zeit hielt ein Jahr, nachdem er sich mehr auf HipHop Beats und Sampling konzentrierte. Gemeinsam mit Peter Kruder, DJ DSL und Sugar B. bildeten sie The Moreaus, eine Freestyle-Hip-Hop-Rock-Truppe. Während der gemeinsamen Zeit sampelten sie wahrscheinlich ganz Wien leer, denn die Technik fürs Heimstudio konnte man sich auch als Privatperson leisten.

Der Spaß dauerte bis 1991 und die Karten wurden neu gemischt. Peter Kruder und Richard Dorfmeister taten sich zusammen und wurden zu Kruder & Dorfmeister. Dieser Name ist vielen ein Begriff, denn er steht für den Vienna Sound, also elektronische Musik aus Wien in den 1990ern. Auch DJ DSL und Sugar B. gingen eigene Wege als DJ und MC. Hunter wurde zum Vollblut Produzenten, der sich mit Leib und Seele seinem Projekt Uptight Productions widmet. Gemeinsam mit Mark Murphy bringt ihm diese Arbeit sogar eine Grammy Nominierung ein. In der ganzen Zeit veröffentlicht er jedoch keine eigene Platte.

Irgendwann um 2004 herum steht ein Umzug nach Berlin bevor und „Hunter Files“ ist da. Auf dem Langspieler vereint Hunter all seine Einflüsse, die man wie oben schon beschrieben als multikulti bezeichnen kann. Da gibt es Soul, Disco, exotische Rhythmen und über allem schwebt ein loungiger Beat. Trotz der Verspieltheit, klingt „Hunter Files“ nach Musik für Erwachsene, will heißen, dieser Sound würde nicht einfach so zwischen David Guetta und Pitbull im Club verbraten werden. Auch die folgende Platte „Hunterville“ spielt mit jazzigen Untertönen, so dass man sich über eine Einordnung im Nujazz nicht wundert.

Wenn man so auf Hunters Musikkarriere zurückblickt, kann man fast nicht glauben, dass dies die Geschichte einer Person ist. Und noch ist auch kein Ende zu sehen, denn die dritte Platte „Hunter Express“ ist erst letztes Jahr erschienen. Selbst wenn er sich nun wieder nur auf das Produzieren konzentrieren würde, kann er mit seiner Erfahrung noch immer eine Menge verändern.

Anne-Marie Darok

Rodney Hunter (Facebook)